Coolman und ich (German Edition)
Antis Badelaken erwischt. Vielleicht war es draußen noch dunkel und da hat sie den Unterschied zwischen Schwarz und Weiß nicht erkannt. Erst als ich aus dem Beutel einen schwarzen Bikini herausfische, wird mir klar, was los ist. Der Schwimmbeutel im Flur war gar nicht meiner. Der gehört Anti, die — und das ist mal wieder typisches Kai-Pech — am selben Tag Schwimmunterricht hat wie ich.
Um nach Hause zu rennen und die Sachen auszutauschen, ist es zu spät. Das ist nicht zu schaffen, selbst wenn ich den Container nehmen würde.
Ich habe drei Möglichkeiten:
1) Ich schwimme gar nicht.
2) Ich schwimme nackt.
3) Ich schwimme in Antis Bikinihose.
Dann schon lieber nackt. Das scheint ja bei uns sowieso irgendwie in der Familie zu liegen.
Ich entscheide mich trotzdem für Antis Bikinihose.
Der Vorteil an meinem Zuspätkommen ist, dass ich alleine in der Kabine bin. Alle anderen sind schon draußen am Becken. Ich schlüpfe in die Hose, die mir um die Hüften schlabbert und die vor allem am Hintern ziemlich knapp geschnitten ist. Eigentlich ist da so gut wie gar kein Stoff. Ich kann das spüren, weil ich am Po eine Gänsehaut bekomme.
Meinen Rücken dicht an die Wand gepresst, schiebe ich mich in die Dusche und dann schnell raus in die Schwimmhalle. Wenn man mich nicht von hinten sieht, fällt das mit der Hose vielleicht gar nicht so sehr auf.
Meine Klassenkameraden stehen schon vor den Startblöcken. Auch Lena. Sie winkt mir zu. Ich würde ihr gerne zurückwinken. Kann ich aber nicht, weil ich mit beiden Händen die Hose festhalte. Ich habe Angst, sie sonst zu verlieren.
Herr Kauffmann, der Ex-Boxer, steht am Beckenrand und hat eine Stoppuhr in der Hand. Weil bei ihm alles etwas verzögert ist, startet er sie erst, wenn der Schwimmer längst im Wasser ist. Das ist aber egal, weil sich das beim Anschlag wieder ausgleicht. Da ist er auch immer viel zu spät mit dem Stoppen.
Als schon fast alle im Wasser sind und ihre Bahnen schwimmen, stehe ich immer noch mit dem Rücken an der Wand.
»Los, Kai! Jetzt du!«, ruft Kauffmann mir aufmunternd zu.
Ich nehme Anlauf, sprinte auf den Startblock und springe schnell mit einem Köpper ins Wasser. Das hätte SUPERFROSCH auch nicht besser hinbekommen.
Als ich wieder auftauche und anfange zu kraulen, merke ich, dass etwas fehlt.
Coolman
ist es nicht. Der fehlt zwar auch, weil er sich nicht mal in die Nähe des Schwimmbeckens traut und in der Umkleidekabine auf mich wartet. Aber den meine ich nicht. Was fehlt, ist Antis Bikinihose.
Aus lauter Panik beginne ich, wie wild zu kraulen. Es dauert ein paar Züge, ehe ich wieder klar denken kann. Solange ich im Wasser bin, ist alles halb so schlimm. Da kann man sowieso nichts sehen. Ich schwimme einfach meine Bahnen, und wenn ich fertig bin, tauche ich schnell nach der Hose und ziehe sie wieder an. Alles kein Problem.
Mein Plan geht auf. Keiner merkt was. Erst recht nicht Kauffmann. Der sowieso nicht. Und Lena zum Glück auch nicht.
Viermal kraule ich das Schwimmbecken rauf und runter. Dann habe ich es geschafft.
»Super, Kai! Das war toll!«, ruft Kauffmann mir zu, nachdem er eine Ewigkeit gebraucht hat, meine Zeit von seiner Stoppuhr abzulesen.
Mir bleibt nicht viel Zeit, mich zu freuen. Ich tauche, um am Boden des Schwimmbeckens nach Antis Hose zu suchen. Es dauert eine Weile, bis ich sie entdecke. Sie treibt über die Bodenkacheln auf den Abfluss zu. Obwohl ich noch einmal alles gebe, komme ich zu spät. Der Stoff verschwindet mit einem gurgelnden Geräusch zwischen den Stäben des Abflussgitters.
Drei Fragen rasen mit Schallgeschwindigkeit durch meinen Kopf:
1) Wie komme ich je wieder aus diesem Becken raus?
2) Wie erkläre ich Anti, dass ihre Hose weg ist?
3) Gilt meine Zeit auch, wenn ich nackt geschwommen bin?
»Kai, du kannst jetzt langsam auch mal rauskommen«, ruft Kauffmann mir zu, als ich wieder auftauche.
Alle anderen sind längst aus dem Wasser geklettert und sitzen auf der geheizten Steinbank am Rand des Beckens.
»Ganz und gar unmöglich!«, rufe ich zurück.
Weil es Kauffmann ist, dauert es extralange, bis er endlich kapiert, was los ist. Eine weitere Ewigkeit braucht er, bis er die kichernden Mädchen in ihre Kabine gescheucht hat. Dann erst wirft er mir ein Handtuch zu, mit dem ich endlich aus dem Wasser steigen kann.
Ich renne schnell an meinen grölenden Mitschülern vorbei in die Umkleidekabine, wo
Coolman
schon auf mich wartet.
Ich springe in die Höhe und greife ins Leere. Natürlich
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