Cook, Robin
zugestimmt, dass die überschüssigen Eizellen zu Forschungszwecken verwendet werden dürfen. Natürlich ist es verboten, dass die verschmolzenen Zellen sich zu Embryonen weiterentwickeln. Wir gewinnen die Stammzellen im Blastozystenstadium – also bevor die embryonale Differenzierung der Zellen einsetzt.«
»Ich verstehe«, sagte Deborah und nickte, doch in Wahrheit wusste sie nicht, ob sie tatsächlich irgendetwas verstand. Auf so etwas war sie absolut nicht vorbereitet, und sie war völlig durcheinander.
»He Georgina, nun beruhige dich doch!«, redete Mare auf sie ein. »Das ist wirklich keine große Sache. Wir machen das schon seit Jahren. Es ist in Ordnung! Wirklich – du kannst mir glauben.«
Deborah nickte erneut, doch sie hatte keine Ahnung, was sie von all dem halten sollte.
»Du bist doch nicht etwa eine von diesen religiösen Spinnerinnen, oder?«, fragte Mare. Sie beugte sich ein wenig vor und sah Deborah direkt in die Augen.
Deborah schüttelte den Kopf. Natürlich war sie keine religiöse Spinnerin – das wenigstens wusste sie.
»Gott sei Dank«, stellte Mare fest. »Die Stammzellenforschung ist schließlich die Zukunft der Medizin. Aber das muss ich dir sicher nicht erzählen.« Sie rutschte von ihrem Laborhocker und fuhr fort: »Ich hole uns mal gerade eine neue Partie Eizellen. Wenn du willst, können wir uns gerne später weiter über das Thema unterhalten.«
»Okay«, entgegnete Deborah. Sie war froh, für einen Moment allein zu sein und in Ruhe nachdenken zu können. Ihr Haupt auf die Ellbogen gestützt, schloss sie die Augen und wiegte den Kopf hin und her. Wie, zum Teufel, konnte die Wingate Clinic bloß so viele überschüssige Eizellen produzieren? Sie schätzte, dass sie und Mare bestimmt sechzig oder siebzig Eizellen bearbeitet hatten, und der Arbeitstag hatte gerade erst begonnen. Nach allem, was sie über die Hyperstimulation der weiblichen Eierstöcke wusste, war es völlig ausgeschlossen, einen derartigen Überschuss an Eizellen für die Forschung zu gewinnen. Normalerweise reiften während eines stimulierten Zyklus um die zehn Eizellen, und von denen wurden die meisten für eine In-vitro-Fertilisation verwendet.
»Hallo, Miss Marks«, wurde sie plötzlich von einer Männerstimme aus ihren Gedanken gerissen. Im gleichen Moment tippte ihr jemand auf die Schulter. Sie sah auf, und obwohl sie auf dem Laborhocker saß, sah sie direkt in die Augen von Dr. Saunders. »Wie schön, Sie zu sehen. Sie sehen ja genau so bezaubernd aus wie gestern.«
Deborah rang sich ein Lächeln ab.
»Wie gefällt Ihnen die Arbeit im Labor?«
»Gut«, erwiderte Deborah.
»Wie ich gehört habe, hat Miss Jefferson Sie in unsere Arbeit eingewiesen«, fuhr Dr. Saunders fort. »Da haben Sie es gut getroffen, denn Miss Jefferson ist eine unserer besten technischen Assistentinnen. Bei ihr sind Sie mindestens in so guten Händen, wie Sie es bei mir gewesen wären, wenn ich es geschafft hätte, gleich heute früh ins Labor rüberzukommen, wie ich es eigentlich vorgehabt hatte.«
Deborah nickte.
Diese anmaßende Selbsteinschätzung erinnerte sie stark an Spencer, und sie fragte sich, ob sich wohl alle Spezialisten auf dem Gebiet der Unfruchtbarkeit durch diesen unangenehmen Charakterzug auszeichneten.
»Ich nehme an«, fuhr Dr. Saunders unbeirrt fort, »dass ich Ihnen nicht groß erklären muss, wie wichtig diese Arbeit für unsere Patientinnen und für die Zukunft der gesamten Medizin ist.«
»Miss Jefferson hat mir erzählt, dass die Eizellen, an denen wir den Kerntransfer vorgenommen haben, von Menschen stammen«, erwiderte Deborah. »Sie können sich vielleicht vorstellen, dass ich ziemlich geschockt war – schließlich weiß ich, wie schwer es ist, an menschliche Eizellen heranzukommen.«
»Das hat sie gesagt?«, fragte Dr. Saunders entsetzt. Ihm schoss das Blut in sein blasses Gesicht. »Und war sie sich da ganz sicher?«
»Ich glaube, ihre Worte waren, ›ziemlich sicher‹«, erwiderte Deborah.
»Es waren Eizellen von Schweinen!«, erklärte Paul entschieden. Dabei fuhr er sich geistesabwesend mit den Fingern durchs Haar. »Wir arbeiten in letzter Zeit viel mit Schweinen. Wissen Sie, was zurzeit die Hauptstoßrichtung unserer Forschung ist?«
»Miss Jefferson sagte etwas von Stammzellen«, erwiderte Deborah.
»Das gehört auch dazu«, erklärte Dr. Saunders. »Die Arbeit mit Stammzellen ist sogar ein sehr wichtiger Teil unserer Forschung, aber nicht unbedingt der wichtigste. Im Moment
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