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im krassen Gegensatz zur alten Moral standen. Der Blonde verlagerte verärgert und auch ein wenig drohend sein Gewicht. Er kam mir vor wie jemand, der manchmal Ditos zerfetzte und gern eine Geldstrafe für das Vergnügen zahlte, mit bloßen Händen gegen das Böse vorzugehen.
»Meinetwegen«, sagte Pal munter. »Ich beschloss, möglichst viel über deinen zweiten Grauen herauszufinden. Um festzustellen, ob Wammaker lügt. Und zwar durch Zugriff auf das Kamera-Netz und die Analyse von Bewegungsmustern.«
»Du?« Ich lachte bei der Vorstellung, dass Pallie Suchavatare programmierte und Trillionen von Bildern durchsuchte. »Du hattest nie genug Geduld.«
Er schüttelte reumütig den Kopf.
»Nein, ich gehöre zur alte Garde, mir sind Taten lieber. Aber ich kenne ein paar digitale Schlauköpfe, die mir einen Gefallen schulden. Sie brauchten nur einer Reihe von geringfügigen Verkehrsverstößen zu folgen, als dein Grauer von zu Hause zum ehemaligen Einkaufszentrum fuhr. Im Innern des Gebäudes wurde der Dito fast die ganze Zeit über von öffentlichen Kameras erfasst. Er parkte den Scooter und nahm die Rolltreppe… aber er erreichte Wammakers Studio gar nicht.«
»Nein?«
»Die Assistentin der Maestra fing ihn ab. Trug einen Kapuzenmantel und war deshalb nur schwer zu erkennen. Beide begaben sich zwei Stockwerke nach unten, betraten dort einen gemieteten Laden… und verschwanden.«
»Und? Vielleicht wollte Gineen meinen Grauen abseits ihrer üblichen Kunden empfangen. Insbesondere bei einer vertraulichen Angelegenheit.«
»Möglich. Andererseits… Was ist, wenn jemand anders Alberts Grauen benutzen möchte, während alle glauben, dass er für Gineen arbeitet?«
Ich dachte darüber nach.
»Du meinst, eine falsche Gineen hat Albert heute Morgen angerufen und dann dafür gesorgt, dass viele Kameras sahen, wie sich der Graue Wammaker näherte. Aber dann…« Ich schüttelte den Kopf. »Dazu wären viele geschickte Fälschungen nötig. Eine falsche Gineen für den Anruf. Dann eine falsche Assistentin.«
»Und falsche Alberts, die vorher losgeschickt wurden, um diese guten Bürger zu belästigen.« Pallie nickte Gadarene und Lum zu.
Der größere Mann stöhnte. »Nichts davon ergab einen Sinn, als Sie es mir vor einer Stunde erklärten, und inzwischen ist es nicht besser geworden. Einige von uns haben nur ein Leben. Sie sollten dies alles möglichst schnell zu etwas zusammensetzen, das wir verstehen können.«
»Ich habe es versucht«, erwiderte Pal und klang ein wenig eingeschnappt. »Aber dieser deduktive Kram ist eigentlich mehr Alberts Fall. Was meinst du, Grüni?«
Ich kratzte mich am Kopf. Es war reine Angewohnheit, denn es gab keine Follikel oder Parasiten auf meiner Keramikbirne.
»Na schön. Nehmen wir an, dass all diese Vorstellungen für ein unterschiedliches Publikum bestimmt waren. Die Ditos, die in der vergangenen Nacht zu Ihnen kamen… sie haben über nichts Wichtiges gesprochen, oder?«
»Sie quatschten einfach nur, soweit ich das feststellen konnte.«
»Aber sie achteten darauf, dass ihr Gequatsche nicht aufgezeichnet wurde. Sie können also nicht beweisen, dass es sinnloses Zeug war, oder?«
»Was soll das heißen? Was könnte es sonst gewesen sein?«
»Es könnte so aussehen, als hätten Sie sich zu etwas verschworen.«
»Ver… verschworen?«
»Sehen Sie es aus dem Blickwinkel eines neutralen Beobachters, Mr. Gadarene. Er sieht, wie ein Grauer bei Ihnen eintrifft und etwa eine Stunde später wieder geht, hastig und verstohlen. Man könnte meinen, dass Sie wichtige Dinge besprochen haben. Dies alles könnte dazu dienen, eine plausible Verbindung zwischen Ihrer Gruppe und Albert Morris zu schaffen.«
»Und das Gleiche wiederholt sich bei mir«, sagte Lum.
»Und bei Studio Neo«, fügte Pal hinzu. »Mit dem einen Unterschied, dass der Graue diesmal echt ist, nicht aber der Besuch. War das ebenfalls für die Öffentlichkeit bestimmt?«
»Zum Teil.« Ich nickte. »Aber ich schätze, das eigentliche Publikum für den Teil des Theaters war der Graue. Direkt nach dem Treffen wechselte er zum autonomen Modus. Er muss davon überzeugt sein, selbst jetzt noch, dass er für die echte Maestra arbeitet. Sie ist nicht unbedingt die sympathischste aller Personen…«
Gadarene schnaubte laut.
»… aber eine vermögende Geschäftsfrau, die den Ruf genießt, ihre Verträge zu erfüllen und im Rahmen der Gesetze zu bleiben. Der Graue mag sie verachten und ihr misstrauen. Aber er würde einen
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