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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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Spiel ungleicher Chancen: Du bist ein Virtuose in der Handhabung von
Copyworld , ich dagegen weiß noch nicht einmal, wie die Steine gesetzt werden
auf diesem phantastischen Schachbrett. Du bist ungerecht, Oberster Projektant.”
    “Du hast nichts begriffen”,
brummte Beryll, “aber das tut nichts zur Sache. Du wirst es später verstehen,
in Szingold. Und wenn nicht dort, dann wirst du es nie begreifen…
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    Noch einmal tritt Hyazinth vor
den Spiegel und mustert sein ausgemergeltes Gesicht, bleicht mit geübtem Griff
die Stirn nach, deren Farbe ihm eine Nuance zu lebendig erscheint und bedauert
eine Sekunde lang, sich nicht mehr die Iris einfärben zu dürfen. Denn der
Tänzer darf nur mit Form und Bewegung sprechen. An den fast kahlgeschorenen
Schädel hat er sich allmählich gewöhnt, wenngleich ihm der Verlust der dichten,
filzigen Kringel von der Farbe verwitterter Buchenrinde gelegentlich mit Wehmut
erfüllt. Auf der Tanzfläche hingegen ist er froh, daß die asketische
Erscheinung seines Leibes, die klare Kontur seiner meisterhaft gestalteten
Sigmaposen nicht durch wild umherflatternde Locken verwischt werden.
    Heute wird er mit Rhomega um
Tauphi kämpfen. Es muß sein. Er wird dieses Mädchen, das beinahe nur aus einer
hauchzarten Seele zu bestehen scheint, dem groben Griff dieser Affenpranken
entwinden, die roh alles an sich reißen, wonach ihnen gelüstet.
    Federchen trillert traurig, als
könne sie seine Gedanken lesen. Anfangs ist sie wie zufällig zwischen Hyazinth
und Tauphi umhergeflattert, wenn beide gemeinsam tanzten, dabei hatte sie
unverhohlen versucht, das Mädchen mit den Funkenentladungen zwischen den dicken
Lippenwülsten zu erschrecken – aber Tauphi hatte nur die Hand ausgestreckt und
Federchen gestreichelt. Seitdem hat die Fadenschaumspinne jeden Sabotageversuch
aufgegeben und zeigt nur hin und wieder ihre Trauer, mit einem Stolz, der
Vergebung und Verstehen in einem ist.
    Hyazinth wird tanzen wie nie
zuvor in seinem Leben. Seit er Tauphi kennt, weiß er den Unterschied zwischen
Begehren und Liebe.
    Sie hat ihm von einem alten Inder
erzählt, dessen Schriften ihren Lebensweg bestimmten. Eigentlich hatte er sie
nie bewußt wahrgenommen, sie war für ihn immer nur das verrückte kleine Ding,
das dem großen Rhomega auf Schritt und Tritt folgte, unentwegt um einen Blick
der schwarzen Feuerkugeln flehte, die in seinen Augenhöhlen brennen, das der
Halbgott der Weiberwelt von Szingold nahm, wie es ihm beliebte und wieder
achtlos beiseite schob. Eines Tages aber hatten sie nebeneinander auf einem der
vielen Büsche aus Heidewatte gelegen, die den Sigmatänzern als Ort des
Verschnaufens dienen, und da erzählte Tauphi plötzlich, als spräche sie nur für
sich selbst.
    “… als sei die Schöpfung des
Unendlichen in endlichen Formen der Schöpfung selber Musik… Darum suchen die
echten Dichter, die Schauende sind, das All auf musikalischem Wege zu
verstehen…”
    Die Worte schienen ihm als der
Schlüssel zum Verständnis aller Kunst, und er hat sich den Namen des Mannes gut
gemerkt: Rabindranath Tagore. Aber viel mehr hat ihn begeistert, mit welcher
Melancholie das Mädchen diese Gedanken aussprach, und als er nicht den Mut
fand, Tauphi zu antworten – wohl in der Gewißheit, daß Antwort nicht erwartet
wurde – statt dessen Rhomega beiläufig fragte, wer dieses schlanke, beinahe etwas
kränklich wirkende Mädchen sei, da sagte der Kerl zynisch: “Was fragst du
gerade nach dieser? Der Schoß des Weibes ist wie das Schlüsselloch in der Tür
eines verbotenen Zimmers. Man glaubt, Geheimnisvolles zu schauen und findet
keine Ruhe, bis einem Einlaß gewährt wird – dann jedoch wendet man sich
ernüchtert ab von der Fülle der Alltäglichkeiten, welche im Zimmer angehäuft
sind…”
    Seither empfindet er starke
Antipathie gegenüber Rhomega. Oft hat er inzwischen bei Tauphi gesessen, und
die freundliche Achtlosigkeit, mit der sie ihn bedenkt – wo andere Frauen
Blicke werfen als seien es Steine – quält ihn beinahe stärker, als die Gewalt,
mit der sie dem athletischen Rhomega verfallen ist. Immerzu folgen ihre Augen
diesem Arschloch, denkt Hyazinth verärgert, und ihre Sehnsüchte sind förmlich
mit seinem Schatten verschmolzen, aber das werde ich ändern!
    Zwar durfte er noch nicht durch
das Schlüsselloch schauen, und daß ihm je Eintritt gewährt würde, daran ist
vorläufig kaum zu denken. Aber daß dieses

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