Corbins 04 - Wer den Weg des Herzens folgt...
verschaffte, während Keith
Methodistenprediger war und es sich zur Aufgabe gemacht hatte, Seelen zu retten
und seinen Schäflein Trost zu spenden .
Nun kam er aus dem Haus, um Melissa
zu begrüßen, hob sie auf die Arme und wirbelte sie herum, wie Jeff es getan
hatte, bevor er ihr einen schallenden Kuß auf die Stirn gab. Es bestand eine
ganz besonders enge Bindung zwischen Melissa und Keith, weil sie die jüngsten
Kinder waren und sich oft gegen Adam und Jeff verbündet hatten.
Wieder mußte Melissa die Geschichte
ihrer unfreiwilligen Reise nach Port Hastings zum Besten geben. Doch diesmal
schmückte sie den Bericht noch mit der Beschreibung von Maggie aus, die mit
der Flinte auf der Treppe erschienen war und gedroht hatte, Quinn niederzuschießen.
Keith lachte, aber Tess machte ein
mitleidiges Gesicht. »Der arme Quinn! Er muß sich wirklich fragen, in was für
eine Familie er eingeheiratet hat.«
»Das wird er jetzt schon wissen«,
warf Keith trocken ein.
Tess warf ihm einen Blick zu und
wandte sich an Melissa. »Wie lange bleibst du? Ich möchte deinen Mann
kennenlernen.«
Melissa seufzte. »Ich bezweifle, daß
es lange sein wird. Quinn hat sein Hotel, unter anderem, und ich meine Zeitung.«
Keith, der sich rittlings auf einem
Stuhl in der Küche niedergelassen hatte, betrachtete Melissa amüsiert. »Welche
Zeitung?« fragte er.
»Ich habe vor, eine zu gründen«,
erklärte seine Schwester stolz. »Und versucht nur nicht, es mir auszureden.«
»Was verstehst du vom
Zeitungsgeschäft?« beharrte Keith, doch ohne Vorwurf.
Tess drückte Melissas Hand. »Sie
kann es lernen.« Keith seufzte. »Richtig«, sagte er.
Danach wandte die Unterhaltung sich
anderen Themen zu, und eine Stunde später machte Melissa sich auf den Weg zum
Bahnhof. Sie wollte Quinn etwas Sauberes zum Anziehen aus seinem Waggon holen.
Diesmal vergewisserte sie sich
jedoch, daß der Waggon allein auf den Schienen stand und nicht mit einer Lok
verbunden war, bevor sie hineinging. Doch als sie um die Trennwand zum
Schlafzimmer herumging, wurde sie von einem gellenden Schrei begrüßt, der sie
so erschreckte, daß sie selber aufschrie.
Gillian Aires saß aufrecht in dem
riesigen Bett, ihr blondes Haar zerzaust, ihre veilchenblauen Augen vor Schreck
weit aufgerissen. Sie zog die Chinchilladecke unters Kinn und fragte entrüstet:
»Was machen Sie denn hier?«
»Das könnte ich auch fragen«,
entgegnete Melissa gereizt.
Quinns frühere Geliebte — zumindest
hoffte Melissa, daß es eine frühere Geliebte war —, gähnte ausgiebig,
bevor sie antwortete. »Quinn hat mir den Waggon geschickt, um mich abzuholen«,
sagte sie schließlich so gelassen, daß Melissa sich am liebsten auf sie
gestürzt hätte. Gillian deutete geziert auf eine Stapel Kartons. »Ich habe
Einkäufe gemacht. Für Samstag, für die Eröffnungsfeier von Quinns Hotel.«
Ein schmerzhafter Klumpen formte
sich in Melissas Kehle, und sie mußte schlucken, um überhaupt ein Wort
herauszubringen. Aber selbst dann gelang ihr nur ein lahmes: »Oh.« Zitternd,
weil sie nicht wußte, wie sie reagieren sollte, ging sie zum Schrank und nahm
die Kleidungsstücke heraus, die Quinn brauchen würde.
»Was werden Sie zur Feier anziehen?«
erkundigte sich Gillian, während sie sich bequem zurücklegte, als sei sie es
gewohnt, in diesem Bett zu schlafen und sähe auch keinen Grund, etwas daran zu
ändern.
Doch Melissa war nicht in der
Stimmung zu einer Unterhaltung mit dieser Frau, die im Bett ihres, Melissas,
Mannes lag. »Ich weiß es nicht«, sagte sie knapp und dachte an das
lavendelfarbene Kleid, das sie bei Kruger gekauft hatte und das ihr auf einmal
viel zu bieder und altjüngferlich erschien.
Quinns Sachen über dem Arm, drehte
sie sich um und zwang sich zu einem Lächeln. »Ich gehe jetzt. Tut mir aufrichtig
leid, daß ich Sie erschreckt habe.« Sie nahm noch einige Gegenstände vom
Schreibtisch und wollte gerade gehen, als Gillians Stimme sie zurückhielt.
»Warten Sie«, sagte Gillian. »Bitte.«
Melissa blieb mit klopfendem Herzen
auf der anderen Seite der Trennwand stehen. Sie glaubte zu wissen, was Gillian
sagen würde und schloß die Augen davor.
»Ich habe sehr viel verloren, als
Sie mir Quinn gestohlen haben«, sagte Gillian. »Warum haben Sie das getan?«
Melissa sah, daß Gillian
aufgestanden war und einen Morgenmantel trug. »Weil ich Quinn liebe.«
Gillian legte ihren schönen Kopf
schräg. »So sehr, daß Sie um ihn kämpfen
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