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Coolman und ich. Rette sich, wer kann. (German Edition)

Coolman und ich. Rette sich, wer kann. (German Edition)

Titel: Coolman und ich. Rette sich, wer kann. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Bertram
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wackelt die Erde wie bei einem mittelschweren Erdbeben. Das kann man bestimmt noch in London spüren und vielleicht sogar selbst in Berlin.
    Dann ist es plötzlich ganz still. Nicht einmal ein Vogel singt.
    Ich taste mich ab, bin aber scheinbar unverletzt. Kurz darauf sind auch schon Lena und ihr kleiner Lord am Wagen, der vorne nun ein gutes Stück kürzer ist und so jetzt bestimmt in jede Parklücke passt. Lena sieht besorgt aus, und ich verrate ihr lieber nicht, dass die rote Flüssigkeit in meinem Gesicht kein Blut, sondern der Ketchup aus der Flasche ist, die bei dem Zusammenstoß zerbrochen ist.
    Charles ist nicht so mitfühlend. Er macht ein Riesengeschrei wegen des Wagens und der umgefallenen Steine.
    »Das war nicht meine Schuld. Der Wagen ist einfach los, ich habe gar nichts gemacht«, verteidige ich mich halbherzig. Egal, ob man mir das glaubt oder nicht: Eine bessere Ausrede fällt mir nicht ein, und wenn ich darauf beharre, kann mir niemand das Gegenteil beweisen. Außerdem soll der kleine Lord sich nicht so anstellen. Was ist denn schon groß passiert?
    Wenn seine Eltern wirklich so viel Geld besitzen, haben sie bestimmt noch einen zweiten Rolls-Royce in der Garage, und die Steine hat man mit einem Kran auch ruck, zuck wieder aufgebaut. Wir leben ja nicht mehr in der Bronzezeit, und wenn die alle wieder schön ordentlich im Kreis stehen, merkt den Unterschied zu vorher sowieso kein Schwein.
    Trotzdem ist die Stimmung ziemlich im Eimer, als wir im Bus nach Hause fahren. Ich habe für alle die Tickets kaufen müssen, weil der Fahrer die dreifach vergoldete Kreditkarte des kleinen Lords nicht akzeptiert hat und sein Butler auch kein Bargeld dabeihatte. Aber wenigstens habe ich deswegen kein großes Geschrei gemacht. Nicht so, wie der kleine Lord vorhin wegen seines Wagens und der alten Steine. Ich habe sie einfach alle zu der Busfahrt eingeladen, ohne zu murren: Lena, den Butler und den kleinen Lord. Ich habe das gerne gemacht, trotzdem hätten sie ruhig mal Danke sagen können. Haben sie aber nicht und das finde ich ziemlich nachtragend.

6. Kapitel
    Sherlock Holmes’ Enkel

    Weil das Dorf ja keine Haltestelle hat, lässt uns der Busfahrer an einer Kreuzung in der Nähe raus. Von da sind es nur noch zwei Kilometer, die wir alle vier schweigend zurücklegen.
    Selbst COOLMAN hält die Klappe.
    Er hat sich seit dem Zwischenfall mit den Steinen nicht mehr blicken lassen. Vielleicht – obwohl das völlig unwahrscheinlich ist – hat er ein schlechtes Gewissen. Schließlich war er es, der mich überredet hat, in den Wagen zu steigen und Vollgas zu geben. Allein wäre ich nie auf so eine völlig durchgeknallte Idee gekommen. Ich hoffe, COOLMAN ist wenigstens gut versichert.

    Der Regen hat aufgehört. Dafür ist es jetzt wieder neblig. Ein anderes Wetter scheint es hier gar nicht zu geben. Seitdem ich hier bin, habe ich noch nicht einmal die Sonne gesehen. Aber das ist schon okay, das passt gut zu meiner Stimmung.
    Wegen des Nebels kann man keine zwei Meter weit sehen. Das ist ganz praktisch, denn so fällt es dem kleinen Lord schwerer, mich weiter wütend anzustarren. Er läuft auf der einen Straßenseite, ich auf der anderen. Mehr Abstand geht nicht. Zwischen uns laufen Lena und der Butler, als wären sie Mitglieder der UN-Friedenstruppen, die verhindern sollen, dass hier gleich ein schreckliches Massaker an unschuldigen Zivilisten – also an mir – stattfindet. Der kleine Lord ist immer noch böse auf mich, wegen des Hutes von Admiral Nelson, wegen des Rolls-Royce und wegen der alten Steine. Aber auch das ist mir egal. Hauptsache, Lena ist nicht sauer. Nach dem Crash mit den Kalendersteinen hat sie sich Sorgen um mich gemacht. Man macht sich nur Sorgen um jemanden, den man mag. Das muss ich ausnutzen. Ich stöhne ein paarmal laut.
    Es funktioniert.
    Schon nach dem fünfundzwanzigsten Stöhnen fragt Lena: »Tut dir was weh?«
    »Es geht schon. Alles in Ordnung. Wirklich. Halb so schlimm. Ich ertrage das schon«, erwidere ich tapfer. »Es sind nur diese fürchterlichen Schmerzen nach dem Unfall, für den ich gar nichts konnte, weil der Wagen einfach von selbst losgefahren ist. Aber ich will nicht jammern, sondern mich klaglos weiter Schritt für Schritt diese endlose Straße entlangschleppen und dabei die Zähne zusammenbeißen, um euch nicht zu belästigen. Anderen geht es noch schlechter: Die haben einen Hut und ein Auto verloren. Ich ja nur meine Gesundheit und meinen Traum. Weißt du, ich wäre nämlich

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