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Coole Geschichten für clevere Leser

Coole Geschichten für clevere Leser

Titel: Coole Geschichten für clevere Leser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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wüßte gar nicht, wie ich das anstellen soll!«
    »Wissen Sie, wie viele Paare fehlen?«
    »Nun, ich würde schätzen, sechs oder sieben.«
    »Ja, und vielleicht sogar ein Dutzend. Oder zwei Dutzend! Wer weiß, was der Bursche noch geklaut hat! Briefpapier? Büroklammern? Meine Zigarren!« Er ließ den Deckel des Zigarrenbehälters aufschnellen. »Jeder kann hier rein und meine Zigarren klauen!«
    »Natürlich könnte ich eine Aktennotiz verfassen …«
    Stackpole schnaubte angewidert. »Raus mit Ihnen!« sagte er. »Keine Aktennotizen. Ich kümmere mich selbst um die Sache.«
    Stackpole wählte eine ausgesprochen direkte Methode. Er zog einen Privatdetektiv namens Semple zu Rate und überließ ihm das Problem. Semple, ein untersetzter kleiner Mann, der an die Probleme stressgeplagter Manager gewöhnt war, hörte aufmerksam zu und fragte schließlich:
    »Wie ernst ist die Lage denn wirklich, Mr. Stackpole? Soweit ich mitbekommen habe, geht es um einen Warenwert von nicht mehr als fünfzehn Dollar. Kommt das etwa hin?«
    »Es geht ums Prinzip«, sagte Stackpole gemessen. »Mir nimmt niemand etwas, Semple! Und schon gar kein Angestellter!«
    »Haben Sie eine Vorstellung, wer der Schuldige sein könnte?«
    »Jeder kommt in Frage!« knurrte Stackpole. »Die Leute haben alle etwas Verschlagenes. Vielleicht meine eigene Sekretärin. Oder eine Mitarbeiterin im Postausgang. Oder vielleicht dieser Nichtsnutz Fred Cotter.«
    »Wer?«
    »Cotter? Mein Designer. Junger Mann. Junggeselle mit vielen Freundinnen. Vielleicht tragen die jetzt alle meine Handschuhe. Cotter hat mir nie gefallen.«
    »Warum haben Sie ihn dann nicht hinausgeworfen?«
    »Er versteht sein Handwerk«, antwortete Stackpole widerwillig. »Wenn er dranbleibt, ist er der Beste in der Branche, aber die Hälfte der Zeit ist er gar nicht im Büro. Er behauptet, er wäre im ›Studio‹, aber das weiß ich besser. Würde mich nicht überraschen, wenn er der Dieb wäre.«
    »Na, ich würde da nicht zu voreilig urteilen«, sagte Semple mäßigend. »In dieser Situation baut man am besten eine Falle auf.«
    »Eine Falle? Was für eine Falle?«
    »Ich habe diese Methode in einigen der größten Firmen des Landes angewendet, und zwar mit großem Erfolg. Man könnte sagen, die Langfinger treten damit deutlich zutage!« Er lachte leise und warf einen sehnsüchtigen Blick auf Stackpoles Zigarre.
    »Was ist zu tun?«
    »Ganz einfach. Zu einem Zeitpunkt Ihrer Wahl verschaffe ich Ihnen ein feines schimmerndes Puder, das bestimmte Hafteigenschaften aufweist. Wir bestäuben damit mehrere Handschuhkästen und verteilen sie strategisch im Büro, an Orten, wo die Versuchung besonders groß ist. Sobald wir dann wissen, daß der Dieb wieder zugeschlagen hat, führen wir zielstrebig unsere Ermittlungen durch.«
    »Ermittlungen?«
    »Ja. Wissen Sie, das Leuchtpulver befindet sich dann an den Händen des Täters, ist aber nur im Dunkeln sichtbar. Mit normaler Seife läßt es sich nicht abwaschen. Auf diese Weise wird er unweigerlich entlarvt, als hätte er eine Tätowierung.«
    »Kapiert!« sagte Stackpole kichernd. »Ich brauche also die Leute nur in ein abgedunkeltes Zimmer zu bringen und nach leuchtenden Händen zu suchen.« Er lehnte sich in seinem Drehstuhl zurück, und seine Augen hatten ebenfalls zu leuchten begonnen. »Eine tolle Idee, Semple. Wann kann es losgehen?«
    »Ich könnte heute abend alles vorbereiten.«
    »Moment«, Stackpole riß den Hörer von der Gabel und rief seinen Bürochef an. »Blackburn? Ist damit zu rechnen, daß morgen jemand fehlt?«
    »Nein, Sir!«
    »Ganz sicher nicht? Fred Cotter wird hier sein?«
    »Ja, Sir, soweit ich weiß, sind morgen alle hier.«
    »Schön«, sagte Stackpole und legte auf. Dann grinste er den Detektiv an. »Zigarre?« fragte er.
    Als die Büroräume am Abend verlassen dalagen, bauten Stackpole und sein Privatdetektiv die große Falle auf. Der Präsident der Firma kicherte entzückt, während Semple die Handschuhkästen mit dem weißen Pulver bestäubte, und wunderte sich, daß das Mittel kaum zu sehen war. Er bestand darauf, das Pulver auch auf seinen Zigarrenbehälter zu streuen; weiter wollte Semple aber nicht gehen. Zu Hause beschrieb Stackpole die Vorbereitungen seiner Frau; sie hatte ihn noch nie so überschäumend begeistert erlebt. Am nächsten Tag blieb Stackpole in seinem Privatbüro; die Türen öffneten sich nur zur Mittagszeit. Von Zeit zu Zeit erkundigte er sich bei Blackburn, ob auch das gesamte Personal anwesend

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