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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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traut.
    Er muß Van Zyl sehen. Und
außerdem in Tauphis Nähe sein.
    Sie hasten vorwärts. Jetzt geht
es um alles. Wenn die Airspider der Protektorgarde ihre Fahrzeuge entdeckt
haben, bleibt nur noch wenig Zeit, sich unentdeckt der Festung zu nähern. Durch
den weichen Wüstensand zu laufen kostet viel Kraft. Der Sand saugt die Energie
aus jedem einzelnen Schritt, sie versickert in ihm wie Wasser. Aber Hyazinth
besteht nur noch aus Energie, seit er Choreut Desmins Tanzhölle durchwandert
hat. Aus physischer wie geistiger gleichermaßen. Soviel kann der Sand gar nicht
verschlingen, wie in dem scheinbar ausgemergelten, aber geradezu
stählern-sehnigen Körper steckt.
    Seine Finger krampfen sich um den
Kolben der Schwereschleuder. Das erste Mal in seinem Leben trägt er eine Waffe.
Als Tremakut und Rhomega ihn durch die unterirdischen Bunker und Tunnelsysteme
führten, die wie ein weiter Ring Szingold umgeben, wußte er sich vor
Überraschung kaum zu fassen. Unter beinahe jeder Sanddüne mußte sich ein
gepanzerter Unterstand befinden, im Umkreis von vielen Kilometern war der
Wüstenboden wie ein Schwamm von Gängen und Hohlräumen durchzogen. Überall
Waffen: Strahlengeschütze, die Plasmaströme und Partikelimpulse ebenso
verschießen können wie hochenergetische Photonen des gesamten Spektrums;
Schwertransuraniumwaffen, die Projektile mit winzigen Kernladungen verschießen;
alle nur denkbaren Feldgeneratoren und Gravitationswaffen.
    Hyazinth glaubte Tremakuts
Worten, die Weltensteiner seien der Revisionsfront technisch weit unterlegen
und hätten immer wieder versucht, Spione einzuschleusen, um herauszufinden,
woran die Forschungsinstitute in Szingold arbeiteten. Vom Verteidigungsgürtel
hätten sie keine Ahnung, selbst in Szingold wüßten nur sehr wenige der Bürger,
die nicht unmittelbar im militärischen Bereich der Revisionsfront arbeiten, von
seiner Existenz.
    Die wissenschaftlichen
Forschungseinrichtungen hatten es Hyazinth angetan. Zwar gibt es auch in
Weltenstein eine Akademie der Naturwissenschaften, aber diese befaßt sich
ausschließlich mit Entwicklungsarbeiten für das Projekt Copyworld. Hier in
Szingold wird an allem herumgeforscht, was sich nur irgendwie erforschen läßt.
Die alte Universitätsstadt ist längst aus der Agonie erwacht, deren Zuckungen
die Welt erschütterten. Die meisten Leute hier arbeiten freiwillig viele
Stunden über den Feierabend hinaus, oder sie sind in zwei Berufen tätig –
einfach, weil es ihnen Spaß macht. Unfaßbar.
    Hyazinth lief mit glänzenden
Augen durch die Labors, verstand kaum die Hälfte von Tremakuts Erklärungen,
begriff nur, daß der Sitharspieler offenbar Leiter einer ganzen Institutsgruppe
sein muß und daß die Leute hier trotz ihrer bescheideneren materiellen
Ansprüche irgendwie glücklicher, ruhiger, ausgeglichener und vor allem
unvergleichlich kreativer sind, als die Märtyrer Weltensteins. Als sie ihm
Szingolds wahres Gesicht zeigten, wußte er noch nichts von der
antisteinistischen Revisionsfront. Die Begegnung mit dem Besinnler fand später
statt. So hatte er genug Zeit, sich selber eine Meinung zu bilden, was nicht
ohne Konflikte und Widersprüche vonstatten ging. Aber von diesen erzählte er
dem EXA-Kurier Coromandel Mazarin nichts. Auch als die Frau mit dem
Chrysoberyll auf der Stirn ihn lobte, weil er Kontakt zu interessanten Leuten
aufgenommen hätte, schwieg er. Nur als sie ihm den neuesten Klatsch aus
Weltenstein offenbarte, verlor er kurz die Beherrschung und kicherte
schadenfroh bei ihrer Schilderung von Berylls Unfall in einer Perzeptorzelle:
Er hatte sich wie in einem Anfall von völligem Wahnsinn beinahe selbst
erdrosselt - nur mit Mühe gelang es den Helfern, seine um den Hals gekrampften
Hände zu lösen. Und allen blieb schleierhaft, wie sich die von Copyworld
kontrollierten Arretierungsmanschetten von seinen Armen hatten lösen können...
    Einige Tage rang Hyazinth mit
sich, dann ging er zu Tremakut und erzählte von den regelmäßigen Treffen mit dem
Kurier. In die unzähligen Falten von Tremakuts Gesicht stahl sich ein feines
Lächeln.
    “Es ist gut, daß du erst jetzt
kommst”, sagte er. “Hättest du dich Rhomega oder mir früher anvertraut, wäre
mir diese Entscheidung zu schnell gefallen…” Dann erklärte er dem verdutzt
lauschenden Hyazinth, daß seine konspirativen Treffen zuverlässig überwacht
würden und ihnen jedes Wort bekannt sei, das er mit Coromandel Mazarin
gewechselt habe. Hyazinth reagierte darauf sehr

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