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Coolman und ich. Rette sich, wer kann. (German Edition)

Coolman und ich. Rette sich, wer kann. (German Edition)

Titel: Coolman und ich. Rette sich, wer kann. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Bertram
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stimmt nicht. Das spüre ich.
    »Er ist weg«, flüstert Lena mir zu.
    »Wer ist weg?«, frage ich zurück, weil ich keine Ahnung habe, wen oder was sie meint.
    Der kleine Lord kann es nicht sein, der sitzt direkt neben ihr. Der Butler auch nicht, der fährt den Wagen. Wen um alles in der Welt meint sie dann?
    »Nelsons Hut! Irgendjemand hat die Gelegenheit genutzt, ihn zu stehlen, weil die Alarmanlage doch ausgeschaltet war und die Vitrine ... na ja, du weißt ja selbst, was mit der Vitrine ist. Scotland Yard war auch schon da!«
    Ich habe einen schrecklichen Verdacht, echt, Alter, aber den spreche ich natürlich nicht aus. Nicht, solange ich keine Beweise habe. Außerdem habe ich das ungute Gefühl, dass der kleine Lord mir eine gewisse Mitschuld an dem Verschwinden des Hutes gibt. Immer wieder guckt er so komisch zu mir rüber. Vielleicht denkt er, dass ich mit den Tätern unter einer Decke stecke und die Vitrine absichtlich umgestoßen habe, damit meine Komplizen leichtes Spiel haben. Schließlich ist England das Land der berühmten Detektive, und wer weiß, was er sich in seinem blaublütigen Kopf für absurdes Zeug zusammenreimt.
    »Das war doch nur irgendein Hut«, versuche ich die un-angenehme Spannung, die im Wagen herrscht, etwas abzumildern.
    »Das ist nicht nur irgendein Hut!« Der kleine Lord blickt mich wütend an. »Das war der Hut von Admiral Nelson, meinem Ururururgroßvater. Es war der Hut, den er bei der Schlacht von Trafalgar getragen hat.«
    »Da hat er aber Glück gehabt, dass er ihn da nicht schon verloren hat«, erkläre ich mitfühlend. »Mein Vater hatte auch mal einen Hut. Der ist ihm bei einer Bootstour ins Wasser gefallen und futsch war er. Seitdem trägt er nur noch Mützen. Die fliegen nicht so leicht weg.«
    Der kleine Lord sieht nicht so aus, als könnte ihn das trösten.
    »Ich möchte zu gerne wissen, wer zu etwas so Gemeinem fähig ist«, mischt sich Lena ein.
    »Das wüsste ich auch gerne«, erwidert der kleine Lord und mustert mich misstrauisch.

    Der Rest der Fahrt verläuft schweigend. Im Wagen ist es unheimlich still. Nur das Prasseln des Regens auf dem Wagendach ist zu hören. Ich schaue aus dem Fenster und gebe mir große Mühe, möglichst unverdächtig auszusehen. Auch wenn ich nicht zu ihm rüberschaue, kann ich spüren, dass mich der kleine Lord die ganze Fahrt über anstarrt, als würde er immer noch darüber grübeln, ob ich schuldig oder unschuldig bin. Er macht das gar nicht verstohlen oder aus den Augenwinkeln. Nein, er stiert mich einfach an, und das ist nicht besonders angenehm.
    Ich bin heilfroh, als wir Stonehenge endlich erreicht haben und ich aussteigen kann.

    Der Rolls-Royce parkt auf der Wiese neben den Steinen. Weiter vorne an der Straße war ein öffentlicher Parkplatz, aber mit einem Rolls-Royce ist man auf so etwas scheinbar nicht angewiesen. Da darf man überall parken. Sogar direkt neben einem echten Weltwunder.
    Kennt ihr Stonehenge? Das sind riesige, uralte Steine, die irgendwer vor Jahrtausenden schön ordentlich im Kreis aufgestellt hat. Da stehen sie heute noch. Wenigstens einige davon. Ich weiß nicht, was daran so besonders sein soll. Zugegeben, die Steine sind riesig, aber im Prinzip habe ich mit meinen Bauklötzen auch nichts anderes gemacht, als ich noch klein war. Wenn ihr mich fragt, ist Stonehenge reichlich überbewertet.
    »Stonehenge ist mindestens dreitausend Jahre alt und die größten Steine sind bis zu fünf Meter hoch«, erklärt der kleine Lord.
    »Wow! Was du alles weißt!« Lena sieht ihn bewundernd an.
    Die beiden stehen ganz eng beieinander, weil unter dem Regenschirm nicht so viel Platz ist. Der Butler geht hinter ihnen und hält den schwarzen Schirm schützend über sie. Über mich natürlich nicht und deswegen ist meine Jacke auch schon klitschnass. Ich kriege bestimmt einen Schnupfen, und ich finde nicht, dass die alten Steine das wert sind.

    »Man nimmt an, dass es ein heiliger Ort war, an dem unsere Vorfahren ihre Götter verehrt haben«, fährt der kleine Lord fort. »Ich und die meisten anderen ernsthaften Wissenschaftler aber glauben, dass es so eine Art Kalender war. Auf jeden Fall ist es ein wahrhaft geniales Werk.«
    Ehrfürchtig starren Lena und ihr kleiner Lord die Steine an. Nur der Butler, der mit seinem Schirm immer noch hinter ihnen steht, macht ein Gesicht, als wäre ihm das tote Gestein ziemlich egal. Irgendwie macht ihn mir das sympathisch.
    »Wenn das wirklich so genial ist, warum hat es dann kein Dach?

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