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Cool

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Titel: Cool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Begeistert machen sie sich an die Arbeit. Der Boxer nimmt eine Stahlsäge und entfernt das Eisengitter, das den Raum mit den Schließfächern von der Stahlkammer mit den Bankreserven trennt. Anschließend knackt er das Gitter vor dem Nachtsafe.
    Der Chinese und der Korse kümmern sich um die Panzerschränke. Sie zerschmelzen die Angeln und schweißen ein fünfzehn Zentimeter großes Loch in die Tür. Dann setzen sie einen Hebel an und reißen sie mit Pickel und mit Stemmeisen heraus. Nun ist es leicht, jedes einzelne Schließfach zu öffnen. Die Fächer sind aus dünnem Metall, das sie mit dem Schneidbrenner weich machen. Dann schlagen sie die Fächer mit dem Hammer auf und reißen sie mit dem Brecheisen aus der Verankerung.
    Hysterie und Nevenzusammenbrüche liegen in der Luft. Einen Moment noch arbeiten die >Kanalratten< hart, ruhig und professionell, sind sich der ständigen Gefahr bewußt, geschnappt zu werden und konzentrieren sich darauf, innerhalb von vierundzwanzig Stunden soviel Beute zu machen, wie möglich. Im nächsten Augenblick lachen sie vor unsäglicher Freude los.
    Alle haben sie auf diesen Moment gewartet. Wochen-, monatelang. Durch die Anstrengungen, mehr als einen ganzen Tag hier unten in der Kanalisation mit dem Versuch verbracht zu haben, durch die Wand in den Tresor zu gelangen, waren ihre Nerven bis zum Zerreißen gespannt. Sie können es immer noch nicht fassen: Sie sind in Ali Babas Keller, abgeschirmt von der Außenwelt, durch eine zugeschweißte Stahltür, allein mit allen Träumen von Reichtum: Stapel von Goldbarren, Säcke voll Bargeld, Berge von unschätzbaren Juwelen. Sie drehen durch.
    Irres Gelächter erfüllt den Tresorraum. Der Poet wird von einem Schüttelkrampf erfaßt. Der Chinese grabscht sich ein Bündel Staatspapiere und wirft sie in die Luft: »Laßt uns daraus Konfetti machen!«
    Die anderen folgen seinem Beispiel. Obligationen, Schuldscheine, Verträge, Testamente, Banknoten und Wechsel fliegen durch den Raum. Es ist wie in einer klassischen Stummfilm-Komödie.
    Nur Spaggiari und der >Maurer< stehen abseits von all dem. Der >Maurer<, der noch immer unter den Schmerzen seines zerfetzten Daumens leidet, meint: »Diese Papiere sind Geld wert. Da sind Inhaberschecks dabei, die jeder einlösen kann. Da gehen wir kein Risiko ein.«
    »Die wirst du schön vergessen, Freundchen!« sagt Spaggiari. »Wir werden mehr Bargeld, Gold und Schmuck finden, als wir tragen können.«
    »Ich verstehe nicht, warum wir das Geld zum Fenster rauswerfen sollen?«
    Spaggiari versteift sich: »Wir haben das alles vorher abgesprochen. Wir nehmen nur das Geld, Bargeld, wertvolle Steine und Schmuck - alles andere vergiß.« Er entscheidet, daß die Hysterie jetzt lange genug gedauert hat. Er beruhigt jeden einzelnen seiner Leute. Als wieder Stille eingekehrt ist, kündigt er an: »Wunderbar, Männer. Dann laßt uns eine Pause einlegen und anständig essen.«
     
    Der Vorschlag wird mit großem Hallo aufgenommen. Seit sechsunddreißig Stunden haben sie nichts weiter als ein paar Häppchen Schokolade und Mineralwasser gekriegt. Nun zaubert Spaggiari wie ein Magier, der Kaninchen aus dem Hut holt, leckere Sachen herbei: Schmackhafte Leberpasteten, Salami, Knoblauchwürste, Fertiggerichte, Tütensuppen, frische Datteln, Trauben und Orangen. Der >Maurer< setzt einen Topf mit Mineralwasser auf den tragbaren Kocher und fragt: »Wer will eine deftige Erbsensuppe mit Speck haben?«
    Einer der Männer scherzt: »Nächstes Mal mußt du einen größeren Herd mitbringen und uns einen Kuchen backen.« Der Chinese findet eine Fertigpizza in Cellophan. »Plastikfraß«, schimpft er. Dann entdeckt er frische Gänseleber-Pate und stürzt sich begeistert darauf.
     
    Henri der Schweißer baut auf dem Stahltisch ein appetitliches Büffet auf. Die Wertpapiere aus den Schließfächern dienen als Tischdecke. Das Menü: Fisch, rohe Zwiebeln, Pasteten, Joghurt und Zwieback. Spaggiari greift nach einem goldenen, tiefen Teller, der das Wappen einer adligen Familie trägt und hält ihn dem >Maurer< hin. »Ich hätte gern etwas Suppe.«
    Der Poet öffnet eine Flasche Margnat-Village und gießt Henri dem Schweißer einen silbernen Pokal voll. »Wir hätten uns besseren Wein leisten können«, sagt Henri.
    »Vielleicht hätte Monsieur lieber einen Château Lafitte-Rothschild 61 gehabt oder einen Gevrey-Chambertin 59?« scherzt der Poet.
    »Glaubt Monsieur nicht daß wir schon genug Zeug durch den verdammten Kanal schleppen

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