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Copyworld: Roman (German Edition)

Copyworld: Roman (German Edition)

Titel: Copyworld: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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wie ein fetter Nasenfrosch:
“Prinzessin Damma von Tsalla, Gesandte König Jorx’, Erste Hüterin des Heiligen
Schwertes Thar!”
    Das sagenumwobene Schwert Thar,
denkt Derek, gibt es diese wunderbare Klinge wirklich? Warum führt Damma nur
die kurze Keule, wenn sie die Herrin über das Heiligtum ihres Volkes ist? Ich
werde sie danach fragen.
    “Erzherr Andorgas!” dröhnt der
Hofalkalde. “Oberster Wächter des Turmes der Steine, Hüter der Rubinkrone, Hand
und Herz des Reiches Tsalla!”
    Derek bemerkt, wie Damma ihrem
Onkel ein Zeichen gibt. Darauf wankt Andorgas drei Schritte voran, sichtlich um
Haltung bemüht, und beugt erneut das Knie.
    Derek erhebt sich und breitet die
Arme aus zur rituellen Geste des Willkommens.
    “Nehmt dieses Kleinod als Gruß
meines königlichen Bruders”, sagt Andorgas heiser und entnimmt einer runden
Schatulle einen rotfunkelnden Kristall, so groß wie eine Männerfaust. “Es ist
das versteinerte Blut meines Volkes, mit dem die Gier der Menschen den Boden
Tsallas tränkt. Schmerz und Leid lassen es zu Stein gefrieren, und der Haß auf
unsere Peiniger treibt es als gläsernen Fels aus dem Boden, bis hoch in die
Wolken hinein, so unendlich ist unser Haß…”
    Schnell springt Derek die Stufen
des Thrones hinab und greift nach dem glühenden Rubin, alle höfische Etikette
vergessend und sich der Unangemessenheit solcher Hast völlig unbewußt.
    Ein Kristall vom Turm der Steine!
Das also ist es, was Heerscharen von Eindringlingen nach Tsalla lockt.
    Feurige Funken spritzen bei jeder
Bewegung aus dem Edelstein. Ja, wie Blut, wie frisches rotes Menschenblut!
denkt Derek und läßt die Hand beschämt sinken.
    Ein kaum wahrnehmbares Geräusch,
wie leises Stöhnen, schwingt durch den Thronsaal. Verwirrt blickt Derek auf und
sieht, daß den Kopf tief gesenkt hat. Ihre Schultern beben unmerklich, und fast
glaubt Derek, wieder ein unterdrücktes Stöhnen zu hören. Es durchfährt ihn wie
ein Leibsensenstoß. Ihm bleibt kaum Zeit, nach dem Ursprung dieses Gefühls zu
fragen, das plötzlich wie eine stürmische Woge in ihm aufschießt, mit einer
gespenstischen, ungewohnten Macht. Er tritt zu ihr, seine Finger zittern
unmerklich, als er ihre Hand greift und fragt: “Was ist Euch, Prinzessin?
Sagt, wie kann ich Euch helfen?”
    Damma blickt auf, und Derek sieht
so tiefe Trauer im Glanz ihrer roten Augen, daß es ihm fast den Atem nimmt. Aus
Stein sei das Herz der Prinzessin Damma, erzählten die Händler, die aus Tsalla
zurückkehrten, so hart wie der unentwegt in den Himmel wachsende Rubinfelsen.
Und so war auch Derek der Überzeugung, der leibhaftigen Göttin des Krieges
hätte nie eine einzige Träne die Wangen befeuchtet. Aber es ist doch kein
Widerspruch, denkt er, das Blut ihres Volkes wächst als Rubin aus Tsallas Erde,
und so ist es doch auch das Blut der gemordeten Menschen, aus dem ihr Herz
gemacht ist.
    Doch Damma wendet sich sogleich
ab und faucht: “Schaut mich nicht an, Großherr Derek! Wenn Ihr mich schon
demütigen müßt, indem Ihr Eurer Gier die Zügel schießen laßt, dann verzichtet
wenigstens auf den Triumph. Den Stein nur saht Ihr, nur den Stein!”
    “Damma, Kind! Du täuschst dich!”
Andorgas ist hinzugetreten, und seine Stimme hat die Macht des Weins gebrochen,
wie es scheint. Ein wenig rauh noch scheint sie Derek, der verwundert auf den
Thar blickt, doch ist auch so viel Wärme in dem Klang, daß Derek wiederum sich
fragt, wie wohl ein Onkel seine Nichte lieben kann, die überlegen ihm an Rang
und so viel schwächer doch an Weisheit ist. Immer noch hält er Dammas Hände,
und ihr Widerstand läßt spürbar nach.
    “Schweig, Onkel Andorgas!”
befiehlt sie matt, “er sah nur auf den Stein wie alle, die es nach dem Glanz gelüstet,
der Tod und Elend über uns gebracht!”
    “Wie ein Knabe greift er nach dem
Stein – verzeiht Großherr, was soll ich heucheln! – wie ein Knabe, der das
Wunder selbst in Händen halten will, es zärtlich streicheln, sein Geheimnis zu
erfragen! Es war doch nicht der Griff des Räubers, der rauh und gierig an sich
reißt, damit den Zauber aller Schönheit er in Kisten und Schatullen bergen
kann! Du irrst, Kind!”
    Derek schwirrt der Kopf. Was hat
er angerichtet! Sein Ungestüm bringt nur Unglück.
    Als er den Hofalkalden schüchtern
hüsteln hört, wird ihm dunkel bewußt, wie wichtig all die Regeln werden können,
nach denen sich das Handeln und das Denken richtet, der Kodex des Palastes.
Hätte er sich die Würde bewahrt, statt

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