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Anspruch genommen wurden.
Die kräftigen Wächter brachten uns zu einer Tür auf der anderen Seite des Salons beziehungsweise Wartezimmers. Ein sichtbarer Strahl tastete über ihre blau gestreifte Stirn, und dann öffnete sich das Portal. Dahinter erstreckte sich ein großer Raum mit Säulen, die das Gewicht der Villa weiter oben trugen. Wir schritten rasch durch diesen Betonwald, und ich bemerkte mehrere Laboratorien. Die Geräte auf meiner linken Seite hatten wie erwartet mit Dito-Technik zu tun: Kühler, Präger, Kilns und so weiter, auch einige Apparaturen, deren Zweck ich nicht erkannte. Auf der rechten Seite befand sich die Ausrüstung, die menschliche Biologie und Medizin betraf – fast ein kleines Hospital für Realpersonen, ausgestattet mit den neuesten Hirnscannern und Analysatoren.
Ich vermutete zumindest, dass es die neuesten waren. Albert ist – oder war – ein interessierter Amateur, der Artikel über Gehirnerkrankungen von Übeltätern gelesen hat. Als Franki scheine ich diese seine Faszination nicht zu teilen.
Die Wächter brachten uns in einen weiteren Wartebereich, vor einer geschlossenen Tür. Durch ein schmales Fenster sah ich eine Person, die nervös auf und ab ging und scharfe Fragen an jemanden außerhalb meines Blickfelds richtete. Die helle Haut das Fragenstellers glänzte, und teure synthetische Sehnen zeichneten sich unter ihr ab, wirkten fast echt. Nur wenige konnten sich solche Körper leisten, ganz zu schweigen in großen Mengen. Es handelte sich um den zweiten erstklassigen Kaolin-Dito, den ich in einer Stunde gesehen hatte. Immer wieder sah er zu einer nahen Wand, wo zahlreiche Blasendisplays schwebten und größer wurden, wenn er den Blick auf sie richtete. Sie zeigten Ereignisse in verschiedenen Zeitzonen.
Ich bemerkte, dass mehrere Blasen die UK-Fabrik präsentierten: Noch immer waren dort Einsatzgruppen unterwegs, aber sie wirkten ruhiger als zuvor; offenbar war es ihnen gelungen, den Prionenangriff unter Kontrolle zu bringen. Ich vermutete, dass die Produktion in entfernten Bereichen der Fabrik bis zum Morgengrauen wieder aufgenommen werden konnte.
Eine weitere Blase zeigte die qualmenden Reste eines kleinen Hauses, von oben gesehen – Alberts Heim, und vermutlich auch sein Krematorium. Schade.
»Bitte treten Sie von dem Fenster fort«, sagte einer der beiden Wächter in einem sanften Tonfall, der darauf hinwies, dass die zweite Aufforderung weniger freundlich sein würde. Ich wandte mich vom Fenster ab und ging zu Palloid, der auf dem schmalen Polster einer nahen Hospitalbahre lag. Pals kleiner Frettchen-Golem leckte einige Wunden, die er bei unserem kurzen Kampf auf dem Weg zu Universal Kilns erlitten hatte.
RealPals Vermutungen hatten sich als richtig erwiesen: Die von Gadarenes und Lums Fanatikergruppen gegrabenen Tunnel waren von jemandem entdeckt worden. Verborgene mechanische Wächter – aufmerksam und dauerhafter als Ton – wurden aktiv, als wir uns näherten. Doch Ton ist vielseitig. Und jene Robo-Wächter hatten es nie mit einer Gruppe angreifender Mini-Pals zu tun bekommen! Als ich die betreffende Stelle erreichte, war der Kampf praktisch schon vorbei, obwohl ich Pal in keinem sehr großen Abstand folgte. Ich fand einen Palloid, der inmitten der Scherben seiner Dito-Kameraden und den geschmolzenen Fragmenten der mechanischen Wächter stand. Sein Fell qualmte, und die meisten Kampfkäfer, die er darin getragen hatte, existierten nicht mehr. Aber die feindlichen Wächter waren eliminiert, und damit wurde der Weg frei zur Fabrik, wo wir meinem grauen Bruder helfen wollten, bevor man ihm ein Verbrechen anhängte.
Wie sich herausstellte, kam unsere Warnung zu spät. Doch der Graue musste von ganz allein Verdacht geschöpft haben. Wie mutig und einfallsreich von ihm, im letzten Augenblick in den stinkenden Bauch eines Staplers zu kriechen. Ich hoffte jedenfalls, dass es die Behörden so sahen. Wenn sie die ganze Geschichte erfuhren.
Wir warteten in dem unterirdischen Raum, und es dauerte nicht lange, bis sich Pal mit piepsender Stimme zu beklagen begann.
»He! Was muss man hier machen, um medizinische Hilfe zu bekommen? Hat jemand bemerkt, dass ich verletzt bin? Wie wär’s mit einer hübschen Krankenschwester? Oder mit einer Büchse Spachtel und einem Kittmesser?«
Ein Wächter sah ihn an und sprach dann in ein Armbandmikro. Kurz darauf erschien ein orangefarbenes Gebrauchsmodell ohne Hinweise auf das Geschlecht des Originals und kümmerte sich um Palloids
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