Coq 11
Flotte eine Ungeheuerlichkeit.
Kapitän zur See Martin L. Stevenson und seine Verteidiger gaben alles zu. Die Verteidigung bat jedoch darum, ein Tonband vorspielen zu dürfen, das im Verlauf des Kampfes zwischen der USS Jimmy Carter und dem feindlichen U-Boot aufgenommen worden war. Der Richter bewilligte den Antrag.
Admiral Vern Clark schloss die Augen und lehnte sich nach vorn, um besser verfolgen zu können, was passierte, während das Tonband abgespielt wurde. Kapitän zur See Stevenson erklärte den uneingeweihten Zuhörern bedachtsam die verschiedenen Geräuscheffekte.
Zuerst war zu hören, wie sich die beiden Torpedos vom Typ Gould Mk 48 ADCAP von der USS Jimmy Carter lösten.
Hierbei handelte es sich um den modernsten und tödlichsten Torpedotyp der amerikanischen Flotte, der innerhalb von zehn Sekunden auf fünfzig Knoten beschleunigen konnte. Da aus geringer Entfernung geschossen worden war, hätten sie für das feindliche U-Boot den fast hundertprozentig sicheren Tod bedeuten müssen. Nun waren wieder Geräusche zu hören, zwei kleinere und vermutlich noch schnellere Torpedos, die sich geradewegs auf die feindlichen Torpedos zubewegten. Dann die beiden Explosionen.
Nun folgte der meistgefürchtete Ton in der Geräuschdatenbank der amerikanischen Flotte, der typische und vollkommen andersartige Klang, den ein Schkwal in seiner Kavitationsblase erzeugte, wenn er auf seine Höchstgeschwindigkeit beschleunigte. Dann das Geräusch, das entstand, als der Bug der USS Jimmy Carter getroffen wurde. Die geringe Entfernung – die sich nicht der Feind, sondern die man sich selbst ausgesucht hatte – verringerte die Zeit zwischen Abschuss und Treffer auf weniger als zehn Sekunden.
Das Seltsame war der Aufprall. Es war keine Explosion zu hören, sondern ein langgezogenes Krachen, als der zwei Tonnen schwere Torpedo einen Abschnitt der USS Jimmy Carter nach dem anderen durchschlug. Ohne Sprengstoff. Gewicht und Geschwindigkeit erledigten die Arbeit von selbst.
Anschließend die unheimlichen Klänge, die ein zerstörtes U-Boot erzeugt, wenn es in einer wirbelnden und dröhnenden Wolke von Luftblasen sinkt und dabei auseinanderbricht.
»Danke! Das reicht!«, befahl Admiral Clark. »Das ist also der Augenblick der Wahrheit, Kapitän Stevenson. Oder nicht? In diesem Moment hätten Sie das Feuer auf die Schweine eröffnen müssen. Warum haben Sie gezögert? Überlegen Sie sich gut, was Sie sagen!«
»Ja, Sir, danke für den Ratschlag, Sir!«, antwortete der U-Boot-Kommandant mit trockenem Mund und trank einen Schluck Wasser, bevor er fortfuhr. »Ich habe den Befehl zum Angriff auch gegeben, aber da hatten wir den Gegner bereits aus den Augen verloren.«
»Das klingt unglaubwürdig. Haben Sie nicht aus einer absolut sicheren Position gefeuert?«
»Ja, Sir. Aber einige Sekunden später verschwand der Feind hinter einem Klangvorhang, den ich in Ermangelung eines besseren Begriffs als akustische Desinformation bezeichnen muss. Darf ich noch etwas von dem Tonband vorspielen?«
Seiner Bitte wurde stattgegeben. Es folgte eine kurze, äußerst verblüffende Vorführung. Plötzlich klang es, als führe in nächster Nähe und mit hoher Geschwindigkeit ein U-Boot mit Dieselmotor vorbei. Anhand der Geräuschdatenbank ließ sich später feststellen, dass es sich um ein israelisches U-Boot hätte handeln müssen. Als dieses verschwunden war, tauchte ein weiteres U-Boot mit Dieselantrieb auf, welches türkischen Ursprungs war; es schien Richtung Küste zu fliehen, wo die USS Jimmy Carter gesunken war.
Das konnte nur eins bedeuten. Man war auf höchst avancierte Art und Weise manipuliert worden und hätte unter diesen Umständen kein Ziel anpeilen können.
Unmittelbar darauf war der Anruf gekommen. Diese Behauptung erweckte eine gewisse Heiterkeit und Verwirrung im Saal, bis Kapitän zur See Stevenson erklärte, was die Marineoffiziere, die auf herkömmlichen Schiffen und im Marinestab Dienst taten, nicht wissen konnten. Man konnte problemlos von einem U-Boot zum anderen telefonieren, für diese Art der Kommunikation gab es sogar spezielle Frequenzen. Und dieser Anruf kam direkt auf der gängigsten NATO-Frequenz.
Das Kriegsgericht gestattete, das Telefongespräch in voller Länge abzuspielen. Die Spannung stieg spürbar, während der Anwalt und Leutnant sich mit dem Tonbandgerät abmühte.
»Hier spricht Vizeadmiral Hamilton, Oberbefehlshaber der palästinensischen Flotte. Kommandant der USS Alexandria, bitte kommen.
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