Cook, Robin
Van ab. Dann peilte er ein letztes Mal die Lage und steuerte Louisburg Square Hausnummer eins an.
Mit dem Autoschlüssel in der Hand stieg er die Stufen zur Haustür hinauf. Er tat so, als ob er beim Aufschließen irgendein Problem hätte, und machte sich unauffällig mit seinem Einbruchswerkzeug an dem Schloss zu schaffen. Er brauchte länger als erwartet, doch schließlich sprang die Tür auf. Ohne sich noch einmal umzudrehen, drückte er die Tür auf und trat ein.
Als die Tür hinter ihm zufiel, verstummte das Geschrei der spielenden Kinder. In aller Ruhe steckte Kurt seine Werkzeuge zurück in die Jackentasche und steuerte die Treppe an. Dem Klingelschild hatte er entnommen, dass Deborah Cochrane und Joanna Meissner im dritten Stock wohnten. Vermutlich handelte es sich bei Joanna Meissner um die angebliche Prudence Heatherly, aber in Kürze würde er das genau wissen.
Mit jedem Treppenabsatz stieg sein Adrenalinspiegel. Er liebte Aktionen wie die, die ihm bevorstand. Vor seinem inneren Auge sah er Georgina Marks in ihrem widerwärtigen provokanten Aufzug. Er wollte sie lebend, und er freute sich schon darauf, sie in seinem Haus auf dem Gelände der Wingate Clinic seiner Spezialbehandlung zu unterziehen.
Im dritten Stock angelangt, streifte er sich ein Paar Handschuhe über. Dann fasste er mit der rechten Hand nach hinten und umklammerte seine Glock, ließ sie aber im Halfter stecken. Er hatte gerade die linke Hand gehoben und wollte anklopfen, als er hörte, wie unten die Haustür geöffnet wurde. Ein Anfänger wäre jetzt in Panik geraten, doch Kurt blieb seelenruhig, ging zum Treppengeländer und sah hinunter. Vielleicht waren es ja die beiden Frauen. Doch stattdessen kam ein einzelner Mann die Treppe hinaufgestapft, der offenbar gerade von der Arbeit kam. Das Einzige, was Kurt von ihm sah, war seine Hand, die das Geländer umfasste.
Während der Mann nach oben stieg, überlegte Kurt, wie er die Situation am besten meisterte. Wenn er bis in den dritten Stock hochkam, wollte er ihm entgegengehen und so tun, als ob er auf dem Weg nach draußen war, doch er musste gar nichts tun. Der Mann blieb in der zweiten Etage stehen, schloss seine Wohnungstür auf und verschwand. Im nächsten Moment war es im Treppenhaus wieder mucksmäuschenstill.
Kurt ging zurück zur Wohnungstür und klopfte. Er klopfte laut genug, damit die Bewohnerinnen, falls sie zu Hause waren, es auf jeden Fall hörten, jedoch nicht so laut, dass die anderen Hausbewohner auf ihn aufmerksam wurden. Dann wartete er. Als niemand auf sein Klopfen reagierte, horchte er, ob er drinnen irgendwelche Geräusche hörte, doch es schien definitiv niemand da zu sein. Also holte er erneut sein Einbruchswerkzeug aus der Jackentasche und ging an die Arbeit. Wie fast immer war die Wohnungstür schwieriger zu knacken als die Haustür, was vor allem daran lag, dass sie doppelt gesichert war: mit einem normalen Schloss und einem zusätzlichen Sicherheitsriegel.
Das normale Schloss war ein Kinderspiel, doch der Sicherheitsriegel erforderte einiges an Geduld und Geschicklichkeit. Schließlich sprang er auf, und im nächsten Moment war Kurt in der Wohnung. Er schloss die Tür wieder, und mit einer Geschwindigkeit, die im krassen Gegensatz zu seiner vorherigen Ruhe und seinen durchdachten Bewegungen stand, inspizierte er in Windeseile die Wohnung und vergewisserte sich, dass wirklich niemand da war. Er wollte auf keinen Fall, dass irgendjemand Zeit hatte, die Polizei zu alarmieren. Um auf Nummer sicher zu gehen, inspizierte er jedes einzelne Zimmer und jeden Schrank und sah sogar unter den Betten nach.
Als er absolut sicher war, dass er allein war, checkte er, ob es einen zweiten Ausgang gab. Zum Glück verfügte die Wohnung über eine Feuerleiter, die im Zickzack an der Rückseite des Hauses nach unten führte. Man erreichte sie durch das Fenster des hinteren Schlafzimmers. In dem Zimmer fiel ihm ein Foto von einem jungen Paar ins Auge. Obwohl die Frau auf dem Foto langes Haar hatte, erkannte Kurt sie sofort: Es war die angebliche Prudence Heatherly. Also handelte es sich bei ihr um Joanna Meissner, und wie er bereits vermutet hatte, wohnten die beiden Frauen, hinter denen er her war, tatsächlich zusammen.
Er verließ das Schlafzimmer, trat auf den Flur und nahm sich als Nächstes das Wohnzimmer vor. Auf dem Tisch lagen ein paar Papiere, die er daraufhin checkte, ob sie irgendeinen Hinweis darauf lieferten, mit welcher Absicht die beiden sich in die Wingate
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