Cook, Robin
ein paar Tage – von mir aus können wir uns auch gerne am Wochenende treffen. Ich würde auch nach Boston kommen, wenn Ihnen das besser passt.«
Zum Glück kam in diesem Moment Mare zurück und bewahrte Deborah vor weiteren, immer verzweifelteren Überredungsversuchen. Sie hatte eine Petrischale in der Hand, ging damit zur Laborbank und justierte sie auf dem Objekttisch des Mikroskops. Dann erst begrüßte sie ehrerbietig Dr. Saunders.
»Und wie macht sich unsere neue Kollegin?«, wandte sich dieser an Mare. Seine eben noch zur Schau gestellte, fast unterwürfige Liebenswürdigkeit war schlagartig seiner gewohnten herablassenden Arroganz gewichen.
»Unglaublich gut«, erwiderte Mare. »Sie ist sozusagen ein absolutes Naturtalent. Wenn es nach mir geht, kann sie sofort eigenständig arbeiten.«
»Das höre ich gerne«, stellte Dr. Saunders fest. Dann bat er Mare zu einem kurzen Gespräch unter vier Augen. Mare hatte nichts dagegen, und sie gingen ein paar Laborbänke weiter, bis sie aus Deborahs Hörweite waren.
Deborah tat so, als widmete sie sich aufmerksam der neuen Petrischale, doch aus dem Augenwinkel beobachtete sie die beiden. Der Einzige, der redete, war Dr. Saunders, und seiner nachdrücklichen Gestikulierung war zu entnehmen, dass er offenbar ziemlich aufgebracht war.
Nach einer Minute war sein Monolog beendet, und sie kamen zurück.
»Ich unterhalte mich dann später mit Ihnen, Miss Marks«, verabschiedete Dr. Saunders sich steif von Deborah. »Bis dahin machen Sie einfach weiter wie bisher.«
»Am Anfang helfe ich dir noch mal bei der neuen Partie«, bot Mare an und setzte sich Deborah gegenüber an das Mikroskop.
Deborah beugte sich über das Okular, und in den nächsten Minuten präparierten die beiden Frauen die Ova so, dass Deborah anschließend nur noch die DNA extrahieren musste. Wie bei der ersten Partie brachten sie dazu erst einmal sämtliche Eizellen auf eine Seite. Deborah hatte bereits gelernt, dass es dabei darauf ankam, kein einziges Ovum zu übersehen. Als sie mit diesem ersten Arbeitsschritt fertig waren, lehnte Mare sich zurück.
»So, jetzt kannst du allein weitermachen«, sagte sie kurz angebunden. Es waren ihre ersten Worte, seitdem Dr. Saunders gegangen war. »Gutes Gelingen! Wenn du irgendwelche Fragen hast – ich bin an der Laborbank nebenan und kümmere mich um eine weitere Partie.«
Deborah registrierte, dass Mare sie deutlich reservierter behandelte als vor ihrem kurzen Intermezzo mit Dr. Saunders. Als sie aufstand und weggehen wollte, räusperte sich Deborah und sagte: »Ich weiß nicht, wie ich am besten anfangen soll…«
»Dann solltest du es vielleicht lieber lassen«, schnitt Mare ihr das Wort ab. »Ich habe ohnehin zu tun.« Mit diesen Worten drehte sie sich um und ging zur benachbarten Laborbank.
»Habe ich dich irgendwie in die Bredouille gebracht?«, rief Deborah ihr hinterher. »Wenn ja, tut es mir wirklich Leid.«
Mare drehte sich zu ihr um. Ihre Gesichtszüge entspannten sich etwas. »Es ist nicht deine Schuld. Ich habe mich nur geirrt.«
»Wobei?«
»Was die Eizellen angeht«, erwiderte Mare. »Es sind doch keine menschlichen. Es sind Ova von Schweinen.«
»Ach so, ja«, entgegnete Deborah. »Das hat Dr. Saunders mir bereits gesagt.«
»Dann ist ja alles klar«, stellte Mare fest. »Jetzt muss ich aber wirklich an die Arbeit.« Bei diesen Worten zeigte sie auf das Mikroskop, das sie zuvor bereits eingerichtet hatte. Sie rang sich ein Lächeln ab und ging ans Werk.
Deborah traf die entsprechenden Vorbereitungen, um ebenfalls an die Arbeit zu gehen; dabei beobachtete sie Mare eine Weile. Schließlich beugte sie sich ebenfalls über das Okular ihres Mikroskops und starrte angestrengt hindurch. Vor sich sah sie auf der linken Seite jede Menge winzige, leicht körnige Ringe, von denen jeder einen Strang fluoreszierender DNA enthielt. Im ersten Moment war sie unfähig, sich auf ihre Aufgabe zu konzentrieren. Stattdessen musste sie immer wieder über die Herkunft der Eizellen nachdenken. Auch wenn Dr. Saunders und Mare ihr weismachen wollten, dass sie von Schweinen stammten, war sie überzeugt, eine Riesenansammlung menschlicher Eizellen vor sich zu haben.
Eine halbe Stunde später hatte sie bereits mehr als die Hälfte der unter ihrem Objektiv befindlichen Eizellen ausgeschält. Da die filigrane Arbeit äußerste Konzentration erforderte, brauchte sie eine Pause. Sie lehnte sich zurück und rieb sich kräftig die Augen. Als sie sie wieder öffnete,
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