Corbins 04 - Wer den Weg des Herzens folgt...
geschwiegen.
»Hat Quinn dir von unserer Hochzeit
erzählt — und von dem Baby?« erkundigte sie sich zaghaft.
Keith nickte. »Nimm es nicht zu
schwer, Liebes. Immerhin warst du überzeugt, verheiratet zu sein. Die Frage ist
nur — was willst du jetzt tun?«
Melissa hatte Kopfschmerzen. Sie
machte eine abwehrende Handbewegung. »Ich weiß es nicht.«
»Was soll das heißen, du weißt es
nicht?« entgegnete Keith streng. »Jeder Narr kann sehen, daß du Quinn liebst,
und du trägst sein Kind unter dem Herzen. Was bleibt dir da anderes übrig, als
ihn zu heiraten?«
»Wenn du schon weißt, was ich tun
soll«, sagte Melissa spitz, »warum fragst du dann überhaupt, Keith?«
Er schüttelte den Kopf. »Du bist so
unmöglich wie immer, Melissa. Aber sag mir doch bitte: Läßt du mich eine neue
Trauung vollziehen, bevor ich abreise, oder muß ich nach Hause fahren und
deinen Brüdern erzählen, was mit ihrer kleinen Schwester los ist?«
Melissa erschrak, aber sie wußte
inzwischen, daß sie nicht überstürzt handeln durfte. »Ist dir bewußt, daß Quinn
mir mein Erbe nehmen und mich auf die Straße setzen könnte, wenn wir
verheiratet wären?«
Keith' Augen blitzten entrüstet.
»Wenn ich ihn für einen solchen Mann hielte, Melissa, würde ich dich nicht
überreden, ihn zu heiraten. Außerdem würden Adam, Jeff und ich so etwas nie
zulassen.«
Melissa wurde auf einmal bewußt, daß
sie sich im vergangenen Monat von einem verwöhnten Kind in eine junge Frau
verwandelt hatte. Sie richtete sich auf und straffte die Schultern. »Ihr habt
eure Familien und euer eigenes Leben zu leben«, erklärte sie ruhig. »Es wäre
nicht fair, von euch zu erwarten, daß ihr euch weiterhin um mich sorgt. Und was
deine Frage betrifft — ich heirate Quinn nicht eher, bis er mir einen
anständigen Antrag macht.«
Keith stand verärgert auf. »Was
willst du eigentlich, Melissa. Soll er auf den Knien vor dir liegen, dir ein
Gedicht vortragen und dich mit Blumen überhäufen?«
»Ich weiß, wie ich es haben will«,
antwortete Melissa stur. »Und das wird eine Weile dauern. Deshalb würde ich dir
raten, Keith, den nächsten Zug zu nehmen und nach Hause zu fahren.«
Mit abwesender Miene zog er eine Uhr
aus der Tasche und prüfte die Zeit. Dann sagte er: »Heute ist der fünfzehnte
April. In genau einer Woche bin ich wieder in Port Riley.« Er drohte Melissa
lächelnd mit dem Finger. »Dann, mein liebes Kind, bist du entweder bereit,
Quinn zu heiraten oder mit mir in den Schoß der Familie zurückzukehren. Ist das
klar?«
Melissa bekam einen Wutanfall. Sie
sprang auf und zerrte an Keith' Arm, als er sich zur Tür wenden wollte. »Jetzt
warte mal!« schrie sie. »Du kannst mir nicht solch ein Ultimatum stellen und
dann einfach gehen!«
Keith tippte mit dem Zeigefinger auf
ihre Nasenspitze. »In einer Woche, Kleines«, wiederholte er, dann war er fort.
Melissa stampfte vor Wut und
Enttäuschung mit dem Fuß auf, aber da fiel schon die schwere Haustür hinter
ihrem Bruder ins Schloß. In der Halle stieß Melissa fast mit Quinn zusammen.
Als sie sich zur Tür wandte, hielt
er sie zurück.
»Fühlst du dich besser?« erkundigte
er sich besorgt.
Melissa versuchte erfolglos, sich an
ihm vorbeizudrängen. »Nein«, antwortete sie schnippisch, und dann fügte sie
hinzu: »Männer! Ist dir eigentlich bewußt, daß mein arroganter Bruder mir
praktisch befohlen hat, dich zu heiraten?«
Quinns Miene blieb ernst, obwohl
seine Augen vor Belustigung funkelten.
»Frechheit«, sagte er. »Und nur,
weil du ein Kind von mir bekommst und die ganze Stadt weiß, daß wir uns lieben.«
Melissa stieß einen empörten Schrei
aus und versuchte erneut, sich an Quinn vorbeizudrängen. Aber wieder hielt er
sie zurück.
»Diesmal bestimme ich, was getan
wird, Frau«, sagte er ärgerlich. »Ich muß für ein paar Tage in die Berge
hinauf, und ich schwöre dir, daß du mich begleiten wirst.«
Melissa starrte ihn offenen Mundes
an. Quinn war schon immer unmöglich gewesen, aber so schlimm noch nie. Sie
wußte nicht einmal, was sie darauf erwidern wollte.
»Pack deine Sachen«, fuhr er fort
und umfaßte ihr Gesicht mit beiden Händen, was ein wohliges Erschauern in
Melissa auslöste. »Wir treffen uns in einer Stunde auf dem Bahnhof.«
Natürlich war sie fest entschlossen,
ihm ein für allemal zu beweisen, daß sie sich nicht herumkommandieren ließ. Sie
würde so tun, als holte sie ihre Zahnbürste, ihre Notizbücher und ihre Feder,
und dann einfach nicht
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