Cordina's Royal Family 1-4
wieder in der Küche und schaute seine Aufzeichnungen durch.
„Meinen Sie, ich könnte den Fahrer fragen, ob er mich mit in die Stadt nimmt?” fragte sie.
„Er ist weg.”
„Weg?” Camilla eilte zum Fenster und schaute hinaus. „Wo ist er denn hin?”
„Kümmert sich um Ihr Auto.”
„Aber ich wollte ihm vorher doch noch das Geld geben.”
„Ich habe ihm gesagt, er soll es bei mir anschreiben. Ist der Kaffee fertig?”
„Bei Ihnen anschreiben?” Ihr verletzter Stolz veranlasste sie, den Kopf zu heben und die Schultern zu straffen. „Nein. Ich habe das Geld.”
„Schön, dann geben Sie es mir eben, wenn Ihr Auto wieder läuft. Was ist denn jetzt mit diesem verdammten Kaffee?”
Er nahm sich seinen Becher und ging nach nebenan. Sie folgte ihm entschlossen. „Hier, nehmen Sie das.”
Er übersah sie und die Scheine, die sie ihm hinhielt, und nahm stattdessen den Kaffeetopf vom Feuer. Er trug ihn zum Tisch, wo er sich einschenkte, dann brachte er ihn wieder zurück und griff nach seinem Becher.
Die Frau bebte ja fast vor Wut. Was höchst interessant war. Und für sie sprach. Sie war offenbar nicht daran gewöhnt, sich anderen Menschen verpflichtet zu fühlen. Ebenso wenig wie an finanzielle Engpässe. Da war irgendwo Geld im Hintergrund – dieser zierliche Beweis schweizerischer Eleganz und Präzision an ihrem Handgelenk hatte garantiert ein paar Riesen gekostet – auch wenn sie die im Augenblick nicht in ihrem Portemonnaie hatte.
Dieses Rätsel wollte er allerdings nicht lösen.
Er hatte Mitleid mit ihr gehabt – keine typische Reaktion für ihn als er gesehen hatte, wie sehr sie erschrocken war. Und er hatte sie dafür bewundert, wie schnell sie sich wieder in den Griff bekommen hatte. Sie hatte sich nicht aufgeregt oder herumgejammert oder womöglich Carl noch schöne Augen gemacht, in der Hoffnung, dass er dann mit dem Preis vielleicht ein bisschen runtergehen würde.
Sie hatte es geschluckt. Davor hatte er Respekt.
Und dann war ihm der Gedanke gekommen, dass er ihr ja vielleicht helfen und gleichzeitig sein eigenes Problem lösen könnte, ohne dass sich einer von ihnen beiden dadurch in die Enge getrieben fühlte.
„Ich nehme an, Sie haben heute Vormittag ungefähr zwanzig Dollar verdient”, sagte er. „Ich dachte mir, ich könnte Ihnen vielleicht zehn Dollar die Stunde fürs Tippen geben, und für Essen und Unterkunft können Sie sich ja mit Putzen und Kochen revanchieren. Wenn Carl zwei Tage sagt, sollten Sie besser von vier Tagen ausgehen. Hier hätten Sie vier Tage ein Dach über dem Kopf und würden auch noch etwas verdienen.”
Sie sah ihn an, während sie seinen Vorschlag überdachte. „Sie wollen, dass ich für Sie arbeite? Sie möchten, dass ich …. dass ich Ihnen den Haushalt mache?”
„Das haben Sie doch sowieso schon gemacht, oder? Außerdem bekommen Sie für vier Nächte ein Bett, und ich verliere bei meiner Arbeit keine Zeit, und am Ende sind wir quitt.”
Sie wandte sich ab. Weil es ihr peinlich war, wie er bestimmt dachte. Er wäre allerdings überrascht und verwirrt gewesen, wenn er gewusst hätte, dass sie sich die größte Mühe geben musste, nicht laut herauszulachen.
Camilla überlegte, was wohl die Medien dazu sagen würden, während sie sich auf die Knöchel biss, um nicht laut herauszuplatzen. Camilla von Cordina bezahlte für eine Übernachtungsgelegenheit, indem sie Böden schrubbte, Dosensuppe heiß machte und Notizen über Knochen und Holunderbeersamen tippte.
Wie die Prinzessin ihren Sommerurlaub verbringt. Die Schlagzeile stand ihr überdeutlich vor Augen.
Sie musste die Lippen fest aufeinander pressen, um sich das Lachen zu verbeißen.
Natürlich konnte sie sein Angebot ausschlagen. Ihm die hundert Dollar geben und ihn bitten, sie in die Stadt zu fahren, damit sie ihre Eltern anrufen oder ihre Uhr verkaufen konnte.
Aber nein, es war so köstlich. Und so außergewöhnlich. War das nicht genau der Sinn der Sache?
Kein Fernsehen, keine Illustrierten, auf deren Titelseiten ihr Bild prangte.
Eine interessante Arbeit in einem herrlichen Teil des Landes, in dem sie bisher noch nicht gewesen war. Dinge zu erfahren, die sie weitaus spannender fand als alles, was sie je gelernt hatte, und zu wissen, dass sie allein durch ihre eigenen Fähigkeiten etwas Positives bewirkte. Nicht wegen ihrer gesellschaftlichen Stellung oder weil sie irgendwelche Verpflichtungen zu erfüllen hatte, sondern – und das war das Wichtigste – weil es ganz allein ihre
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