Cordina's Royal Family 1-4
Doch wenn sein Vater nach ihm schickte, hatte er keine andere Wahl, als Vergnügen gegen Pflicht einzutauschen.
„Lassen Sie ihn ordentlich gehen, Pipit. Wir hatten einen langen Ritt.”
„Ja, Hoheit”, sagte der Stallknecht, der drei Viertel seines Lebens mit Pferden verbracht hatte. Es hatte zu seinen Pflichten gehört, Bennett auf sein erstes Pony zu setzen. Er tätschelte Draculas Hals und fand ihn schweißnass. „Ich werde mich persönlich darum kümmern, Hoheit.”
„Tun Sie das, Pipit.” Doch Bennett hielt sich noch lange genug auf, um selbst die Gurte zu lockern. „Danke.”
„Dank ist unnötig, Hoheit.” Mit einem leisen Ächzen hievte Pipit den Sattel vom Rücken des Hengstes. „Hier gibt es keinen anderen Mann, der den Nerv hat, sich mit dem Teufel einzulassen”, murmelte er auf Französisch, als das Pferd zu tänzeln begann. Sekunden später war Dracula wieder beruhigt.
„Und es gibt keinen anderen Mann, dem ich mein bestes Pferd anvertrauen würde. Eine Extraration Hafer könnte heute Abend nicht schaden.”
Pipit nahm das Kompliment als absolut verdient hin. „Wie Sie wünschen, Hoheit.”
Noch von Unrast erfüllt, wandte sich Bennett von den Ställen ab. Er hätte ebenfalls eine zusätzliche Stunde brauchen können, um sich abzukühlen. Ein schneller und wagemutiger Ritt stillte sein Bedürfnis nur teilweise. Er brauchte die Bewegung, die Geschwindigkeit, vor allem aber die Freiheit.
Fast drei Monate lang war er fest an den Palast und an das Protokoll gebunden gewesen, an Pomp und Zeremonien. Da er in der Thronfolge von Cordina an zweiter Stelle stand, waren seine Pflichten manchmal weniger öffentlich als die seines Bruders Alexander, aber selten weniger mühsam.
Pflichten gehörten seit seiner Geburt zu seinem Leben und wurden für gewöhnlich auch als Selbstverständlichkeit hingenommen. Bennett konnte allerdings weder sich selbst noch viel weniger irgendeinem anderen erklären, wieso er im letzten Jahr begonnen hatte, sich dagegen aufzulehnen.
Gabriella sah es ihm an. Bennett glaubte, dass seine Schwester es vielleicht sogar verstand. Auch sie hatte stets Verlangen nach Freiheit und Privatleben verspürt. Beides hatte sie teilweise vor zwei Jahren erlangt, als Alexander sich mit Eve verheiratete und das Gewicht der Verantwortung sich verlagerte.
Allerdings drückt sie sich nie, dachte Bennett, als er durch das Gartentor des Palastes schritt. Wenn sie gebraucht wurde, war sie zur Stelle. Nach wie vor verwendete sie sechs Monate des Jahres für das Hilfswerk für behinderte Kinder, während sie gleichzeitig für den Bestand ihrer Ehe sorgte und ihre Kinder großzog.
Bennett schob die Hände in die Taschen, als er die Treppe zu dem Arbeitsraum seines Vaters hinaufstieg. Was stimmte denn mit ihm nicht?
Was war in den letzten Monaten geschehen, das in ihm den Wunsch weckte, sich nachts aus dem Palast zu schleichen und wegzulaufen?
Irgendwohin.
Er konnte die Stimmung nicht abschütteln, wohl aber bezähmen, als er an die Tür seines Vaters klopfte.
„Herein!”
Der Fürst saß nicht hinter seinem Schreibtisch, wie Bennett erwartet hatte, sondern am Fenster, neben sich ein Tablett mit Tee. Ihm gegenüber saß eine Frau, die bei Bennetts Erscheinen aufstand.
Als Mann, der Frauen jeden Alters und unterschiedlichsten Aussehens schätzte, unterzog Bennett sie einer flüchtigen Betrachtung, ehe er sich an seinen Vater wandte. „Tut mir Leid zu stören. Man hat mir gesagt, dass du mich sehen willst.”
„Ja.” Armand nippte an seinem Tee. „Schon seit einiger Zeit. Bennett, ich möchte dich mit Lady Hannah Rothchild bekannt machen.”
„Eure Hoheit.” Sie senkte den Blick, während sie einen Knicks ausführte.
„Es ist mir ein Vergnügen, Lady Hannah.” Bennett ergriff ihre Hand und schätzte sie in Sekundenschnelle ein. Attraktiv auf eine ruhige Art. Er bevorzugte bei Frauen etwas weniger Zurückhaltung. Und er besaß eine Vorliebe für das Französische. Schlank und ordentlich. Unabänderlich wurde sein Blick von Üppigerem angezogen. „Willkommen in Cordina!”
„Danke, Hoheit.” Ihre Stimme klang britisch, kultiviert und ruhig. Er begegnete kurz ihrem Blick. Ihre Augen waren von einem dunklen, leuchtenden Grün. „Ihr Land ist wunderschön.”
„Bitte, nehmen Sie Platz, meine Liebe.” Armand deutete wieder auf ihren Sessel, ehe er noch eine Tasse einschenkte. „Bennett.”
Hannah, die Hände im Schoß verschränkt, bemerkte Bennetts raschen ablehnenden
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