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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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das auch ohne
Zähne.” Derek lachte spöttisch auf und klopfte mit dem Knöchel auf den Schaft
der Sichelaxt.
    “Du bist nicht nach der Art von
Roriks Horde. Gerranell hinge mir jetzt schon an der Kehle und Toddulf hat noch
nach mir getreten, als ihn die Eldridssense bereits an Ealtheas Boden genagelt
hatte… Was treibt einen wie dich, mit Roriks Mörderbande sengend und brennend
durch die Welt zu kriechen? Du ähnelst dem Bauern Haffe, ein zwar manchmal
aufsässiger, aber ehrlicher und friedfertiger Mann. Bist du Bauer gewesen?”
    Hyazinth hatte fasziniert in das
Leuchten der nußbraunen Augen gestarrt. Innerhalb weniger Augenblicke war alle
Furcht von ihm abgefallen, als er diesen eindringlichen und neugierigen,
überhaupt nicht morddurstigen Blick in seinem Gesicht spürte. Wer ist dieser
Derek? fragte er sich atemlos. Einfach nur ein Trugbild, eine Simulation, ein
intellektronisches Programm? Irgendwie fühlte er sich zu diesem Wilden
hingezogen. Und dann sagte er etwas sehr dummes: “Wer ich bin, weiß ich,
Großherr Derek. Aber weißt du auch, wer du bist? Erinnerst du dich nicht an
Dinge, die vor deinem jetzigen Leben gewesen sind? Hast du nie Fragen und
Zweifel in dir gefühlt, deren Herkunft du dir nicht erklären kannst?”
    Derek ließ die Sichelaxt fallen
und sprang ihn an. Der junge Fürst rüttelte und schüttelte ihn brutal und
schrie: “Sag, was du weißt! Du kennst die Zauber Roriks! Du weißt, wie er
unschaubare Dinge sehen kann, sag mir nur das eine: Bin ich eine Inkarnation
Curdins, ist die Seele meines Vaters in mir?!” Und als Hyazinth verwirrt
schwieg, brüllte er weiter: “Warum fliegt Rorik immer als purpurner Vogel
davon, bevor ich ihn treffe? Kann er Ealtheas Pendel sehen, oder den Vater der
Zeit beschwören, dem selbst Ealthea untertan ist? Werde ich ihn mit dem
Hollzauber bezwingen? Sag es mir, Rorik weiß alles! Und du mußt wissen, was
Rorik weiß, sonst hätte er dich nicht mit solchem Vertrauen belohnt, sein
einziger Begleiter zu sein!”
    Allmählich dämmerte es Hyazinth,
daß er sich in eine ausweglose Lage manövriert hatte. Was sollte oder konnte er
diesem schönen, wilden und offenbar auch klugen Mann sagen, dessen Welt ihm so
unsagbar fremd und unheimlich war? Hier halfen keine Kenntnisse der Historie
und Philosophie, denn dies war nicht irdische Wirklichkeit – dies war Seemark!
    “Ich weiß nichts über Rorik”,
flüsterte er heiser. “Rorik hat mich überrumpelt, mit einem Zauber, dessen
Größe du nicht einmal ahnen kannst. Nichts weiß ich von dem Schurken, der in
fremde Welten eindringt und kraft seiner höllischen Macht Unheil bringt, wo er
nur Unheil bringen kann. Er hat mich mit süßen Worten in seinen Bann
geschlagen, mir geradezu den Verstand genommen – ich konnte nicht glauben, er
sei solcher Lügen und Untaten fähig…”
    “Rorik ist ein Schurke. Dank sei
Ealthea, daß du wenigstens das begriffen hast. Aber er ist ein Mann, der selbst
vor göttlicher Macht das Haupt nicht beugt. Weißt du, warum er Curdin – meinen
Vater, seinen Bruder – hinterrücks erschlug? Ich kenne ihn, seine Gedanken und
Sehnsüchte: Nicht allein der Thron war, was er begehrte – er wollte den Göttern
trotzen, seine Idee vom Sein gegen die Ordnung Ealtheas stellen. Allein dieser
Gedanke treibt ihn; in ewiger Bewegung halten, immer das Gegenteil von dem
verwirklichen, was andere als gültig und ewig erkannt haben. Dies tut er mit
einer Rigorosität, der Menschenleben und Menschenglück nur Steinchen im großen
Mosaik seines Weltenplans sind… Komm zu mir, wenn du glaubst, daß Glück und
Frieden zuallererst Harmonie und Gemeinsamkeit erfordern. Wende dich ab vom
Bösen, der immer zerstören muß, bevor er errichtet. Hier meine Hand, die Hand
eines Fürsten, der einen Mann seinem Volk gewinnen möchte!”
    Hyazinth schlug gedankenlos ein,
zu stark war die Ausstrahlung dieses Menschen, als daß er sich dessen hätte
erinnern können, in einer irrealen, simulierten Wirklichkeit zu sein. Dieser
Mann hatte viel von ihm: seine Zweifel, die Sehnsucht nach Ordnung und
Harmonie, aber auch die Bereitschaft, dafür zu kämpfen, die in Hyazinth erst
jüngst erwacht war. Auch Großherr Derek befand sich in der Lage, daß etwas
schier Übermächtiges – in seinem Falle eine konkrete Person, und wohl weniger
eine Unruhe des eigenen Geistes - sein Weltbild zu zerstören drohte. Mit welch
einer Selbstvergessenheit hatte er sich auf Rorik gestürzt! Und Beryll hat
trotz seiner

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