Cook, Robin
Clinic eingeschmuggelt hatten, doch er fand nichts. Stattdessen gab es einige Unterlagen bezüglich ihrer falschen Namen, die er sorgfältig zusammensuchte und in seiner Jackentasche verschwinden ließ.
Bei seinem weiteren Durchstöbern der Wohnung fand er auch ein Foto von Georgina. Für sich nannte er sie lieber Georgina als Deborah. Auf dem Foto hatte sie den Arm um eine ältere Dame gelegt, von der Kurt annahm, dass es ihre Mutter sein musste. Er war erstaunt, wie anders Georgina auf dem Foto aussah. Sie hatte dunkles Haar und war seriös und züchtig gekleidet. Ihre Verwandlung in einen verführerischen Vamp konnte nur das Werk des Teufels sein.
Er stellte das Foto zurück und zog die obere Kommodenschublade auf. Er langte hinein und holte einen seidenen Slip mit Spitze heraus. Obwohl er Latexhandschuhe anhatte, durch die er den Schlüpfer kaum fühlte, spürte er, wie ihn die Frauenunterwäsche erregte.
Er legte den Slip zurück in die Schublade, verließ das zweite Schlafzimmer und ging zurück durch das Wohnzimmer und in die Küche. Dort steuerte er gezielt den Kühlschrank an und öffnete ihn, doch er wurde enttäuscht. Er hatte Appetit auf ein schönes kaltes Bier, und dass es keines gab, ärgerte ihn maßlos.
Missmutig ging er zurück ins Wohnzimmer, fasste hinter sich und zog seine Glock aus dem Halfter. Er legte sie auf den Boden und ließ sich auf dem Sofa nieder. Dann sah er auf seine Uhr. Es war schon nach sieben, und er fragte sich, wie lange er wohl auf Georgina und Prudence warten musste.
»Man nennt es Waardenburg-Syndrom«, erklärte Carlton und nickte, als wollte er sich selber zustimmen. Dann lehnte er sich zufrieden zurück. Sein jugendliches Gesicht wirkte stolz. Da sie alle hungrig waren, hatte er Joanna und Deborah in die im Untergeschoss des Massachusetts General Hospitals gelegene Cafeteria geführt. Sie hatten sich an einem der mittleren Tische niedergelassen und aßen zu Abend. Carlton hatte bis zum nächsten Morgen Bereitschaftsdienst und hatte Joanna und Deborah gewarnt, dass er jeden Augenblick zu einem Notfall gerufen werden könne.
»Was, in Gottes Namen, ist denn das Waardenburg-Syndrom?«, fragte Joanna ungeduldig. Carltons Antwort ließ darauf schließen, dass er ihr gar nicht richtig zugehört hatte. Sie hatte ihm gerade beschrieben, wie schockiert Deborah und sie gewesen waren, als sie den beiden geklonten Babys gegenübergestanden hatten.
»Das Waardenburg-Syndrom ist eine Entwicklungsstörung«, erwiderte Carlton. »Sie zeichnet sich durch eine weiße Haarsträhne über der Stirnmitte, eine angeborene Innenohrschwerhörigkeit, Dystopia canthi sowie durch eine Heterochromie der Iris aus.«
Joanna sah Deborah an, die gerade die Augen verdrehte. Offenbar empfand sie genauso wie sie. Carlton schien in vollkommen anderen Sphären zu schweben.
»Bitte, Carlton!«, wies Joanna ihn zurecht. Sie bemühte sich, ganz ruhig zu bleiben. »Wir sind hier nicht auf Visite, wo ihr euch – wie du mir früher erzählt hast – ausschließlich auf Fachchinesisch unterhaltet. Und benoten wollen wir dich auch nicht. Es gibt also keinen Grund, uns mit all diesen medizinischen Details durcheinander zu bringen. Sonst sehen wir ja vor lauter Wald die Bäume nicht.«
»Ich dachte, ihr wollt wissen, worunter dieser Arzt leidet«, verteidigte sich Carlton. »Das Syndrom ist angeboren und bewirkt unter anderem, dass Gehörzellen aus der Neuralleiste abwandern und sich an anderen Stellen lokalisieren. Kein Wunder, dass die Kinder unter dem gleichen Syndrom leiden. Seine leiblichen Kinder würden ebenfalls darunter leiden.«
»Willst du damit andeuten, dass die Babys, die wir dir gerade beschrieben haben, doch keine Klone von Dr. Saunders sind?«, hakte Joanna nach.
»Nein«, erwiderte Carlton. »Sie sind wahrscheinlich wirklich geklont. Bei der durch eine normale Befruchtung einer Eizelle entstehenden genetischen Vermischung gäbe es eine variable Penetranz der Gene, und zwar selbst der dominanten. Die Kinder würden nicht exakt identisch aussehen. Das heißt, die gleichen Merkmale wären sehr unterschiedlich ausgeprägt.«
»Redest du absichtlich so verworren, damit wir nichts verstehen?«, fragte Joanna.
»Nein. Ich will euch doch nur helfen.«
»Du meinst also nach wie vor, dass diese beiden Babys geklont sind?«, schaltete Deborah sich ein.
»Nach eurer Beschreibung auf jeden Fall«, erwiderte Carlton.
»Bist du denn gar nicht geschockt?«, wollte Joanna wissen. »Immerhin reden
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