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Cop

Cop

Titel: Cop Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Jahn
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reinkommt. Kapiert?«
    »Aber ich will auf niemanden schießen, Henry.«
    Er seufzt. »Was tun wir hier, Bee?«
    »Was denn?«
    »Wir tun, was getan werden muss, um die Familie zusammenzuhalten.«
    Sie schweigt. Und nickt.
    »Bist ein gutes Mädchen. Tu mir einen Gefallen und pass auf Maggie auf, okay? Meinetwegen kannst du ihr auch ein paar Chips geben. Aber wenn irgendwer außer Ron und mir zur Tür reinkommt …«
    Beatrice starrt ihn an.
    »Bee?«
    »Was?«
    »Was tust du, wenn irgendwer außer Ron und mir zur Tür reinkommt?«
    »Zielen und abdrücken?«
    »Genau.«
    Kaum ist Henry aus der Tür, versucht Maggie, ihre Hand durch die Handschelle zu zwängen. Es tut ziemlich weh, aber wenn sie die Finger ganz eng zusammenquetscht und den Daumen nach innen klappt, kann sie es bestimmt schaffen. Sie braucht nur etwas Zeit.
    Henry tritt aus dem Klassenzimmer auf den Flur.
    »Fertig?«, fragt Ron, der an einen Spind gelehnt gewartet hat.
    »Fertig.«
    »Gut.« Er gibt Henry eines der Gewehre, die alte .30-06 ihres Vaters, eine vorsintflutliche Army-Knarre, die Acht-Schuss-Ladestreifen schluckt. Wenn ihr Dad einen über den Durst getrunken hatte, ballerte er damit immer Flaschen vom Gartenzaun. »Patton hat mal gesagt, das Ding hier wär die beste waffentechnische Erfindung aller Zeiten«, erklärte er ihnen dabei. »Und wisst ihr was? Der alte Hurensohn hatte recht!« Henry überprüft, ob sie geladen ist. Sie ist geladen.
    Er nickt. »Also rauf aufs Dach?«
    »Rauf aufs Dach.«
    Im Hausmeisterbüro führt eine schmale Leiter durch eine Luke auf das geteerte Dach. Es ist früher Abend. Die rote Sonne, die tief am Himmel hängt, erinnert Henry an ein befruchtetes Ei in der Pfanne – gelber Dotter mit rotem Samen in der Mitte, verkocht, tot. Henry dreht sich um seine Achse und lässt den Blick über die verwaiste Stadt schweifen. Als der graue Asphaltstreifen am Ortseingang in Sicht kommt, hält er inne. Er kann meilenweit in die Ferne sehen. Wäre er nicht kurzsichtig, könnte er wahrscheinlich sogar den Interstate erkennen.
    »Gutes Plätzchen.«
    »Ich weiß«, meint Ron. »Das Jackrabbit Inn ist zwar noch ein Stockwerk höher, aber der Blick auf die Straße ist nicht ganz so gut von da.« Mit einem Nicken deutet er darauf nach rechts und sagt: »Dann ruhen wir uns mal ein bisschen aus. Der taucht noch früh genug auf.«
    Zwei bequeme Klappstühle, vom roten Abendlicht beleuchtet, stehen ein wenig abseits, dazwischen eine Kühlbox aus Styropor. Ron geht rüber, setzt sich und streckt die Beine aus. Das Gestell knarrt unter seinem Gewicht, als er den Deckel von der Kühlbox schiebt und eine Dose Coors rausholt. Er öffnet sie und schlürft den Schaum, der ihm entgegenquillt.
    »Warmes Bier ist auch Bier«, meint er.
    »Für wen ist der zweite Stuhl?«
    »Für dich.«
    Henry sitzt neben seinem Bruder und blickt nach Osten auf die schwindende Sonne, ein warmes Bier zwischen den Beinen. Vorhin, als er ohne Waffen war und nichts weiter tun konnte, als auf seine Hinrichtung zu warten, hat er beinahe Panik bekommen, aber jetzt ist er fast schon erschreckend gelassen. Er ist hier, er ist bereit. Beatrice ist in Sicherheit, Sarah kann keinen Ärger machen. Und Hunt? Hunt hat nicht mehr lang zu leben.
    »Ist lang her«, sagt er mit einem Blick auf Ron.
    »Ja. Schade, dass es kein schönerer Anlass ist.«
    »Übrigens. Das hab ich dir vorhin gar nicht erzählt. Er hat Donald erwischt. Ich meine, woher konnte er sonst wissen, wo ich hinwollte?«
    »Erwischt? Du meinst umgebracht?«
    Henry nickt.
    »Bist du dir sicher? Oder glaubst du’s nur?«
    »Ich bin mir ziemlich sicher.«
    Ron schüttelt den Kopf. »Nein, das kann nicht sein.«
    »Vielleicht hat er …«
    »Donald ist der Einzige von uns, der auch nur einen Pfifferling wert ist. Er darf nicht tot sein.«
    »Vielleicht hat …«
    »Pssst. Sei still und genieß den Sonnenuntergang.«
    »Aber …«
    »Sei verdammt noch mal still, Henry. Du hast noch nie gewusst, wann du besser das Maul halten solltest.«
    Henry tastet nach der Bierdose und führt sie zum Mund. Dabei blinzelt er in den Sonnenuntergang, bevor er nach links blickt, nach Süden – auf die Straße, die vom Interstate zur Stadt führt.
    Niemand zu sehen.
    Nach dem zweiten Bier, als sie gerade die Dosen fünf und sechs aus der Box kramen, ist das Lächeln in Rons Gesicht zurückgekehrt. »Hab dich vermisst, Henry.«
    »Ich dich auch.«
    »Ist ein bisschen wie Angeln, was?«
    »Ja. Wie früher.«
    Plötzlich

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