Copyworld: Roman (German Edition)
völlig
unbekleidet im Gras hockte.
“Da!” sagte Beryll jetzt und wies
mit der ausgestreckten rechten auf eine gewaltige Buche. “Da sind sie!”
Im Schatten des Baumes erkannte
Hyazinth Gestalten.
Wiederum entfuhr ihm ein “Oh!”
Alles Mädchen zwischen fünfzehn
und fünfundzwanzig, eine schöner als die andere, und ausnahmslos alle – nackt.
“Komm schon!” Beryll grinste
immer noch, diesmal ganz unmißverständlich, wie Hyazinth meinte. Als sie auf
die vielleicht vierzig oder fünfzig Mädchen zugingen, fühlte Hyazinth, wie auch
ihm etwas wuchs, dessen Gebrauch er in den letzten Wochen nur selten genießen
konnte.
Vor Scham kniff er sich heftig in
die Hinterbacken, denn da war ein halbes Dutzend Schönheiten aufgesprungen und
lief ihm lachend entgegen.
“Tibur, hallo Tibur! Wen hast du
denn da mitgebracht?”
Hyazinth schloß die Augen, hielt
den Atem an und fluchte innerlich. Dann biß er sich entschlossen auf die
Unterlippe. Als er das salzige Blut schmeckte und sein Blick von Tränen getrübt
wurde, atmete er wieder auf: Das Ding hing wieder so zwischen seinen Schenkeln
wie es der Anstand erforderte.
Ganz flüchtig ging ihm der
Gedanke durch den Sinn: Beryll hat wieder gelogen. Sie kennen ihn, rufen ihn
Tibur. Das Schwein geht in fremden Welten schmarotzen…
Die Ereignisse aber verdrängten
die Empörung sofort aus seinem Bewußtsein. Es war wie in einem verrückten
erotischen Traum.
Eine niedliche Dunkelbraune,
vielleicht siebzehn, streichelte Hyazinth scheu die nackte Brust. In ihren
hellblauen Augen, die wie Aquamarine funkelten, las Hyazinth ein Begehren von
naiver Kindlichkeit, nichtsdestoweniger jedoch von mühsam gezügelter
Heftigkeit.
“Ist der süß!” schrie die Kleine
entzückt auf. “Das ist erst mal meiner!”
“Zier dich nicht, Wunderknabe –
das alles ist der Sinn dieser Welt. Nimm, was du kriegen kannst!” Beryll lachte
laut und ließ sich mit zwei Mädchen ins Gras sinken.
Drei Stunden später hatte
Hyazinth sich rettungslos in Damara, Dajana und Dalaja verliebt. Die Namen
waren das einzige, was er von ihnen wußte, denn eigentlich reden konnte man mit
den Mädchen nicht, es gab nur eine Form der Konversation, die hingegen mit
wahrem Ungestüm gepflegt wurde.
Als Beryll drängte, es sei Zeit
zu gehen, maulte Hyazinth unwillig. Der Oberste Projektant sollte doch die
Prozeßgeschwindigkeit erhöhen, dann könnten sie noch Tage bleiben, oder Wochen,
obgleich in der Realzeit nur Sekunden verflössen.
“Siehst du, Wunderknabe: Das
algedonische Prinzip funktioniert auch bei dir. Auf einmal hast du begriffen,
was Manipulation der Prozeßgeschwindigkeit bedeutet…”
Beryll grinste wieder, bestand
aber weiterhin darauf, den Besuch im Liebestal abzubrechen.
Später dann, in der Baracke
erklärte er: “Das Liebestal hat sich ein Mann geschaffen, der aufgrund
körperlicher Mißbildungen nie die Lust der Erotik erleben konnte. Die Frauen
haben sich angewidert von ihm abgewandt, wenn er bescheiden um Zuneigung warb.
Nun endlich kann er bis zum Überdruß auskosten, was die Realität ihm verwehrte.
Und denke nicht, er hätte sich in einen Adonis verwandelt – nein, der Mann war
klüger, er hat seinem Harem einfach ein anderes Schönheitsideal in die Seelen
programmiert. So besitzt er weiterhin seine alte Identität, aber für die
Mädchen ist er ein Märchenprinz.”
“Warum haben sie uns dann genommen?”
fragte Hyazinth erstaunt. “Wir dürften diesem Ideal doch kaum entsprechen.”
“Ach, naja… ich habe unseren
Besuch etwas vorbereitet.”
Es ist also tatsächlich so! Nun
hatte Hyazinth endlich Gewißheit. Der Oberste Projektant nutzte seine Position
bedenkenlos, um sich wie ein Parasit am Glück anderer festzusaugen. Aber
Hyazinth schwieg wohlweislich, denn mit der Erkenntnis kam auch Furcht: Die
Macht dieses Mannes mußte geradezu höllisch sein…
Beryll demonstrierte noch sechs
oder sieben weitere Schopenhauerwelten. Skurrile und exotische Realitäten von
Copyworld ’ Gnaden, erfüllte Träume und Sehnsüchte, mit wahrer Meisterschaft
komponiert oder phantasielose, billige Surrogate. Aber alle zeichnete vor der
Realität Weltensteins aus, daß ein Dig sie beliebig formte, mit
unterschiedlichsten, im Katalog angekreuzten Freiheitsgraden, dramatischen
Gradienten, Schutzklauseln. Charakteristisch für Copyworld war ein Weltprogramm, das ein Mann ganz
konkret an der weltensteinschen Wirklichkeit orientierte: Alles war wie in
Weltenstein, nur
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