Cool
einen Schluck aus der Mineralwasserflasche. Er errechnet den Gesamtwert der Beute, als er geht. »500 000 Francs plus 50 000 = 550 000 plus 80 000…«, murmelt er vor sich her. Es sind gut und gern zehn Millionen, die er mit sich nimmt.
Die Männer entdecken einen schnelleren Weg, wie sie an die Schließfächer kommen. Einige der Panzerschränke haben auf beiden Seiten Schließfächer. Eine Tür ist vorn und eine hinten. Sie brauchen nur die dünne Trennwand der vorderen Box zu durchstoßen, um an die hintere heranzukommen. Das erspart ihnen die schwere Arbeit, die andere Safetür und jedes Schließfach extra zu knacken. Spaggiari bestimmt vier Männer, die ganze Beute einzusammeln: Den Poeten, Capitaine V., Roger, den Knastbruder und den Boxer. Sie wickeln die Goldbarren in das Papier, in das die Werkzeuge verpackt waren. Bargeld und Juwelen werden in den Plastiksäcken verstaut, die Spaggiari mitgebracht hat.
Roger fragt: »Sollen wir das ganze schöne Werkzeug hierlassen?«
»Was meinst du, was wir damit tun sollen?« flachst der Chinese. »Auf dem Flohmarkt verkaufen?«
Montag, 5 Uhr
»Das war’s«, ruft Spaggiari. »Es ist Zeit, wir müssen verschwinden!«
Der >Maurer< dreht das Gas ab. Henri der Schweißer schiebt seine Brille rauf. Sein Gesicht ist mit Ruß, Schweiß und Staub bedeckt. Seine Augen sind rot umrändert. »Ist es schon soweit?« fragt Henri. Er schaut auf seine Uhr.
»Mein Gott, es ist ja schon Morgen.« Sie haben vierhundert von den viertausend Schließfächern geknackt. Es ist natürlich frustrierend, soviel Reichtum hinter sich lassen zu müssen. Aber, wenn sie zusammenrechnen, was sie an Beute gemacht haben, spielt das keine Rolle mehr.
Spaggiari organisiert den Aufbruch. Die Männer tragen ihre Schätze durch den Tunnel und beladen die Schlauchboote. Der Poet schlägt vor, den Stützbalken fortzuziehen, der den Panzerschrank in der Schräglage gehalten hat. »Dann brauchen sie noch länger, um festzustellen, wie wir reingekommen sind.« Spaggiari ist das egal. Er will raus hier - so schnell wie möglich.
Der >Maurer< verläßt als letzter den Tresorraum und schaltet das Licht aus.
Die Schlauchboote, Luftmatratzen und Autoschläuche sind voll beladen. Noch nie ist soviel Gold, Bargeld, Schmuck von Kloakenwasser getauft worden. Die Beute wird in den Landrover gehievt. Unterwegs entledigen sich die Männer ihrer Handschuhe, Brillen und der verschiedenen Werkzeuge.
Sie ziehen ihre wasserdichten Overalls aus und verschwinden einzeln oder zu zweit durch die Tiefgarage. Henri der Schweißer, der Korse und Spaggiari steigen in den Landrover. Der Chinese startet den Motor und dreht sich um. Der >Maurer<, der mit seinem bandagierten Daumen Schwierigkeiten beim Umziehen hat, gibt das Signal. Der Wagen fährt los.
Der Chinese schaltet die Scheinwerfer aus, als ihnen das Tageslicht am Ende der unterirdischen Straße entgegenflutet. Der Motorradfahrer, der noch immer seine Stellung hält, gibt das Zeichen, daß alles O.K. ist. Henri und der Korse steigen aus dem Wagen und entfernen die Barriere.
Der Chinese fährt in den neuen Tag hinein. Der Motorradfahrer schwingt sich auf seine Maschine und braust davon. Henri und der Korse stellen die Barriere wieder auf ihren Platz und klettern in den Landrover zurück. Der Chinese fährt durch das sandige Flußbett, über einen Erdwall auf die Straße zurück. Sie passieren die Messehalle von Nizza und verschwinden in Richtung Laudimères. Die Stadt erwacht gerade. Draußen vor der Bank reinigt ein Straßenkehrer den Bürgersteig der Rue Gustave-Deloye. In den Cafés werden die Jalousien hochgezogen. Über der Baie des Anges schiebt sich die Sonne höher in den Himmel. Es verspricht, wieder einmal ein sehr heißer Tag zu werden.
VI.
DER FALL WIRD AUFGEROLLT
Fahren Sie ohne Sorgen in den Urlaub: Mieten Sie sich ein Schließfach bei der Société Générale!
Werbespruch der Bank im Sommer 1976
Das ist der Alptraum eines jeden Bankiers: Er steht allein in seiner verlassenen Bank, hinter verschlossenen und vergitterten Türen. Währenddessen bildet sich draußen, vor dem Eingang, eine immer größer werdende Menge von Kunden, die immer lauter und wütender werden und ihr Geld zurückverlangen.
Die Story des Superdings sickert durch, als an diesem frühen Nachmittag einer der Kriminalbeamten den Reportern von >Nice Matin< einen entsprechenden Tip gibt. Um 17.30 Uhr bringt Guy Salignon, der Nachrichtensprecher von >Europe I<,
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