Conte-Krimi - 13 - Hetzjagd am Grünen See
trieb ihn um. Was war passiert? Freiwillig blieb sein Hund niemals fern. Wer war so sadistisch, dass er Steiners Hund dafür benutzte, Steiner zu quälen? Der Gedanke peitschte ihn auf. Erst nach Stunden gelang es ihm, sich im Sessel vor dem Kamin niederzulassen â bei weit geöffnetem Fenster. Für ihn galt jedes Geräusch wahrzunehmen, falls Moritz sich meldete.
Aber nichts dergleichen geschah.
Am frühen Morgen wurde er durch das Eintreten der Haushälterin geweckt. Erschrocken fuhr Steiner hoch. Es war schon sieben Uhr. Er lag immer noch im Wohnzimmer. Der Schlaf hatte ihn wohl doch noch übermannt.
Verärgert über sich selbst eilte er in die Jägerstube, nahm seine Repetierbüchse, prüfte, ob im Lauf eine Patrone steckte, packte zusätzlich Munition ein und machte sich wortlos auf den Weg. Das Einzige, was ihn an diesem Morgen begleitete, war das Schimpfen der Haushälterin über sein unhöfliches Benehmen.
Er schlug den Weg in Richtung Sonnenkupp ein, wo sein Hochsitz stand. Der Nebel begann sich zu lichten, das Tageslicht drang langsam durch. Aber es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren. Er fühlte sich erschöpft, übernächtigt, kraftlos und gleichzeitig nervös und überreizt. Seine Augenlider fühlten sich schwer an; er musste sich zusammenreiÃen, um alles wahrzunehmen. Angst kroch in ihm hoch, er könnte übersehen, wie sein Hund verletzt im Graben lag. Mit dieser inneren Zerrissenheit eilte er über die Waldwege.
Keine Spur von Moritz.
Er erreichte die Lichtung. Der Nebel lichtete sich. Ein grauer, trister Morgen brach herein. Die kahlen Ãste der Bäume beugten sich hinab. Kalter Wind pfiff. Der Hochsitz ragte in die finsteren Wolken. Daneben lag die kleine Wiese â bedrohlich schwarz glänzend.
Spielten seine Sinne verrückt? Seit wann glänzten Wiesen schwarz? Mit Beklemmung näherte er sich.
Plötzlich erhob sich die schwarze Decke wie von Geisterhand. Vor Schreck zuckte er zusammen, wich zurück, entsicherte seine Waffe, bevor er erkannte, dass es eine ganze Schar von Raben war, die in die Luft stoben â begleitet von ihrem beunruhigenden Krähen. Dieser Schreck hatte den letzten Funken Müdigkeit aus seinem Körper vertrieben. Er schaute den schwarzen Vögeln nach, wie sie sich in der Luft in alle Richtungen verteilten.
Zurück blieben Stille, Kälte und die Sorge um seinen Hund.
Kapitel 5
Micky war traurig. Warum schimpfte Papa ihn immer aus? Er wollte den Kopf auf den Friedhof tragen, um ihn zu begraben. Das war doch richtig. Steiner sagte ihm immer, dass er etwas Gutes tat, wenn er die Toten zur letzten Ruhe bettete. Ob das nun Tiere waren oder Menschen. Was machte das für einen Unterschied? Aber Papa war jetzt böse auf ihn. Er verbot ihm sogar, zu Steiner zu gehen. Mit Tränen in den Augen stellte er sich an das kleine Fenster und schaute auf den Hinterhof. Dort stand alles voll mit alten und kaputten Sachen. Das sah hässlich aus. Im Wald war es viel schöner. Er überlegte, einfach aus dem Fenster zu klettern und wegzulaufen. Bei Steiner wollte er bleiben, weil er dort alles machen durfte, was ihm Spaà machte. Steiner war sein Freund, er war gut zu ihm. Papa war immer so streng.
Er wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, öffnete das Fenster und schaute zum Boden hinunter. Er konnte gut klettern. Aber der Boden war aus Beton. Er könnte sich wehtun.
Wieder hörte er die Stimme von Papa. Hastig verschloss er das Fenster, weil Papa nicht sehen durfte, dass er weglaufen wollte. Dann würde er noch lauter schimpfen.
Papas Stimme klang gar nicht böse. Er lachte sogar.
Da waren noch mehr Stimmen zu hören.
Neugierig presste Micky sein Ohr an die Tür. Sie war leider verschlossen. Aber unten redeten alle so laut, dass er jedes Wort auch so verstand. Sein Bruder Olli war dabei und eine helle Stimme, die nicht von seiner Mutter kam. Die musste arbeiten â wie immer â weil Papa zuhause war.
Da hörte er den Namen Moritz fallen. Alle lachten und sprachen davon, dass Steiner selbst zusehen müsste, wie er seinen Hund fände.
Mickys Herz begann wild zu schlagen. Was war mit Moritz passiert?
»Wir haben den Hund an einem Baum festgebunden. Dort findet Steiner den so schnell nicht«, hörte er Olivers Stimme. Er klang so fremdartig. Zu Micky war er immer nett. Aber jetzt hörte er sich richtig gemein an.
»Gell, mein Schatz!
Weitere Kostenlose Bücher