Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Coq Rouge

Coq Rouge

Titel: Coq Rouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
Publizität höchst unglücklich«, sagte der Reichspolizeichef kalt. »Entweder liegen wir mit diesen vorläufigen Hypothesen völlig schief, und dann dürfen sie nicht in die Massenmedien.
    Oder aber sie treffen zu, und dann dürfen sie erst recht nicht bekannt werden.«
    Der Sektionschef ließ sich dadurch keineswegs aus der Fassung bringen. Er strich sich ein paarmal durch sein nach hinten gekämmtes Haar - Bauernmanieren, dachte der Reichspolizeichef -, bevor er sich mit dem Fuß einen Stuhl heranzog und sich setzte. Dann lächelte er fröhlich und antwortete vollkommen unberührt auf die versteckte Beschuldigung, die man soeben gegen ihn vorgebracht hatte.
    »Betrachte die Sache doch mal so. Entweder haben wir recht, und dann glauben diese Scheißkerle, daß wir hinter ihnen her sind, und das ist einmal ein operativer Vorteil in manchen Situationen, zum anderen könnte das eine Aktion verhindern, von der wir bislang nichts wissen. Oder aber wir liegen völlig falsch. Dann wird es zu einem operativen Vorteil, weil diejenigen, die wir suchen, der Meinung sind, daß wir uns auf der falschen Fährte befinden.«
    Der Reichspolizeichef antwortete nicht. Er polierte mit ausdruckslosem Gesicht seine Brillengläser, während die anderen sein Dienstzimmer betraten.

2
    Es ließ den Osloer Polizeibeamten Roar Hestenes völlig kalt, daß es regnete und daß sein Auftrag im Augenblick mit größter Wahrscheinlichkeit völlig sinnlos war und nur zu den Arbeiten gehörte, die eben erledigt werden müssen. Es war halb elf Uhr vormittags, exakt drei Stunden nach dem Zeitpunkt, zu dem Axel Folkesson in der Hauptstadt des Nachbarlandes gestorben war.
    Aber davon hatte Roar Hestenes noch nicht die blasseste Ahnung. Er war ausnahmsweise einmal außerordentlich gut postiert.
    Eigentlich war dies ein Fahndungsauftrag wie viele andere in seinen letzten beiden Jahren beim Drogendezernat. Man sitzt in einem Wagen und starrt auf eine Tür, bis man abgelöst wird, und einmal von zwanzig passiert etwas, und schlimmstenfalls hat man in einem Hauseingang gestanden und erreicht, daß man der Polizei als Exhibitionist gemeldet wird, die dann mit eingeschaltetem Blaulicht ankommt und im Handumdrehen sowohl ungesetzlichen Drogenhandel wie weiteres polizeiliches Eingreifen vereitelt, und bestenfalls sitzt man irgendwo in einer gemieteten Wohnung und betrachtet ein Fenster, bis man abgelöst wird und erst am Tag danach erfährt, daß die Gesuchten zwanzig Minuten nach der Ablösung auftauchten und gefaßt werden konnten.
    In dieser Hinsicht gab es keinen Unterschied zwischen Drogendezernat und O verväkingstjenesten (Überwachungsdienst). Aber jetzt saß Hestenes im Cafe des Grand Hotel, als hätte der Wechsel vom Drogendezernat zur Sicherheitspolizei eine sofortige Erhöhung des Lebensstandards mit sich gebracht. Er war schon beim zweiten Kännchen Kaffee und seinem zweiten dänischen Smörrebröd angelangt und genoß insgeheim, daß er ohne weiteres ein komplettes Menü würde verzehren können, ohne daß jemand über die Kosten jammerte. Beim Überwachungsdienst der norwegischen Polizei fragt man kaum nach dem Tun und Lassen des Personals, nicht einmal nach Kosten und Auslagen.
    Hestenes hatte außerdem eine perfekte Aussicht auf den Eingang des Hotels Nobel, der fünfzehn Meter von seinem Fenstertisch entfernt war. Niemand konnte heraus oder hinein, ohne daß er es sah, und er hatte schon neun Personen notiert, von denen er vier hatte identifizieren können. Die anderen waren Menschen, um die er sich aus verschiedenen Gründen nicht zu kümmern brauchte; ausländische Geschäftsleute gesetzten Alters, zwei ältere Frauen in norwegischer Kleidung, ein Teenager mit wuscheligem Haar, der vermutlich zum Personal gehörte, und so weiter.
    Roar Hestenes hielt nach Terroristen Ausschau, und dies war Oslo, und er war sicher, daß nichts passieren würde.
    Natürlich fing es so an.
    Der Mann, der aus dem Taxi Nummer 1913 stieg, trug eine grüne Jägerjacke und hatte eine Tasche in der Hand, eine schwarze Pilotentasche von genau der Größe, die man bei Flügen als Handgepäck mitnehmen kann.
    So reisen nur Profis, schaffte Roar Hestenes noch zu denken. Aber als der Mann in der grünen Jacke sich umdrehte, so daß Hestenes sein Profil erkennen konnte, und etwas zum Taxifahrer sagte, begriff Roar Hestenes, daß es jetzt losging. Er war seiner Sache vollkommen sicher. Es war eins von rund dreißig Gesichtern, die er auf Fotos studiert hatte, bevor er zu

Weitere Kostenlose Bücher