Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cool

Cool

Titel: Cool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
Vom Netzwerk:
eine Sondermeldung. Um 17.45 Uhr läuft die Meldung auch über >Radio Monte Carlo<. Und zehn Minuten später wissen es alle Agenturen der Welt. Das Telefonsystem in Nizza läuft heiß.
    Die ganze Nacht hindurch wartet eine Gruppe von aufgeregten Kunden vor der Bank. Um halb neun Uhr am nächsten Morgen sind einige von ihnen kurz vor dem Randalieren.
    Eine Frau fällt in Ohnmacht. Eine andere sitzt auf dem Bordstein und weint still vor sich hin. Einige reden davon, daß sie Direktor Guenet lynchen wollen. Ein gut gekleideter, junger Mann rüttelt an dem Eisengitter des Portals wie ein Wahnsinniger und schreit: »Aufmachen, sofort aufmachen. Es geht um Leben und Tod!«
    Den Reportern erklärt er dann etwas ruhiger: »Mein Vater hat hier ein Schließfach, in dem die Ersparnisse seines ganzen Lebens liegen. Er ist achtzig Jahre alt. Wenn ich ihm nicht versichern kann, daß das Geld gerettet ist, stirbt er vor Schreck.«
    Ein hysterischer Kunde schreit die Polizei an: »Ihr behandelt uns, als ob wir die Gangster wären!«
    Die Bankangestellten werden von der wütenden Menge bespuckt. Als die Polizei versucht, die Leute auseinanderzutreiben, erreicht sie nur einen Sitzstreik auf dem Bürgersteig. Der gutgekleidete junge Mann stellt sein Auto ins Halteverbot und weigert sich, auch nur einen Millimeter von der Stelle zu weichen.
    Einer der Kunden bringt einen Gerichtsvollzieher mit und verlangt, sein Schließfach zu sehen. Er wird beinahe tätlich, als ihn ein Bankangestellter beruhigen will. Schließlich wendet er sich an den mitgebrachten Beamten: »Bitte, bezeugen Sie, daß man mich nicht an mein Schließfach gelassen und mir jegliche Unterstützung verweigert hat.«
    Vergeblich erklärt die Direktion der >Societé Generale<, daß der Tresorraum erst gereinigt werden müsse und die Polizei strikte Anweisungen gegeben habe, niemanden einzulassen. »Das können Sie Ihrer Putzfrau erzählen«, höhnt jemand.
    Endlich gibt Guenet ein Kommunique heraus. Nur ein kleiner Teil der Schließfächer sei aufgebrochen worden, sagt er. Aber er weigert sich, eine Liste der Safenummern herauszugeben. Statt dessen nennt er die ungefähren Zahlenbereiche, in denen die >Kanalratten< gearbeitet haben. Er bittet die Kunden mit Schließfächern in diesen Bereichen, eine Aufstellung über den Inhalt zu geben, und sichert volle Entschädigung zu.
    Die Polizei wird sich mit diesen Inhaltsangaben beschäftigen. Dieser Plan macht die Kunden noch wütender, aber vom Standpunkt der Bank aus ist es der einzig mögliche Weg. Denn auf diese Weise kann niemand sicher sein, daß sein Fach zu den ausgeraubten gehörte, und deshalb wird niemand versucht sein, eine falsche Bestandsliste einzureichen und größere Schadensersatzforderungen zu stellen, als ihm zukommen. Die Kunden sind empört und behaupten, die Bank behandle sie wie Diebe.
    Viele halten die Aufstellung einer solchen Liste für eine Zumutung. »Ich miete ein Schließfach aus Gründen der Sicherheit und der Geheimhaltung«, sagt jemand. »Das wurde mir versprochen, als ich das Fach mietete. Sie haben nicht nur im Hinblick auf die Sicherheit versagt, jetzt verlangen Sie auch noch, meine persönlichen Angelegenheiten jedem neugierigen Polizisten in Nizza zugänglich zu machen.«
    Wenigstens ein Teil der Kunden ist zufrieden. »Ich weiß, was in meinem Schließfach war, und ich kann es beweisen. Ich habe nichts zu verbergen. Die Bank ist versichert, und mein Schaden wird mir ersetzt werden. Jetzt brauche ich mir keine Sorgen mehr zu machen.«
    Ein anderer meint: »Der Tresor ist wie die Maginot-Linie: Die Invasion kam von der anderen Seite. Ich ziehe meinen Hut vor den Räubern. - Wenn doch einmal die Straßenarbeiten genauso sorgfältig ausgeführt würden.«
    Einem Kunden gelingt es, bis zu Guenet durchzudringen. Der sagt zu ihm: »Ich werde Ihnen gegenüber keine Erklärungen abgeben. Ich habe meine Pflicht getan.« Der Kunde wiederholt diese dreiste Bemerkung vor Reportern.
    Dem guten Ruf der Bank kann dieses ungeschickte Verhalten gegenüber der Öffentlichkeit nur schaden. Genausowenig nützen die fünftausend Werbebroschüren, die kurz vor dem Superding verteilt wurden. Unter dem Foto eines ausgeplünderten Appartements steht in großen Lettern: »Fahren Sie ohne Sorge in den Urlaub: Mieten Sie sich ein Schließfach bei der >Societé Generale<«!
    Und die Untersuchung verzögert sich mehr und mehr. Die Polizei erklärt, daß sie alle Schadensersatzforderungen nach dem 28. Juli in der Avenue

Weitere Kostenlose Bücher