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Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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sagte er, »laß das Gerät eingeschaltet. Ich lasse von mir hören, sobald die Lage im Haus unter Kontrolle ist.«
    Dann zog er seine Jacke aus und verschwand in der Dunkelheit.
    Fristedt lieferte seinen vorläufig festgenommenen und inzwischen nicht mehr unter Schock stehenden Fang bei den diensthabenden Kriminalbeamten ab. Er nahm Arnold Ljungdahl schnell beiseite und erklärte ihm die Lage. Während sie die nächste Maßnahme besprachen, warteten sie darauf, daß der diensthabende Staatsanwalt die Taschen des Festgenommenen leeren würde, der sich jetzt lautstark über Polizeibrutalität und »rechtswidrige Morddrohungen« beklagte. Anschließend schleppten ein paar Mann den Festgenommenen zu einer Haftzelle und schlossen ihn ein.
    Ljungdahl entschied, man müsse die Sondereinheit alarmieren. Das werde einige Zeit erfordern, aber die Situation sei unleugbar dringlich.
    Unterdessen würden sie selbst und ein paar der diensthabenden Beamten sich zur Villa in Täby begeben.
    Carl hatte sich der Villa von der Rückseite her genähert. Jemand hatte im Erdgeschoß Licht gemacht. Im ersten Stock war ein Fenster geöffnet. Das kam Carl merkwürdig vor. Der Erdboden war mit einer dünnen Schneeschicht bedeckt, und es waren einige Grad unter Null. Kein Mensch aus dem Nahen Osten würde bei dieser Temperatur bei offenem Fenster schlafen.
    Unter dem Fenster befand sich das Dach eines Anbaus, zu dem ein kurzes Fallrohr hinaufführte. Carl hielt diese Ecke des Hauses für geeignet, einmal, weil er hier ins Haus gelangen konnte, zum andern, weil dies der einzige Winkel war, aus dem er sich der Villa nähern konnte, ohne von jemandem gesehen zu werden, der möglicherweise hinter einem der dunklen Fenster stand. Als er an der Ecke des Hauses angekommen war, blieb er stehen und lauschte. Er meinte, drinnen unterdrückte Schreie zu hören. Er spürte, wie sich sein Puls beschleunigte, als er daran dachte, was jetzt unweigerlich bevorstand. Die Operation hatte schon begonnen. Sie waren schon im Haus.
    Er überlegte, ob er Appeltoft bitten sollte, Hilfe zu holen, ob die Beamten die Zeit finden würden, das Haus zu umstellen, und so weiter. Nein, die Männer würden zu spät kommen. Niemand würde ihn dafür tadeln, wenn er es unter diesen Umständen vorzog, abzuwarten. Aber was hatte dann seine Ausbildung für einen Sinn? Wie würde er vor sich selbst dastehen?
    Es ist unklar, inwieweit ihm diese Fragen überlegt durch den Kopf gingen.
    Nachträglich erinnerte er sich kaum noch an diesen kurzen, eisigen Moment des Zögerns.
    Er kletterte rasch und lautlos auf den Anbau und stellte sich neben das offene Fenster, während er gleichzeitig seinen Revolver zog und den Hahn spannte.
    Hinter dem Fenster war es still, aus dem Erdgeschoß hörte er dagegen deutlich Schreie und Lärm. Carl holte tief Luft und schwang sich schnell durchs Fenster, darauf gefaßt, daß es das letzte sein würde, was er im Leben tat.
    Der Raum war leer und dunkel. Es war ein Schlafzimmer. Er erkannte ein paar ungemachte Betten und einige umgestoßene Stühle. Die Tür zu dem, was ein Flur sein mußte, war angelehnt. Von unten waren immer deutlicher Schreie und Weinen zu hören, und jetzt auch kommandierende Stimmen in einer Sprache, mit der er sich vor kurzem bekanntgemacht hatte. Es gab keinerlei Zweifel mehr.
    Carl hatte Turnschuhe an, er ging leise auf die Tür zu. Die Tür quietschte nicht, als er sie vorsichtig aufstieß. Er trat rasch in die Dunkelheit eines Korridors hinaus, der auf der einen Seite zu mehreren halboffenen Türen und auf der anderen Seite zu einer Treppe ins Erdgeschoß führte. Er bewegte sich behutsam auf die Treppe zu. Er ertappte sich dabei, daß er den Revolverkolben zu fest umfaßte, und erinnerte sich daran, wie er die Waffen halten mußte.
    Er spähte über den Treppenabsatz hinunter. An einem der Fenster dort unten entdeckte er eine Gestalt, die drei Meter von einer halboffenen Tür entfernt stand. Aus der Richtung der Tür strömte Licht in die Diele, und aus dem angrenzenden Raum drang der Lärm mehrerer Personen, der sich jedoch nicht deuten ließ. Vom unteren Ende der Treppe bis zu der Person am Fenster, die offensichtlich Wache hielt, waren es vier Meter. Es schien unmöglich, sich dem Mann unentdeckt zu nähern. Carl hob sacht den Revolver und zielte mitten auf die Gestalt. Aber dann besann er sich anders.
    Der folgende Schußwechsel konnte nur auf eine Weise enden, und die Operation würde trotzdem zu Ende geführt

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