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Congo

Congo

Titel: Congo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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stehenden Wellen, und in der zunehmenden Dunkelheit schöpften die Insassen mit der gleichen Verbissenheit, mit der sie nach den Moskitos schlugen, das Wasser aus. Und dann plötzlich weitete sich der Fluß, die Strömung des schmutzigen Wassers verlangsamte sich, und die Wände der Schlucht strebten auseinander. Der Fluß war wieder friedlich. Elliot ließ sich ins Boot zurückgleiten, spürte die Strahlen der mit verminderter Kraft scheinenden Sonne in seinem Gesicht und hörte das Wasser am Boot entlangplätschern. »Wir haben es geschafft«, sagte er.
    »Erst einmal«, sagte Kahega. »Wir Kikuyu sagen, daß im Leben keiner mit dem Leben davonkommt. Jetzt nicht nachlassen!«
    »Irgendwie«, sagte Karen Ross matt, »glaube ich ihm.«
    Sie trieben eine weitere Stunde lang sachte flußabwärts, und die Felswände zu beiden Seiten wichen noch weiter zurück, bis sie schließlich wieder im ebenen afrikanischen Regenwald waren.
    Es schien, als hätte es die Ragora-Schlucht nie gegeben. Der Fluß war breit und lag träge im goldenen Schein der untergehenden Sonne. Elliot streifte sein durchnäßtes Hemd ab und zog sich einen Pullover an. Die Abendluft war kühl. Zu seinen Füßen schnarchte Amy; er hatte sie mit einem Handtuch zugedeckt, damit es ihr nicht zu kalt wurde. Karen Ross überprüfte ihre Sendeanlage, und als sie feststellte, daß alles in Ordnung war, hatte die Sonne sich bereits unter den Horizont geschoben.
    Jetzt wurde es rasch dunkel. Kahega holte ein Gewehr und lud es mit großkalibrigen Patronen.
    »Wofür ist das«, fragte Elliot.
    »Kiboko«, sagte Kahega. »Ich kann es nur in unserer Sprache sagen.« Er rief: »Mze! Nini maana kiboko?«
    Munro, im vorderen Boot, sah sich um:
    »Flußpferd«, sagte er.
    »Sie haben es gehört?« sagte Kahega.
    »Sind sie gefährlich?« fragte Elliot.
    »Nachts nicht, hoffen wir«, sagte Kahega. »Ich glaube aber schon.«
    Im 20. Jahrhundert hatten Ergebnisse einer intensiven Erforschung wildlebender Tiere dazu geführt, daß zahlreiche, bis dahin gültige Meinungen revidiert werden mußten. Man wußte jetzt, daß das freundliche, sanftäugige Reh in Wirklichkeit in einer rücksichtslosen, tückischen Gesellschaft lebte, während der angeblich böse Wolf Musterbeispiel eines treusorgenden Familienvaters war. Dem afrikanischen Löwen — dem stolzen König der Tiere — wies man nunmehr den Status eines umherschleichenden Aasfressers zu, während die verachtete Hyäne neue Würde gewonnen hat. Das Mißverständnis hatte darauf beruht, daß jahrzehntelang Beobachter, die im Morgengrauen zu einem gerissenen Tier kamen, feststellten, daß sich Löwen daran gütlich taten, während Hyänen die Szene umschlichen und darauf warteten, ihre Bröckchen abzubekommen. Erst nachdem die Wissenschaftler begonnen hatten, die Tiere auch nachts zu beobachten, kam die Wahrheit heraus:
    Hyänen rissen das Opfer und wurden von faulen Löwen vertrieben, die nur auf eine günstige Gelegenheit gewartet hatten. Daher die so oft beobachtete Szene im Morgengrauen. Dazu paßte auch die Beobachtung, daß Löwen in mancherlei Hinsicht unberechenbar und niedrig waren, während Hyänen eine hochentwickelte Sozialstruktur besaßen — auch hier wieder ein Beispiel für menschliche Vorurteile gegenüber der natürlichen Welt der Tiere.
    Doch das Flußpferd, das Herodot in der Antike als »Hippopotamos« bezeichnete, blieb trotz aller neueren Forschungen ein Tier, von dem man nur wenig wußte; obwohl es der größte afrikanische Landsäuger nach dem Elefanten war. Seine Angewohnheit, sich im Wasser aufzuhalten, so daß lediglich Augen und Nüstern herausschauten, machte es zu einem schwierigen Forschungsobjekt.
    Die Flußpferde gruppierten sich jeweils um ein männliches Tier. Ein geschlechtsreifer Bulle hatte einen Harem von mehreren Kühen und ihrem Nachwuchs — eine Herde von acht bis vierzehn Tieren.
    Trotz ihres tonnenschweren Leibs und ihres leicht erheiternden Erscheinungsbildes waren Flußpferde unvorstellbarer Leistungen fähig. Der Bulle war ein gewaltiger Koloß, gut vier Meter lang und über drei Tonnen schwer. Wenn er angriff, bewegte er sich mit einer für ein so plumpes und schwerleibiges Tier verblüffenden Geschwindigkeit. Seine gewaltigen, stumpf aussehenden unteren Eckzähne waren in Wirklichkeit an den Seiten rasiermesserscharf, so daß ein Flußpferd beim Angriff nicht etwa biß, sondern mit wuchtigen seitlichen Kopfschlägen kämpfte. Im Unterschied zu anderen Tieren führte ein

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