Cook, Robin
ins Gesicht schoss. Sie hatte sich zum ersten Mal mit dem Namen verplappert, und das ausgerechnet vor dem Gründer der Klinik.
»Dann vielleicht am Wochenende«, versuchte Spencer es hartnäckig weiter. Offenbar hatte er ihren Versprecher überhört.
»Was halten Sie davon?«
»Das könnte ich mir durchaus vorstellen«, erwiderte Deborah schnell. Er sollte sich ruhig Hoffnung machen. »Für uns ist es viel besser zu feiern, wenn wir am nächsten Morgen nicht so früh aus den Federn müssen.«
»Ganz meine Meinung«, stellte Spencer klar. »Dann können wir alle in Ruhe ausschlafen.«
»Lange schlafen – das ist Musik in meinen Ohren«, verkündete Deborah.
»Meine Durchwahlnummer ist dreimal die Acht«, sagte Spencer und zwinkerte ihr ein weiteres Mal vielsagend zu. »Ich warte auf Ihren Anruf.«
»Ich melde mich«, versprach Deborah, obwohl sie nicht im Geringsten die Absicht hatte, ihn tatsächlich anzurufen.
Nach dieser Zusage verließ Spencer endlich das Labor. Deborah sah ihm nach, bis er weg war, und blickte dann in Mares Richtung, die sie immer noch neugierig beobachtete. Deborah zuckte mit den Schultern, als wollte sie sagen, dass sie auch keine Erklärung für das merkwürdige Benehmen des Klinikgründers habe. Dann ging sie zurück zu ihrem Mikroskop, setzte sich auf den Hocker und warf einen Blick auf ihre Uhr. Zum Glück war es nicht mehr lange bis zu ihrem vereinbarten Treffen mit Joanna, und sie konnten sich endlich ihrem eigentlichen Vorhaben widmen.
K APITEL 12
10. Mai 2001, 10.55 Uhr
Allmählich ging es auf elf Uhr zu, und in den paar Stunden hatte Joanna ihr Bild von Büroangestellten bereits gründlich revidiert. Auch wenn sie sich zugegebenermaßen besonders ins Zeug gelegt hatte, um möglichst schnell möglichst viel abzuarbeiten, war das Eingeben von Daten doch ermüdender, als sie gedacht hatte. Keinen Fehler zu machen, erforderte äußerste Konzentration, und sie konnte sich kaum vorstellen, wie man eine solche Arbeit dreihundertundfünfundsechzig Tage im Jahr durchhalten konnte. Ihr Respekt für Büroangestellte war an diesem Morgen jedenfalls deutlich gestiegen.
Um genau fünf vor elf stand sie auf und streckte sich. Sie lächelte ihrer benachbarten Kollegin zu, die in der Nische direkt neben ihr arbeitete und ebenfalls aufgestanden war, als sie das Zurückrücken von Joannas Stuhl gehört hatte. Die Frau hatte sich als ziemlich neugierig erwiesen und während des ganzen Morgens in regelmäßigen Abständen aus ihrer Nische zu Joanna herübergeschaut. Sie hieß Gale Overlook und schien ihrem Namen alle Ehre zu machen.
Joanna hatte gründlich über ihren Plan nachgedacht, und sie wusste genau, was sie als Erstes zu tun hatte. Wenn sie rechtzeitig zu ihrem vereinbarten Treffpunkt kommen wollte, war es höchste Zeit aufzubrechen. Sie nahm ihre Handtasche, die unter anderem Davids Diskette mit der speziellen Hacker-Software sowie ihr Handy und die blaue Karte von Spencer Wingate enthielt, verließ ihre Nische und steuerte den Arbeitsplatz des Netzwerk-Administrators an. Sie hoffte ihn dort anzutreffen, und zwar aus einem einzigen Grund: Wenn er in seiner Nische hockte, wusste sie, dass die Luft im Server-Raum rein war.
Irgendwann im Laufe des Morgens war sie von einer kleinen Panikattacke heimgesucht worden. Sie hatte sich vorgestellt, im Server-Raum auf frischer Tat ertappt zu werden, doch dann hatte sie sich damit beruhigt, dass außer Randy Porter wahrscheinlich niemand jemals den Server-Raum betrat. Also hatte sie nichts zu befürchten, solange er in seiner Nische hockte.
Mit großer Erleichterung nahm sie zur Kenntnis, dass er tatsächlich an seinem Platz saß und wie immer auf seiner Tastatur herumhackte. Beruhigt bog sie nach links ab und ging in Richtung Hauptflur. Deborah erwartete sie bereits am vereinbarten Treffpunkt. Bis zur Tür mit der Aufschrift ZUTRITT VERBOTEN, hinter der sich der Flur zum Server-Raum befand, waren es keine sieben Meter.
»Ich hoffe, dein Morgen war so interessant wie meiner«, begrüßte Deborah sie und bediente sich am Wasserspender.
»Mein Morgen war in etwa so interessant, wie einer frisch gestrichenen Wand beim Trocknen zuzusehen«, erwiderte Joanna. Sie inspizierte den Flur in beide Richtungen und vergewisserte sich, dass ihnen niemand Beachtung schenkte. »Es ist nicht das Geringste passiert. Na gut, andererseits wollte ich ja auch gar nicht, dass irgendetwas passiert.«
»Wir haben zwei weitere Essenseinladungen ins Barn
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