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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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einem fahrbaren Blumenstand (Arne Dalens Gärtnerei und Gartencenter; die Verkäuferin wurde noch am selben Abend mit negativem Ergebnis verhört; sie erinnerte sich nicht mal an das Gesagte oder daran, ob norwegisch oder schwedisch gesprochen worden war).
    Das Objekt steuerte geradewegs auf das große Warenhaus Glasmagasinet zu, wo das Weihnachtsgeschäft in vollem Gang war und wo sich Tausende von Menschen drängten und in Mengen hinein und hinausströmten. Es war ein idealer Treffpunkt für einen schnellen Kontakt.
    Also. Hier handelte es sich nicht um irgendwelche kleinen Gauner, hier ging es um Leute, die ihr Handwerk beherrschten.
    Hestenes gab seinen Kollegen per Funk die neue Position durch und bat den Kollegen Atlefjord, bei der Zentrale die Reservegruppe anzufordern. Ein Warenhaus im Weihnachtsgeschäft läßt sich nicht mit drei Mann abdecken.
    Die Verfolgung eines Menschen in einem Warenhaus kann schon schwierig genug sein, auch wenn das Fahndungsobjekt völlig unerfahren ist. Und wenn man einen Profi jagt, kann sich die Situation schnell zu einem Alptraum von Peinlichkeiten und unmöglichen Situationen entwickeln, und Hestenes’ düstere Vorahnungen wurden schon bestätigt, als sich beide, er und das Objekt, im Erdgeschoß des Warenhauses befanden.
    Das Objekt legte keinerlei Eile, Ungeduld oder Nervosität an den Tag. Der Mann hielt sich lange bei den Vitrinen mit Kristallglas und Vasen auf.
    Hestenes’ Problem bestand darin, daß man durch die Vitrinen hindurchsehen konnte und daß sie überdies voller Spiegel waren, die eine wirkliche Kontrolle über die tatsächliche Blickrichtung des Objekts unmöglich machten. Außerdem mußte Hestenes ziemlich nahe an dem Mann dranbleiben, um ein eventuelles Signal oder einen Kontakt zu observieren, und während er das Objekt anstarren mußte, mußte er sich gleichzeitig den Anschein geben, als betrachtete er Gläser und Vasen in einer Preislage, von der er nicht einmal träumen konnte.
    Bei einer Gelegenheit waren die beiden Männer nur vier Meter voneinander entfernt. Das Objekt hielt ein Weinglas in der Hand und schien tief in den Anblick des geschliffenen Musters versunken zu sein. Der Mann sah entspannt und völlig natürlich aus.
    Der Mann dort in grüner Jägerjacke und Cordhose mit der weißen Plastiktüte, die drei Sträuße mit verschiedenfarbigen Strohblumen enthielt, sah wie irgendein x-beliebiger Skandinavier aus, jedoch mehr wie ein Sportler oder Freizeitmensch als wie ein politischer Intellektueller, war also eher Norweger als Schwede. Nichts an ihm gemahnte auch nur entfernt an einen Terroristen. Möglicherweise wirkte das Weinglas, das er jetzt gegen das Licht hielt, etwas unmarxistisch, weil es einen breiten Goldrand hatte und blitzende, geschliffene Muster.
    Sie standen jetzt drei Meter voneinander entfernt, hatten aber ein paar Glasvitrinen und mehrere spiegelnde Wände zwischen sich; es gab keine direkte Blickrichtung zwischen ihnen, aber Roar Hestenes sah dem Terroristen über einen Spiegel in der Vitrine mit den goldgeränderten Gläsern ins Gesicht.
    Der Terrorist wandte den Blick plötzlich von dem Glas ab, blickte direkt in den Spiegel und begegnete dem Blick von Roar Hestenes. Es konnte kaum mehr als eine Sekunde gewesen sein, aber Hestenes würde dieser Moment für immer wie eine Unendlichkeit vorkommen.
    Der Terrorist lächelte fein. Fast unmerklich tat er, als prostete er Hestenes zu. Dann verschwand er. Übrig blieb das Glas.
    Roar Hestenes war zehn Meter vom nächsten Ausgang entfernt, und diesen Weg hatte der Terrorist jedenfalls nicht genommen. Hestenes fühlte, wie er ins Schwitzen geriet.
    Er konnte nur eins tun, auch wenn es peinlich war. Er begab sich ins Gedränge, traf draußen auf die kühle Luft, die er als Trost empfand, und teilte über Funk mit, daß einer der Kollegen im Warenhaus übernehmen müsse, da er selbst Gefahr laufe, observiert zu werden. Atlefjord befand sich schon im Warenhaus, hörte die Mitteilung in seinem Kopfhörer, und es gelang ihm rasch, das Objekt zu orten. Es ist aber eine teuflische Arbeit, in einem Warenhaus einen Profi zu verfolgen. Wenn es nur darum geht, eine kurze Mitteilung zu übergeben, läßt sich das ohne jeden persönlichen Kontakt machen. Das Objekt steht zu einem exakt verabredeten Zeitpunkt an einem verabredeten Ort, und wenn es bei dieser Gelegenheit drei Knöpfe seiner Jacke zugeknöpft hat statt nur einen oder zwei, übermittelt er eine Nachricht an eine Person, die das Objekt

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