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Coq 11

Coq 11

Titel: Coq 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillou
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der Offiziere kein Halten mehr. Sie hüpften herum und klatschten sich ab. Der alternde Admiral, der bereits auf dem Weg zur Tür war, drehte sich um und wies sie streng zurecht.
    »Meine Herren! Vergessen Sie nie, dass Sie Offiziere der Flotte der Vereinigten Staaten von Amerika sind, und benehmen Sie sich dementsprechend!«
     
    Soweit sie sich erinnern konnte, hatte Condoleezza im Erwachsenenalter erst ein einziges Mal geweint. Es war nicht am 11. September gewesen. An diesem Tag hatte sie nüchtern, gefasst und entschlossen reagiert. Am Tag darauf aber war sie spät abends allein in ihre Wohnung zurückgekehrt und hatte den Fernseher eingeschaltet. Vor dem Buckingham Palace in London hatte sich ein großer Trauerzug formiert, der die britische Solidarität mit den vom Terror gepeinigten USA zum Ausdruck bringen sollte. Eine schottische Militärkapelle spielte auf Dudelsäcken die amerikanische Nationalhymne. Da erst war es plötzlich zu viel für sie geworden, und sie hatte die Fassung verloren.
    Nun empfand sie plötzlich etwas Ähnliches. Mit göttlicher Ironie schien sich alles zu wiederholen. Diesmal konnte sie ihre Rede vor den Töchtern der Amerikanischen Revolution , einer extrem blutrünstigen Organisation, zu Ende bringen, bevor ihr Staatssekretär sie in den unterirdischen Fluren des Hotels abfing und ihr zuflüsterte, sie müsse dringend in den Nationalen Sicherheitsrat kommen, da man vor der südafrikanischen Küste ein Seawolf-U-Boot vermisse. Condoleezza Rice bat darum, dass man sie auf der Rückbank der Limousine allein ließ.
    Zum zweiten Mal in ihrem Leben als erwachsene Frau verlor sie die Fassung und weinte. Es musste sich eine Katastrophe ereignet haben. Sie wusste genau, dass man keine Seawolf vermisste. Eine Seawolf verfügte über eine bessere Sendetechnik als ein moderner Fernsehsender. Die Vereinigten Staaten von Amerika hatten wieder einmal eine fatale Niederlage einstecken müssen und waren auf dem besten Weg, sich in einen zornigen Riesen zu verwandeln, der wild um sich schlug.
    Zu allem Überfluss wurde das Weiße Haus seit einigen Tagen von den Medien belagert. Man hätte auch sagen können, das Weiße Haus stand unter Beschuss. In erster Linie war ihnen der eigene Dreck um die Ohren geflogen.
    Es hatte damit begonnen, dass der neue Pressesprecher, Tony Snow, ein angeblicher Glücksgriff, den man von Fox Television, dem Lieblingssender des Präsidenten, abgeworben hatte, sich mehrfach dahingehend geäußert hatte, das Terror-U-Boot werde von einer notorischen Judenmörderin, einem psychisch gestörten Amokläufer sowie einem vom russischen Präsidenten Putin be­sonders geschätzten U-Boot-Kapitän kommandiert. Eine Bande von geisteskranken Killern. Das Schlimmste war, dass er diese Worte dem Präsidenten in den Mund gelegt hatte.
    Die Aussage erwies sich als Drachensaat mit ungeahnten Folgen. Denn das Exklusivinterview, das »der psychisch gestörte Amokläufer« Admiral Hamilton 60 Minutes gegeben hatte, war Wasser auf die Mühlen der investigativen Journalisten gewesen. Diesen Mann hatte die Regierung der Vereinigten Staaten über ein Jahrzehnt geschützt, er hatte sogar vom Zeugenschutzprogramm des FBI profitiert, trug nachweislich ein Navy Cross und hatte mit Mouna al-Husseini persönlich – in Kooperation mit den amerikanischen Streitkräften! – eine Operation durchgeführt! Die nötigen Hintergrundinformationen hatten die Journalisten innerhalb weniger Tage ausgegraben, jede Enthüllung war peinlicher als die vorangegangene. Am schlimmsten war, dass diese Nestbeschmutzer leichter als je zuvor an Quellen in der Regierung, im neuen und dem Präsidenten feindlich gesonnenen Kongress und sogar im Pentagon herankamen. Das Ganze glich einer Revolte. Die blutrünstige Horde von Journalisten war nicht zu stoppen.
    Man brauchte sich nicht mehr zu fragen, welches Superhirn diese »weiche« Angriffswelle organisiert hatte. Man musste sich nur ein einziges Mal das Interview mit Vizeadmiral Hamilton bei 60 Minutes anschauen. Fast beiläufig, als wäre es ihm gar nicht bewusst, hatte er den Journalisten Leckerbissen hingeworfen, die die Meute von dem Terror-U-Boot ablenkte. Stattdessen waren alle über die Regierung hergefallen.
    Und nun ein vermisster Seawolf mit mehr als einhundertdreißig Männern an Bord. Das modernste und effektivste Atom-U-Boot, das die Vereinigten Staaten je vom Stapel gelassen hatten. Vermisst! Und was war mit dem Kernreaktor an Bord? Verseuchte der nun

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