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Cook, Robin

Titel: Cook, Robin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schock
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störte sie auch in diesem Raum das unharmonische Zusammenspiel von Architektur und Inneneinrichtung: Die aufwändig verzierte Decke passte in keiner Weise zu den funktionalen Möbeln. Joanna hatte Recht gehabt. In der Wingate Clinic stolperte man an jeder Ecke über beunruhigende Kontraste. Inzwischen wünschte sich auch Deborah nichts sehnlicher, als den Eingriff so schnell wie möglich hinter sich zu bringen und das Klinikgelände zu verlassen.
    In diesem Moment kam Dorothy Stevensy, ihr Kleid unter den Arm geklemmt, aus einer der Umkleidekabinen. Sie lächelte Deborah an, ging zu einem Schließfach und legte sorgfältig ihre Sachen hinein. Deborah beobachtete sie und fragte sich, wie man es wohl ertrug, immer wieder neue Kinderwunschbehandlungen über sich ergehen zu lassen und ständig mit Enttäuschungen fertig werden zu müssen.
    Dorothy verriegelte das Schließfach und steuerte auf die Sitzecke zu. Im Gehen klemmte sie den Schlüssel an ihrem Flügelhemd fest. Dann nahm sie sich eine Zeitschrift, setzte sich hin und begann zu blättern. Doch irgendwie schien sie Deborahs neugierigen Blick zu spüren; jedenfalls sah sie plötzlich auf und musterte sie mit ihren strahlend blauen Augen. Deborah lächelte und stellte sich vor, woraufhin auch Dorothy sich vorstellte. Sie plauderten eine Weile, und nach einer kurzen Pause fragte Deborah Dorothy, ob sie schon lange Patientin der Wingate Clinic sei.
    »Leider ja«, erwiderte Dorothy.
    »Und?«, fragte Deborah. »Haben Sie angenehme Erfahrungen mit der Klinik gemacht?«
    »Als angenehm kann man meine Aufenthalte hier vielleicht nicht gerade bezeichnen«, antwortete Dorothy. »Es ist ganz schön anstrengend, was man alles über sich ergehen lassen muss. Allerdings muss ich den Ärzten hier zugute halten, dass sie mich gewarnt haben. Aber mein Mann und ich sind trotz der Qualen fest entschlossen, noch nicht aufzugeben. Wir machen mindestens noch so lange weiter, bis unser Kreditrahmen ausgeschöpft ist.«
    »Sind Sie heute zum Embryotransfer hier?«, erkundigte sich Deborah. Es war ihr peinlich zuzugeben, dass sie bereits Bescheid wusste.
    »Ja«, erwiderte Dorothy und seufzte, die gedrückten Daumen hochhaltend. »Es ist mein neunter.«
    »Na dann viel Glück«, entgegnete Deborah mitfühlend.
    »Das kann ich gebrauchen.«
    Deborah hob ebenfalls die Hände und drückte die Daumen.
    »Sind Sie heute zum ersten Mal in der Wingate Clinic?«, fragte Dorothy.
    »Ja«, erwiderte Deborah. »Meine Freundin auch.«
    »Sie werden bestimmt mit der Behandlung zufrieden sein«, stellte Dorothy fest. »Lassen Sie eine In-vitro-Fertilisation vornehmen?«
    »Nein«, erwiderte Deborah. »Wir sind Eizellenspenderinnen. Wir haben uns auf eine Anzeige im Harvard Crimson gemeldet.«
    »Das ist ja toll!«, rief Dorothy begeistert. »Vielleicht ist Ihnen das gar nicht so bewusst – aber durch Ihre großmütige Geste geben Sie verzweifelten Paaren jede Menge neue Hoffnung. Ich kann Ihre Großzügigkeit nur bewundern.«
    Deborah fühlte sich plötzlich peinlich berührt; schließlich hatte sie nicht aus hehren Motiven gehandelt, sondern sich von der erklecklichen Entschädigung locken lassen. Sie hoffte, das Thema so schnell wie möglich wechseln zu können, um der Frau nicht preisgeben zu müssen, was sie in Wahrheit zu der Eizellenspende bewogen hatte. Zum Glück kehrte in diesem Augenblick Cynthia zurück. Sie stürmte ohne Vorwarnung durch die Schwingtür.
    »Okay, Dorothy!«, rief sie enthusiastisch. »Sie sind dran! Gehen Sie bitte sofort in den Transferraum. Man erwartet Sie schon!«
    Dorothy erhob sich, holte einmal tief Luft und verschwand durch die Tür.
    »Sie ist wirklich tapfer«, stellte Cynthia fest, als die Tür zufiel. »Hoffentlich hat sie diesmal Glück. Wenn es jemand verdient hat, dann sie.«
    »Was kostet eigentlich so eine Behandlung?«, fragte Deborah. Nachdem sie gerade daran erinnert worden war, dass sie sich nicht aus reiner Barmherzigkeit, sondern nur wegen des Geldes als Eizellenspenderin zur Verfügung stellte, interessierte sie sich auf einmal für den finanziellen Aspekt einer Infertilitätstherapie.
    »Das ist individuell unterschiedlich«, erwiderte Cynthia. »Je nachdem, was für ein Verfahren angewandt wird. Aber im Durchschnitt zahlt ein Paar pro Behandlungszyklus zwischen achttausend und zehntausend Dollar.«
    »Ach du meine Güte!«, staunte Deborah. »Das heißt ja, dass Dorothy und ihr Mann schon fast neunzigtausend Dollar in ihre Behandlung investiert

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