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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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Überwachung besser auf den Eingang des Reisebüros in der Karl Johan Gate konzentrieren als auf den Hoteleingang in der Rosenkrantz Gate?
    Irgend etwas tat der Mann dort oben jedenfalls, es konnte alles mögliche sein, allerdings telefonierte er nicht. Der Mann dort oben war kein nervöser kleiner Dealer. Hier war es anders, hier wurde nicht mehr Räuber und Gendarm gespielt, wo die Polizei fast immer gewinnt.
    Und falls die Pilotentasche des Mannes nun etwas anderes enthielt als Kleidung und Zahnbürste und Rasierapparat und Newsweek? Sagen wir sechs bis sieben Kilo TNT; eine solche Ladung, richtig plaziert, würde das ganze Hotel in die Luft jagen.
    Nein, das würde nicht passieren. Da jetzt tatsächlich Befehl gegeben worden war zu suchen, würden die Techniker mühelos jeden Sprengstoff finden.
    Der einzige Vorteil des Sicherheitsdienstes bestand im Augenblick darin, daß der Mann nichts von der Überwachung wußte. Oder doch? Warum sollte ein Profi nicht von dieser Möglichkeit ausgehen? Vielleicht war dies alles ein Scheinmanöver, aus dem sich später nie ein Beweis machen ließ.
    Vielleicht sollte dieses Objekt Nummer 17 nur die Aufmerksamkeit auf sich lenken und sich verfolgen lassen; der Mann war ja sogar unter eigenem Namen abgestiegen.
    Plötzlich stand der Mann vor dem Hoteleingang, die Hände in den Taschen der grünen Jägerjacke. Die schwarze Tasche hatte er nicht bei sich, obwohl er jetzt offenbar das Hotel verlassen wollte. Also TNT? Nein, warum sollte er dann nicht die leere Tasche bei sich haben?
    Es sah aus, als betrachtete er das Wetter. Er blickte zum Dach und dem Oberteil der Fassade des Grand Hotel hoch. In Wahrheit hatte er wohl eher die umliegenden Straßenecken in Augenschein genommen. Dann knöpfte er nachdenklich seine Jacke zu.
    Hestenes hatte zur stummen Verblüffung seiner Tischnachbarn die Nachricht über Funk weitergeleitet (»B2 an B1 und 3 - Der Fuchs auf dem Weg nach draußen«) - und verließ dann das Lokal, während das Objekt gleichzeitig schräg über die Straße ging, direkt auf das Fenster zu, an dem Hestenes noch vor wenigen Sekunden gesessen hatte.
    Hestenes stand am Eingang des Grand Hotel und sah das Objekt aus wenigen Metern Abstand an sich vorbeigehen.
    So, jetzt werden wir mal sehen, ob du mich abschütteln kannst, dachte Hestenes, während er sich entschlossen seinen Mantel anzog und ein paar schnelle Schritte auf die Straße machte, worauf er sofort wieder in den Hoteleingang zurückstürzen mußte.
    Das Objekt war an einem Schaufenster gleich neben dem Hoteleingang stehengeblieben. Es gehörte zu einem Uhrengeschäft, das eine beachtliche Kollektion der bei weitem teuersten Rolex-Uhren Oslos führte; sie lagen im Fenster als eine schreiende Aufforderung an motorisierte Diebe, Ziegelsteine zu werfen und anschließend gewisse Hehlereiprobleme zu bekommen (die teuersten Uhren kosteten an die 2.00000 norwegische Kronen). Immer wenn Hestenes an diesem Schaufenster vorbeikam, blieb er stehen und sah sich die Uhren an. Einerseits entrüstete sich der Polizist in ihm, weil ihm diese Zurschaustellung wie eine Aufforderung zu einem Verbrechen vorkam, andererseits regte er sich als armer Bauernsohn vom Vestlandet bei dem Gedanken auf, daß es Landsleute gab, die Armbanduhren im Wert von zwei unversteuerten Jahresgehältern eines jüngeren Sicherheitspolizisten mit sich herumtrugen.
    Aber jetzt mußte Hestenes zu einem schnellen Entschluß kommen. Es ging nicht an, noch mal auf die Straße zu hüpfen und dann wieder umzukehren.
    Er durfte auch nicht stehenbleiben und das Objekt aus den Augen verlieren.
    Er hatte es mit einem Profi zu tun und durfte nicht zögern.
    Er trat hinaus und überquerte die Straße rasch in Richtung Stortinget. Als er die Auffahrt des Storting erreichte, blieb er stehen, bückte sich und »schnürte sich den Schuh zu«, während er nach dem Objekt Ausschau hielt.
    Das Objekt war nicht zu sehen.
    Hestenes drehte sich um, stand auf und griff mit einem Gefühl von Verzweiflung oder Angst, beichten zu müssen, daß es ihm gelungen war, den gestrigen Rekord zu schlagen, nach dem Funksprechgerät. Es konnte doch nicht sein; niemand kann sich einfach so in Rauch auflösen.
    Im selben Moment, in dem er auf den Sendeknopf drückte, sah er die grüne Jacke in einer kleinen Menschenmenge vor Christian Kroghs Standbild.
    Das Objekt sprach mit zwei Personen, die Flugblätter verteilten und mit Sammelbüchsen klapperten. Die beiden jungen Leute hielten eine Flagge

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