Cook, Robin
könnten wir uns einen Moment zurückziehen.«
Deborah sah Joanna fragend an, die mit den Schultern zuckte und so tat, als ob sie das alles nichts anginge, doch Deborah kannte ihre Freundin gut genug, um zu wissen, dass sie die Situation als vollkommen absurd empfand.
»Okay«, willigte Deborah ein und wandte sich wieder Spencer zu. Sie stellte ihr Glas auf dem Couchtisch ab, erhob sich mit einem leisen Seufzer und ließ sich in das Büro des Klinikgründers führen. Spencer schloss die Tür.
»Ich will mich nicht mit großen Vorreden aufhalten, Miss Marks«, begann Spencer, der es zum ersten Mal vermied, Deborah anzustarren. Stattdessen sah er aus dem großen Panoramafenster. »In unserer Klinik gilt ein unausgesprochenes, von mir selbst unterstütztes Gesetz, nach dem Beziehungen zwischen dem Management und untergebenen Angestellten zu vermeiden sind. Da Sie jedoch erst ab morgen Angestellte der Wingate Clinic sind, möchte ich Sie fragen, ob Sie eventuell Lust haben, heute Abend mit mir essen zu gehen.« Kaum waren seine Worte raus, drehte er sich um und sah Deborah erwartungsvoll an.
Deborah verschlug die überraschende Einladung für einen Augenblick die Sprache. Bisher hatte sie es genossen, die sexy Verführerin zu spielen, allerdings war sie davon ausgegangen, höchstens mit gierigen Blicken bedacht zu werden. Von dem Gründer und Direktor der Klinik zum Dinner gebeten zu werden, der vermutlich verheiratet und mindestens doppelt so alt war wie sie, hatte eine ganz andere Tragweite.
»Etwas außerhalb von Bookford gibt es ein sehr idyllisch gelegenes Restaurant«, fuhr Spencer fort, als er sah, dass Deborah zögerte. »Vielleicht waren Sie schon mal dort. Es heißt The Barn.«
»Bestimmt ist es schön«, stammelte Deborah, als sie ihre Stimme wiederfand. »Und ich finde es auch wahnsinnig nett von Ihnen, mich einzuladen, aber leider gibt es ein paar logistische Probleme. Meine Mitbewohnerin und ich leben nämlich nicht hier, sondern in Boston.«
»Das wusste ich nicht«, entgegnete Spencer. »Aber vielleicht kann ich Sie zu einem frühen Dinner überreden. Ich glaube, das Restaurant öffnet bereits um halb sechs. Das ist schon bald, und Sie könnten problemlos um sieben oder acht auf dem Rückweg nach Boston sein.«
Deborah warf einen Blick auf die Uhr. Es war kurz vor vier.
»Unsere kleine Unterhaltung heute Morgen hat mir wirklich Spaß gemacht«, fuhr Spencer schmeichelnd fort. »Ich würde gern mehr über Sie erfahren, zum Beispiel, welcher Bereich der Molekularbiologie Ihnen am meisten gefällt. Offenbar haben wir ja ähnliche Interessen.«
»Ähnliche Interessen«, parodierte Deborah leise seine Worte, während sie in seine blauen Augen sah. Sie glaubte einen Hauch von Verzweiflung darin zu erkennen, auch wenn der Arzt auf den ersten Blick so erfolgreich wirkte und durchaus nicht unattraktiv war. Sie beschloss, ihm ein bisschen auf den Zahn zu fühlen. »Aber was würde Ihre Frau dazu sagen, wenn wir zusammen essen gingen?«
»Es gibt keine Mrs Wingate«, erwiderte Spencer. »Meine Frau hat sich vor ein paar Jahren von mir scheiden lassen. Ihr Entschluss traf mich damals ziemlich unerwartet. Im Nachhinein nehme ich an, dass ich mich zu viel um meine Arbeit gekümmert und meine Ehe vernachlässigt habe.«
»Das tut mir Leid«, brachte Deborah hervor.
»Ist schon in Ordnung«, entgegnete Spencer und sah auf den Boden. »Es hat eben jeder sein Kreuz zu tragen. Das Gute ist, dass ich mich mit meiner neuen Situation abgefunden habe und bereit bin, auszugehen und neue Menschen kennen zu lernen.«
»Wie nett, dass Sie dabei an mich gedacht haben. Aber ich bin nun mal mit meiner Freundin und Mitbewohnerin hier, und wir sind nur mit einem Auto gekommen.«
»Meinen Sie nicht, Ihre Freundin könnte sich ein paar Stunden allein vergnügen?«
Deborah glaubte ihren Ohren nicht zu trauen. Glaubte dieser Mann allen Ernstes, dass sie ihre beste Freundin bitten würde, zwei Stunden Däumchen zu drehen, damit sie selber bei Kerzenschein mit ihm dinieren konnte? Der Vorschlag war so absurd und egoistisch, dass ihr keine spontane Antwort einfiel.
»Bookford hat durchaus einiges zu bieten«, fuhr Spencer unbeirrt fort. »Wir haben eine kleine Kneipe und eine überraschend gute Pizzeria. Und die Buchhandlung ist ebenfalls ein beliebter Treff, sie verfügt im hinteren Bereich über eine gemütliche Espresso-Bar.«
Deborah wollte dem dreisten Doktor gerade raten, zur Abkühlung in den Mühlteich zu springen,
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