Corbins 04 - Wer den Weg des Herzens folgt...
ein Gespenst und würde nicht
eher aufhören, bis er bekam, was er verlangte. Quinns Miene mußte etwas von
seinen Gefühlen verraten haben, denn Eustice trat vorsichtshalber einen Schritt
zurück.
»Ich meine es nicht böse, Junge«,
beeilte er sich zu sagen. »Ich hab' nur Spaß gemacht.«
Quinn verfluchte seinen Zustand, der
es ihm nicht erlaubte, klar zu denken. »Was willst du? Was muß ich dir geben,
um dich ein für allemal loszuwerden?«
Eustice seufzte. »Durch das Geld,
das du mir heute morgen gabst, habe ich keine Eile, weiterzuziehen. Ich glaube,
ich bleibe eine Zeitlang in Port Riley und sehe mir an, was aus dieser ... aus
deiner Heirat wird.«
Quinn atmete mehrmals tief durch,
und ein bißchen von der Trunkenheit, die sein Gehirn umnebelte, ließ nach. »So
war es nicht abgemacht. Ich habe gezahlt, damit du gehst.«
Eustice tat, als hätte er Quinns
Worte nicht gehört. »Sie hat eine reiche Familie, deine Frau. Du bist genauso
wenig gut genug für sie wie für Gillian Aires.«
Die Straßen waren dunkel und leer,
und Quinn kam der Gedanke, sich endgültig und für immer von seinem Vater zu
befreien. Doch trotz allem, was er durch diesen Mann erlitten hatte, wäre es
ihm nie gelungen, die Hand gegen ihn zu erheben. »Wo wäre ich heute, Pa«, sagte
er gedehnt, »wenn du nicht dagewesen wärst, um mich zu ermutigen?«
Der alte Mann winkte grinsend ab.
»Du hast Glück gehabt, daß ich dich dieser Hure nicht einfach zurückgegeben
habe und auf sie gespuckt habe, als sie fortging.«
»Was willst du damit sagen?« Quinn
packte seinen Vater an den schmutzigen Rockaufschlägen.
Eustices Mut schien ihn verlassen zu
haben. »Nichts, Junge«, wimmerte er kläglich. »Gar nichts. Laß mich los!«
Quinns Hände schlossen sich um
seinen Hals. »Sag es!«
»Ich habe dich nicht von deiner Ma!«
zischte Eustice widerstrebend. »Verdammt, du bist der Sohn einer Hure, und ich
wünschte, sie hätte dich ertränkt, anstatt dich zu mir zu bringen!«
Quinn war so fassungslos, daß er
Eustice losließ. »Du solltest mir lieber den Rest erzählen, alter Mann«, sagte
er drohend.
»Es gibt nicht viel zu erzählen.«
Mit der Miene eines beleidigten Gentleman zupfte Eustice seinen Rock zurecht.
»Deine Ma — meine Frau, meine ich — konnte nie ein Kind austragen, bis es
kräftig genug war, und als sie eins nach dem anderen verlor, wollte sie dich
haben. Sie sagte, sie würde davonlaufen, wenn ich dich nicht bleiben ließe, und
da habe ich eben nachgegeben. Ein Mann braucht eine Frau im Bett.«
Quinn drehte sich fast der Magen um,
aber er ließ sich seine Erschütterung nicht anmerken. »Wie war ihr Name? Wo ist
sie jetzt?«
Eustice lachte gehässig. »An ihren
Namen erinnere ich mich nicht mehr. Und wo sie ist — woher soll ich das wissen?
Ich kann dir nur eins sagen — paß lieber auf, mit wem du in die Federn
steigst.«
Hier setzte Quinns Verstand aus. Er
sprang vor, umklammerte die Kehle seines Vaters und hätte ihn wohl umgebracht,
wenn Melissa nicht im Morgenrock über die Straße gerannt gekommen wäre und
geschrien hätte: »Nein. Quinn! Nicht!« Ihre kleinen Hände umklammerten seine
Arme und zerrten ihn zurück. »Nicht!«
Langsam, widerstrebend lockerte
Quinn seinen Griff um Eustices Hals. Der alte Mann ergriff die Flucht, und
Quinn starrte ihm bedauernd nach.
»Quinn?« Melissa zupfte an seinem
Ärmel, und als das nichts nützte, legte sie beide Hände um sein Gesicht.
»Quinn!«
Er wagte kein Wort zu äußern, stand
einfach da, maß seine Frau mit dunklen, zornigen Blicken und begehrte sie mehr,
als er je zuvor eine Frau begehrt hatte.
Melissas Augen schimmerten feucht.
»Dieser Mann war das dein Vater?«
Quinn kochte vor Zorn. Erst nach
viermaligem Durchatmen war er einer Antwort fähig. »Ja, so wahr mir Gott
helfe. Ja.«
Melissa zog ihn auf den Waggon zu.
»Was hat er denn gesagt, daß du
plötzlich so aus der Haut gefahren bist?«
Quinn wurde von überwältigender
Erleichterung erfaßt. Melissa hatte ihr Gespräch also nicht gehört: sie wußte
nicht, daß sein einziger Anspruch auf Güte und Anstand — seine sanfte Mutter —
ihm nun auch genommen worden war. Er antwortete nicht, weil er einfach keine
Worte fand.
Im Wagen setzte er sich auf die
Bank. »Woher weißt du, daß er mein Vater ist?« fragte er nach einer Weile.
Melissa, die Kaffee aufwärmte,
zuckte die schmalen Schultern. »Ich weiß es nicht. Vielleicht habe ich etwas in
ihm gesehen ...«
»Vermutlich Beelzebubs
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