Cook, Robin
und den Fahrstuhlschacht hinabführte.
»Wie es aussieht, hattest du Recht«, stellte Deborah fest. »Aber wie sollen wir zu der Leiter kommen?«
Joanna richtete den Strahl der Taschenlampe auf das seitliche Drahtgeflecht des Fahrstuhlkorbs. An dem Gitter waren einzelne Sprossen angebracht, die zu einer Art Klapptür an der Decke des Korbs hinaufführten.
»Wir müssen nur da hochklettern«, erklärte sie.
»Ach ja?«, entgegnete Deborah sarkastisch. »Mehr nicht? Woher nimmst du plötzlich diese Chuzpe?«
»Ich versuche einfach du zu sein«, erwiderte Joanna. »Also lass es uns anpacken, bevor ich wieder ich selber werde.«
Deborah lachte einmal höhnisch auf.
Sie zwängten sich durch die halb geöffneten Türen, und Deborah hangelte sich an den Sprossen hoch. Joanna leuchtete ihr den Weg. Oben klammerte Deborah sich mit der einen Hand an der letzten Sprosse fest und stemmte mit der anderen die Klapptür auf. Sie ließ sich ohne weiteres öffnen und fiel, als sie senkrecht stand, nach hinten über.
Joanna reichte Deborah die Taschenlampe, die sie entgegennahm und oben auf dem Korb platzierte. Dann zwängte sie sich durch die Öffnung und zog sich hoch. Als sie sich vorsichtig erhob, schaukelte der Korb hin und her und zwang sie, sich an den Tragseilen festzuhalten, die mit dicker schwarzer, erdölähnlicher Schmiere eingefettet waren. Einen Augenblick später zwängte sich auch Joanna durch die Öffnung. Statt aufzustehen, krabbelte sie auf Händen und Knien über den Korb.
Die Leiter befand sich an der Rückwand des Fahrstuhlschachts. Der Abstand zum Korb betrug lediglich dreißig Zentimeter.
»Und?«, fragte Deborah. »Was meinst du?«
»Ich denke, wir sollten es versuchen«, erwiderte Joanna und leuchtete in den Schacht. Das Ende war nicht zu erkennen. Die Leiter verschwand im schwarzen Nichts.
»Du zuerst«, forderte Deborah sie auf. »Und nimm auch die Taschenlampe.«
»Ich kann doch nicht gleichzeitig die Leiter runterklettern und die Taschenlampe halten«, wandte Joanna ein.
»Ich weiß«, entgegnete Deborah. »Aber im Gegensatz zu mir hast du eine Jackentasche.«
»Also gut«, gab Joanna sich geschlagen. Sie war es gewohnt, dass Deborah in Situationen wie dieser das Kommando übernahm. Joanna knipste das Licht aus, woraufhin sie schlagartig von absoluter Finsternis umhüllt wurden. Dann verstaute sie die Taschenlampe in ihrer Jackentasche und tastete nach der Leiter. Als sie eine Sprosse zu fassen bekam, rang sie mit sich, ob sie ihren relativ sicheren Standort auf dem Fahrstuhlkorb wirklich verlassen sollte. Zudem begann der Korb schon wieder leicht zu schaukeln. Schließlich gab sie sich einen Ruck, umklammerte mit beiden Händen die Sprosse und suchte auch mit den Füßen nach Halt. Sie zwang sich, nicht daran zu denken, dass sie senkrecht über einem drei Stockwerke tiefen schwarzen Loch hing.
»Bist du okay?«, flüsterte Deborah ihr zu, als sie keinerlei Bewegung vernahm.
»Es ist die reinste Hölle«, erwiderte Joanna.
»Bist du auf der Leiter?«
»Ja. Aber ich wage nicht, mich zu rühren.«
»Das musst du aber!«, zischte Deborah. »Nun mach schon!«
Vorsichtig setzte Joanna einen Fuß auf die nächste Sprosse und ließ dann auch den anderen folgen. Die Hand loszulassen fiel ihr viel schwerer, doch schließlich schaffte sie auch das. Als sie die nächste Sprosse umfasst hatte, ließ sie die andere Hand folgen und hangelte sich dann ganz langsam zwischen dem Korb und der Wand die Leiter hinab. Der Spalt war äußerst eng, aber je weiter sie hinabstieg, desto sicherer fühlte sie sich.
»Kannst du mir mal kurz leuchten, damit ich sehe, wo die Leiter ist«, bat Deborah von oben.
»Das ist unmöglich«, entgegnete Joanna. »So lange kann ich nicht loslassen.«
Deborah fluchte leise vor sich hin und tastete blind mit einer Hand nach der Leiter. Mit der anderen hielt sie sich an dem schmierigen Tragseil fest. Doch die Leiter war zu weit weg, und sie fasste immer wieder ins Leere. Schließlich ließ sie sich nieder und krabbelte wie Joanna auf allen vieren über den schaukelnden Korb. Als sie endlich eine Sprosse zu fassen bekam, suchte sie vorsichtig mit den Füßen Halt und folgte Joanna die Leiter hinab.
Langsam arbeiteten sich die beiden Frauen nach unten. Vor allem Joanna kam nur sehr schleppend voran. Nachdem sie sich endlich ein wenig sicherer gefühlt hatte, machte ihr eine neue Sorge zu schaffen: Die eisernen Sprossen waren total verrostet, und sie fürchtete bei jedem
Weitere Kostenlose Bücher