Coolman und ich. Rette sich, wer kann. (German Edition)
furchtbar gern Wildhüter in Afrika geworden. Dort wollte ich Elefanten und Nashörner vor grausamen Großwildjägern retten. Aber für den Job muss man kerngesund und topfit ein. Das geht ja jetzt nicht mehr. Na ja, werde ich halt was anderes. Etwas, wo ich den ganzen Tag bei der Arbeit liegen kann, damit mich diese unerträglichen Schmerzen nicht umbringen.«
So, das müsste reichen. Wenn Lena das nicht ans Herz geht, besitzt sie keines.
Die erwünschte Wirkung bleibt aus. Lena murmelt nur »Stell dich nicht so an«, und der kleine Lord brummt trotzig, dass seine Familie schon seit fünf Generationen in Afrika auf Großwildjagd gehe und er schon mit sechs seinen ersten Büffel geschossen habe. Davon gebe es dort mehr als genug und von dem Fleisch könne ein Dorf in Afrika einen ganzen Monat lang leben. Das habe er natürlich gespendet, weil er nur die Hörner des Büffels für die Wand in seinem Kinderzimmer haben wollte.
Trotz der schlechten Sicht kann ich sehen, dass das Büffelmorden bei Lena nicht so gut ankommt. Meine Laune steigt sofort, und ich vergesse sogar für ein paar Meter, bei jedem Schritt laut und leidend zu stöhnen.
Für die zwei Kilometer von der Kreuzung bis ins Dorf brauchen wir drei Stunden, weil wir uns im Nebel ständig verlaufen. Dabei hat der kleine Lord vorhin noch geprahlt, dass er Fähnchenführer bei den Pfadfindern war und deren Gründer Robert Baden-Powell ebenfalls irgendwie zur Familie gehört.
Ich bin gut zu Fuß, mir macht das nichts, aber der Möchte-gern-Trapper fängt schon nach einer Stunde an zu jammern, weil er eine Blase hat. Wenn Lena nicht dabei wäre, würde er sich bestimmt von seinem Butler tragen lassen.
»Wir sind so gut wie da«, sage ich, als ich plötzlich auf einer Wiese neben der Straße ein paar Hühner entdecke, die wie Flummis auf und ab hüpfen.
Tatsächlich tauchen kurz darauf auch schon die ersten Häuser aus dem Nebel auf.
Der Abschied ist schnell und schmerzlos. Ich überlege kurz, ob das nicht eine gute Gelegenheit wäre, den kleinen Lord wegen der drei Pfund anzusprechen, die ich gestern für den Eintritt bezahlt habe und die ich gern wiederhätte. Ich entscheide mich dagegen, weil die Stimmung immer noch ziemlich angespannt ist und der kleine Lord sowieso kein Bargeld dabeihat.
Lena, Charles und der Butler gehen weiter zur Burg und ich mache mich auf den Weg zu meinen Gasteltern. Hoffentlich sind Alex und Justin zu Hause. Der Rolls-Royce ist Schrott, Stonehenge sowieso, aber vielleicht ist wenigstens Nelsons Hut noch zu retten.
Als ich im Vorgarten stehe, höre ich, wie Harveys Dudelsack die letzten Töne von »God Save the Queen« spielt. Glück gehabt, da brauche ich nicht mitzusingen und das Abendessen ist auch schon vorbei. Ich hoffe, sie haben mir nichts aufgehoben.
Im Wohnzimmer liegt Margaret auf dem Sofa und häkelt an einem Toilettensitz, den das Bild der englischen Königin ziert. Harvey hat den Dudelsack weggestellt und guckt im Fernsehen die Liveübertragung eines Golfturniers. Die beiden beachten mich gar nicht, als ich das Zimmer durchquere. Umso besser, ich hätte sie sowieso nicht verstanden, wenn sie mich angesprochen hätten.
Als wüssten sie das selbst, haben die Foolmans einen Zettel an der Tür unseres Schlafzimmers befestigt. Darauf steht eine Liste mit unseren täglichen Pflichten. Auf DEUTSCH, so als wollten Harvey und sein Zuckerpferd sichergehen, dass wir uns nicht mit Sprachproblemen herausreden können. Dumm nur, dass ihr Deutsch auch nicht verständlicher ist als ihr Englisch. Wahrscheinlich hat Harvey es im Krieg gelernt, als er damals gegen Hitler gekämpft hat, oder schon vorher im Großen Krieg von 1914.
Auf dem Zettel stehen fünf Punkte:
1)Loo pusen
2)Wuell aus ringen
3)Enster ischen
4)Asen mayen
5)Doden rubben
Ich hole einen Stift aus der Tasche und male für unsere britischen Sklavenhalter hinter jeden ihrer fünf Punkte ein dickes Fragezeichen. Das ist praktisch, weil das im Deutschen und Englischen genau dasselbe bedeutet.
Alex und Justin liegen schon in ihren Betten.
»Meinst du, wenn wir genug davon essen, können wir echt auch so hüpfen wie die Hühner?«, begrüßt mich Justin und hält einen großen Beutel mit Gummibändern in die Höhe. Er ist fast leer. Gestern war er noch fast voll.
»Zwanzig reichen nicht, Alter. Hab ich schon probiert. Auch welche?«, fragt Alex.
»Nein, danke, ich habe schon gegessen«, lehne ich die freundliche Einladung ab. »Sagt mal, ihr wart doch
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