Copyworld: Roman (German Edition)
Vater sich Liebe
gönnte…
“Es sind immer die Kinder, die in
den Kriegen sterben”, sagt Derek. “Die jungen Männer vermodern auf den
Schlachtfeldern, bevor der erste Flaum ihre Wangen bedeckt. Aber selbst in den
alten Graubärten, die schon tausend Schlachten sahen, stirbt ein Kind mit jedem
Hieb, mit jedem Schlag, mit jedem Stoß…”
Andorgas’ Pranke legt sich schwer
auf seine Schulter. “Und mit jedem Hieb und jedem Stoß wächst die Bestie in
uns”, antwortet er dumpf.
Unheilvolle Stille füllt den
Thronsaal. Das flackernde Licht der Tranlampen läßt bizarre Schatten durch den
Saal springen, und aus dem Kamin sprühen prasselnde Funken.
Andorgas bricht zuerst das
Schweigen.
“Um auf Euren Zahnstocher zurück
zu kommen, Großherr Derek”, beginnt er. Derek aber unterbricht ihn schnell:
”Laßt den Unfug mit dem Titel, Andorgas, er ist nur Schall und Rauch…”
Andorgas grunzt wohlwollend.
“Um also von Eurem Küchenmesser
zu sprechen, lieber Derek – Achtung habt Ihr mir schon eingeflößt! Doch war es
Euer Arm, nicht die Klinge. Aber tut, wie Damma Euch geheißen, wie Euch beliebt
– der Stein ist eines solchen Mannes würdig, Eure Hand heiligt jede Waffe, und
sei es nur ein grober Prügel.”
Derek überlegt. Die wahre Kraft
der Eldridssense hat der Thar noch nicht geschaut. Zu kostbar ist der Zauber,
um ihn im Spiel zu verschwenden, nicht einmal im Kampf mit dem Holl hat er die
Kraft der Urmutter beschworen.
Doch soll Andorgas wissen, wie
sehr er sich irrt.
“Fedder! Meine Leibsense!” ruft
Derek. Sekunden später erscheint der hagere Knecht mit der Waffe.
Derek packt den Schaft aus
Schneebuchenholz, den Eldrid einst im Schlote des Berges Attanai härtete, und
geht zur Mitte des Thronsaales, wo die farbigen Malachitstreifen wie die
Strahlen eines Sternes aus einer hellgrünen Smaragdplatte brechen. Dann
schließt er die Augen und hebt die Waffe.
“Große Urmutter Ealthea”,
flüstert er schuldbewußt, “verzeih meinen Leichtsinn. Nur ganz wenig brauche
ich von der Kraft, die du über Eldrids Hände in die Klinge banntest. Nur
soviel, daß Andorgas die Sense als eines Herrschers würdig anerkennt…” Jedoch
denkt er dabei viel mehr an Prinzessin Damma, und ganz von ferne glaubt er
Ealtheas herzliches, verständnisvolles Lachen zu hören – doch war es wohl der
Wind, der zwischen die Eiszapfen fuhr, die von den Dächern des Palastes hängen.
Ein sanftes Glühen hüllt die
Klinge ein, als Derek sich aus der Erstarrung löst. Mit heimlicher Genugtuung
sieht er, wie Andorgas sich überrascht die Augen reibt.
“Was soll ich spalten, Andorgas,
den Fels des Berges Attanai oder die Mauern des Palastes?” fragt er befriedigt.
“Noch etwas besseres weiß ich, Euch restlos zu bekehren. Schaut her!” Derek
geht an die Tafel und hebt die Leibsense.
Wie ein Blitzstrahl zischt die
Klinge durch die Flamme des Tischleuchters. Flackernd löst sich das Feuer vom
Docht und schwebt wie eine Feder durch die Luft.
Ein zweites Mal läßt Derek die
Klinge wirbeln und das Flämmchen stiebt in tausend Funken auseinander.
“Welch Schwert der Welt kann
ebenso das Feuer spalten?” fragt er gelassen.
Andorgas nickt verblüfft. Dann
aber sagt er: “Ich kenne ein solches Schwert. Doch mögen beide Klingen niemals
aufeinanderklirren!” Dabei schielt er zu Damma hinüber, die dem Schauspiel mit
hochgezogenen Augenbrauen gefolgt ist.
“Das Schwert Thar!” stößt Derek
hervor. “Erzählt mir davon!”
Andorgas senkt den Kopf und
schweigt. An seiner Stelle spricht Damma. “Ein Wort schon kann das Heiligtum
der Thar entweihen, Großherr Derek. Für ewig muß es Fremden ein Geheimnis sein.
Doch weiß ich eine Sprache, die der Worte nicht bedarf. Wenn Ihr verstehen
könnt, so hört.”
Flink schiebt sie sich die Hülsen
über die Finger und beugt sich über das Ghamellan.
Wie eisige Perlen fallen die Töne
in die stille Wärme des Thronsaals. Voller Erhabenheit klingen sie auf, als sie
auf die leere Dunkelheit prallen, und verwandeln sich in zischende Schreie,
wenn sie die Flammen der Tranlampen berühren. Ein mächtiges Gebilde wächst aus
den sich verschlingenden metallischen Tönen, wie ein gleißendes Band will es
Derek scheinen. Mit gräßlichem Getöse dringt es in seine Gedanken, und nun
sieht er es ganz deutlich: Ein gewaltiges, strahlendes Schwert, wie aus
reinstem Sonnenlicht geschmiedet…
Zuerst wußten die Niedrigen kaum
von
den Herrschern
Später drängten sie sich um
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