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Cook, Robin

Titel: Cook, Robin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schock
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weiteren Gang, der wie die Hauptflure in den oberen Etagen der Länge nach durch das Gebäude führte. An der Decke des gewölbten Gangs verlief ein Stromkabel, und alle paar Meter hing eine nackte Glühbirne herab, doch keine von ihnen brannte.
    An der Stelle, wo der Gang vom Lastenaufzug in den zentralen Gang mündete, blieben Joanna und Deborah stehen und leuchteten ihn nach beiden Seiten ab. So weit der spärliche Schein der Taschenlampe reichte, zogen sich die Stützgewölbe scheinbar bis ins Endlose hin und verschwammen dann in der Finsternis. Das Bild, das sich ihnen bot, hätte ein hervorragendes Motiv für einen Zeichenschüler abgegeben, der das Darstellen von Perspektiven übte.
    »Wo gehen wir lang?«, fragte Joanna.
    »Ich plädiere für links«, erwiderte Deborah. »Das ist die Richtung, die zum Turm führt – und damit in die Mitte des Gebäudes.«
    »Aber das Heizkraftwerk liegt eher rechts«, gab Joanna zu bedenken. »Es befindet sich südöstlich des Klinikgebäudes.« Sie zeigte schräg nach rechts, so dass ihr Finger zur Achse des Hauptgangs einen Winkel von etwa fünfundvierzig Grad bildete.
    »Ich bin ratlos«, gab Deborah zu und blickte mehrmals unentschlossen in beide Richtungen. »Wie sollen wir uns bloß entscheiden?«
    »Leuchte mal auf den Boden!«, forderte Joanna sie auf und kniete sich hin. Anders als der sonstige Kellerboden, der aus den gleichen Backsteinen bestand wie die Wände und die Stützgewölbe, waren die beiden Gänge mit Tonfliesen ausgelegt.
    »Der Gang wird eindeutig häufiger in die rechte Richtung genutzt«, stellte Joanna fest. »Die Fliesen sehen in dieser Richtung viel abgetretener aus, also dürfte sich der Verbindungstunnel zum Kraftwerk wohl eher dort befinden. Ich vermute übrigens, dass er nicht nur als Tunnel für die Wärmeleitung dient, sondern auch noch für andere Zwecke genutzt wurde.«
    »Du hast Recht«, stellte Deborah mit einem Blick auf den Boden fest. »Aus dir kann ja noch eine richtige Detektivin werden. Hast du das auch aus den Action-Filmen, die du mit Carlton gesehen hast?«
    »Nein. Dafür reicht der normale Menschenverstand.«
    »Danke für das Kompliment«, entgegnete Deborah sarkastisch.
    Sie gingen entschlossenen Schrittes nach rechts in Richtung Süden. Deborah hielt die Taschenlampe und leuchtete ihnen den Weg. Ihre Schritte hallten von der gewölbten Decke zurück.
    »Hier sieht es aus wie in einer Katakombe«, stellte Joanna fest.
    »Vielleicht sollte ich lieber nicht fragen«, entgegnete Deborah, »aber was meintest du damit, dass der Tunnel auch noch für andere Zwecke genutzt wurde?«
    »Vermutlich haben sie damals auf diesem Weg auch die Leichen aus dem Autopsieraum ins Krematorium geschafft«, erwiderte Joanna.
    »Ist ja nicht gerade die angenehmste Vorstellung«, stellte Deborah fest.
    »Oje«, stöhnte Joanna. »Wie es aussieht, haben wir uns geirrt. Der ausgetretene Weg scheint in einer Sackgasse zu enden.«
    Etwa zehn Meter vor ihnen strahlte der Schein der Taschenlampe eine nackte Ziegelsteinwand an.
    »Wir sind doch richtig«, stellte Deborah erleichtert fest, als sie ein paar Schritte weiter gegangen waren. »Der Gang biegt nur nach links ab.« An der Wand sahen sie, dass der gewölbte Gang nicht nur um eines der Stützgewölbe herumführte und eine scharfe Linksbiegung machte, sondern zudem auch stark abfiel. Neben dem abfallenden Gang verlief ein dickes isoliertes Rohr.
    »Wie es aussieht, hat uns dein Spürsinn den richtigen Weg gewiesen«, stellte Deborah fest. »Das dicke Rohr scheint tatsächlich zum Kraftwerk zu führen. Jetzt können wir nur hoffen, dass die Batterien nicht den Geist aufgeben.«
    »Um Gottes willen!«, rief Joanna entsetzt. »So etwas darfst du nicht einmal denken!«
    Aus Angst, bei einem Batterieausfall in dem finsteren Verlies verloren zu sein, legten sie einen Schritt zu, bis sie nahezu joggten. Nach ein paar hundert Metern steilen Abstiegs ließ das Gefälle spürbar nach und es wurde zusehends feuchter. Hin und wieder mussten sie durch eine Pfütze waten, von der gewölbten Decke hingen stalaktitenähnliche Gebilde herab.
    »Wir marschieren schon eine Ewigkeit«, stellte Deborah nach einer Weile fest. »Als ob wir schon den halben Weg nach Boston zurückgelegt hätten. Müssten wir nicht langsam mal da sein?«
    »Offenbar ist es bis zum Kraftwerk weiter, als es aussah«, erwiderte Joanna.
    Sie wurden zusehends kurzatmiger, als sie schweigend weitereilten, jede für sich in sorgenvolle Gedanken

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