Coolman und ich (German Edition)
mich nicht verstanden. Du gehörst jetzt zu uns und nächste Woche kriegst du auch so was.«
Spinne hält mir seinen Unterarm hin. Auf die Haut ist eine Spinne tätowiert. Sie hat nur sechs Beine, aber ich traue mich nicht, ihn auf den Fehler hinzuweisen, weil ich nicht als Streber gelten will.
»Danke für das Angebot, aber ich …«
»Das war kein Angebot. Das war ein Befehl.«
Wenn ich ehrlich sein soll, habe ich auf keinen von
Coolman
s Vorschlägen so richtig Lust. Außerdem brauche ich eher einen Tipp von ihm, wie ich aus der Sache ohne Tattoo wieder rauskomme. Ich will keine Tätowierung. Nicht einmal, wenn die Spinne acht Beine hätte. Doch wenn man wirklich mal was von ihm braucht, ist
Coolman
natürlich auf Sendepause.
»Ich würde ja furchtbar gerne, aber ich kann nicht«, beginne ich vorsichtig.
»Warum nicht?«, fragt Spinne misstrauisch.
»Weil … weil …« Plötzlich habe ich den rettenden Einfall. »Na, weil die Kerle mit den falschen Pässen und den Knarren mich auch schon gefragt haben, ob ich bei ihnen mitmachen will.«
Spinne guckt weiter skeptisch, deswegen lege ich noch einmal nach: »Wir haben auch viel größere Tattoos als ihr. Wir haben alle einen … einen … einen Dino auf der Schulter. Deswegen nennen wir uns auch die Dinos.«
Etwas Größeres als Dinosaurier fällt mir im Moment nicht ein.
»Wow!«, sagt Spinne und sieht ziemlich beeindruckt aus. »Kann ich das mal sehen?«
»Das nächste Mal … vielleicht«, weiche ich aus.
Der Schulgong rettet mich vor weiteren Fragen.
»Bestell den Dinos schöne Grüße von mir«, ruft Spinne. »Vielleicht kannst du mich denen mal vorstellen. Und das nächste Mal zeigst du uns dein Tattoo. Versprochen?«
Manchen Leuten kann man wirklich einfach alles erzählen, denke ich, als ich davonschlendere, ohne mich noch einmal umzudrehen.
Der Rest des Schultags verläuft ohne besondere Vorkommnisse. Das bedeutet leider auch, dass Lena nicht mehr mit mir spricht. Zweimal erwische ich sie, wie sie mich im Unterricht heimlich anstarrt. Auf ihrer Stirn hat sie dabei so eine zweifelnde Falte. Das ist kein gutes Zeichen. Ausgerechnet jetzt, wo ich mit ihr reden konnte, ohne zu stottern oder Blödsinn zu erzählen. Aber wahrscheinlich passen ihr meine neuen Freunde nicht. Geht mir selbst ja genauso.
Ach ja, dann ist doch noch etwas passiert. Unsere Klassenlehrerin hat uns daran erinnert, dass am Dienstag die Kostümparty ist. Dienstag ist schon morgen, und ich habe nicht die geringste Ahnung, als was ich mich verkleiden soll.
Danke,
Coolman
. Ich denke drüber nach.
10. Kapitel
Verloren im Fundus
Auf dem Weg nach Hause schaue ich kurz bei Adolf Schmitz vorbei. Was soll ich machen? Er hat mich in der Hand. Er kann jederzeit bei der Polizei anrufen und mich ans Messer liefern.
Ich steige durch dasselbe Flurfenster ein, durch das ich das letzte Mal entkommen bin. So erspare ich mir den gefährlichen Weg durch den Empfang des Altersheims vorbei an den Omas, die dort scheintot arglosen Kindern auf-lauern.
Als ich anklopfe, öffnet Adolf Schmitz sofort. Er hat einen Anzug an und sieht deutlich gepflegter aus als gestern.
»Komm rein, Jungchen!«, begrüßt er mich und zieht mich in sein Zimmer, das heute ziemlich aufgeräumt aussieht.
Der Tisch ist gedeckt, als hätte er auf mich gewartet: eine Flasche Cola, ein Teller mit Keksen, zwei Gläser. In einem davon schwimmt ein Gebiss in einer trüben Flüssigkeit.
»Oh, pardon«, sagt Adolf Schmitz, als er meinen Blick bemerkt. Schnell nimmt er seine Zähne aus dem Glas und stopft sie sich in den Mund. »Komm, Jungchen, setz dich!«
Adolf Schmitz grinst mich an und nickt wissend.
»Wie heißt denn deiner, Jungchen?«, fragt er.
»Wie bitte?«
»Meiner heißt
SUPERWILHELM
.«
Ich starre Adolf Schmitz an, als hätte er mir gestanden, dass er ein weltweit gesuchter Massenmörder ist, der es auf kleine Jungs mit unsichtbaren Begleitern abgesehen hat.
»
SUPERWILHELM
begleitet mich, seit ich fünf bin«, fährt Adolf Schmitz fort. »Ein schrecklicher Besserwisser. Aber was will man machen?! Man kann sie sich nicht aussuchen. Nicht wahr, Jungchen?«
»
Coolman
«, murmele ich leise. »Meiner heißt
Coolman
.«
»Auch nicht viel besser als
SUPERWILHELM
.«
»Nimm dir doch einen Keks, Jungchen. Hab ich extra für dich gekauft.«
Mechanisch greife ich nach einem Keks.
Als ich hineinbeiße, werden mir plötzlich drei Dinge klar:
1) Die Kekse sind tatsächlich frisch.
2) Ich bin nicht
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