Coq Rouge
hoch, die Hestenes wohlbekannt war. Grün, Weiß, Rot und Schwarz - die Palästinenser-Flagge.
Hestenes meldete es über sein Funkgerät. Kollege Atlefjord sollte die beiden jungen Leute mit den Sammelbüchsen fotografieren. Er mußte ja ganz in der Nähe sein.
Hestenes gab seine Position durch und erreichte Atlefjord, der sich im Augenblick vor dem Eingang des Grand Hotel befand. Sie nickten sich zu.
Die Jagd ging weiter. Atlefjord fotografierte erst, ging dann zu den jungen Leuten hinüber und nahm sich eins der Flugblätter. (Wie sich später herausstellte, enthielt das Flugblatt nichts, was sich unmittelbar mit Terrorismus in Verbindung bringen ließ. Es enthielt drei Textpassagen mit den Überschriften:
VERTEIDIGT DIE UNABHÄNGIGKEIT DER PLO SCHLIESST EUCH DER SOLIDARITÄTSARBEIT AN UNTERSTÜTZT DIE HILFSKOMITEES DER PLO
Ferner wurde für etwas geworben, was man ein Solidaritätskonzert mit Tanz in dem Studententreff Château Neuf nannte; nichts davon hatte für die Fahndungsarbeit auch nur die geringste Bedeutung, aber die beiden jungen Leute, die kurz mit dem Objekt gesprochen hatten, konnten jetzt vorschriftsmäßig ins Sympathisantenregister aufgenommen werden, da die Bedingung in Paragraph 4, letzter Absatz, der Anweisungen für den Sicherheitsdienst erfüllt war, nämlich: »Eine Mitgliedschaft in einer legalen politischen Organisation oder legale politische Betätigung bildet allein noch keine Grundlage für die Einholung und Speicherung von Erkenntnissen.«
(Mit einem Terroristen zu sprechen war mehr als »allein«.) Hestenes setzte die Jagd fort.
Auf den nächsten beiden Straßenblocks nahm das Objekt mit niemandem Verbindung auf. Hestenes folgte ihm auf der anderen Straßenseite. Das Objekt sah sich nicht um, nicht einmal bei den zwei oder drei Gelegenheiten, bei denen es stehenblieb, um sich Schaufenster anzusehen.
Oder?
Nein. Roar Hestenes hatte immerhin ganze vier Jahre als Fahnder bei der Kripo und beim Drogendezernat gearbeitet. Wer vor einem Schaufenster stehenbleibt, um sich in der Spiegelung des Glases die andere Straßenseite anzusehen oder die Umgebung zu beobachten, verrät sich durch sein unnatürliches Verhalten; man merkt ihm an, daß er etwas anderes betrachtet als die Auslagen.
Der Spaziergang ging gemächlich ein paar Straßenblocks weiter. Plötzlich lief das Objekt quer über die Straße auf die Seite, auf der sich Hestenes befand, und betrat Oppegärds, einen Laden, in dem Stickereien verkauft werden, geflochtene Körbe und zu dieser Jahreszeit außerdem noch Weihnachtsschmuck.
Hestenes zögerte. Der Laden war so klein, daß man ihn nicht betreten konnte, ohne aufzufallen. Und er hatte es hier mit einem Profi zu tun, von dem zu erwarten war, daß er alle Personen in seiner Umgebung gespannt beobachtete. Wenn man sich offen zeigte, wäre die Gefahr allzu groß, daß der Mann einen später wiedererkennen würde. Andererseits hatte das Objekt jedoch kaum einen natürlichen Grund, einen Laden mit Stickereien und Weihnachtsschmuck zu betreten.
Hestenes gab über Funk seine Position durch. Anschließend näherte er sich entschlossen dem nächstliegenden Schaufenster. Er konnte in den Laden hineinsehen.
Das Objekt sah sich einige Sträuße mit Strohblumen an, ohne auch nur einmal den Blick zu heben und den draußen stehenden Hestenes anzusehen.
Außerdem war der Laden hell erleuchtet, und es war nicht sonderlich wahrscheinlich, daß man in dem diffusen Dezemberlicht jemanden auf der Straße erkennen konnte.
Das Objekt wählte drei Sträuße mit Strohblumen aus, einen roten, einen grünen und einen blauen, wie Hestenes notierte, und reihte sich darauf in die Schlange vor der Kasse ein, um zu bezahlen. Die übrigen Personen in der Schlange waren ohne jeden Zweifel gewöhnliche norwegische Bürger und zudem ausschließlich Frauen mittleren Alters.
Hestenes konnte das Objekt in der Kassenschlange ständig im Auge behalten. Dort wurde definitiv kein Kontakt aufgenommen.
Das Objekt trat mit den Sträußen in einer weißen Plastiktüte mit rotem Weihnachtsdekor auf die Straße und setzte den Weg in Richtung Stortorvet fort.
Hestenes dachte nach.
Die Blumensträuße ließen sich als Erkennungssignale verwenden, teils einzeln, teils durch eine Kombination von Farben. Aber jetzt waren sie in der Plastiktüte verborgen.
Das Objekt ging schnell von der Kreditkasse zu den Blumenständen auf dem Stortorvet hinüber, hielt inne und wechselte ein paar Worte mit einer Verkäuferin an
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