Cordina's Royal Family 1-4
unterziehen.
„Ich möchte Sie fragen, ob Sie mir wohl einen Augenblick Ihrer Zeit opfern würden, Ma’am. Ich würde mich gern kurz mit Ihnen unterhalten unter vier Augen.”
„Natürlich.” Gabriella hatte umgekehrt schon genauso versucht, ihre Gäste einzuschätzen, und überlegt, wie sie sie am besten behandeln sollte.
Ihrer Meinung nach gab Alice Caine stets dem direkten Weg der Annäherung den Vorzug. Und ging ihn selbst auch, sofern es möglich war.
„Wir werden uns in mein Wohnzimmer begeben. Dort sitzen wir bequem und sind ungestört.”
Während sie mit Alice durch den Palast in den Privatflügel ging, streifte sie kurz die Geschichte des Gebäudes und erwähnte die Kunstsammlung, die es beherbergte. Sie behielt ihren leichten, beiläufigen Ton bei, bis sie die Tür in ihrem eleganten in Rosa und Blau gehaltenen Wohnzimmer geschlossen hatte.
„Darf ich Ihnen vielleicht eine kleine Erfrischung anbieten, Lady Brighton?”
„Nein, Ma’am. Danke.” Alice nahm Platz und verschränkte die Hände im Schoß. „Wir wissen offensichtlich beide von der Beziehung zwischen unseren Kindern, und auch, dass sie im Spätsommer leider ein unschönes Ende gefunden hat”, begann sie.
„Ja. Ihr Sohn war so freundlich, unsere Tochter bei sich aufzunehmen.”
„Ich bitte um Verzeihung, aber das ist Unsinn. Er hat es nicht aus Freundlichkeit getan oder zumindest nicht nur. Er ist nicht unfreundlich, sondern bloß ein Holzkopf.”
Gabriella lehnte sich zurück. „Lady Brigston … Alice”, begann sie, erfreut darüber, dass sie mit ihrer Einschätzung der Frau genau richtig gelegen hatte. „Ich war mir sicher, für Camilla das Richtige zu tun, indem ich Sie und Ihre Familie einlade – ohne ihr etwas davon zu erzählen. Ich wollte ihr Zeit geben, ihr Herz zu erforschen, außerdem wollte ich ihre Reaktion sehen, wenn sie Ihren Sohn wiedersieht. In dem Moment, in dem ich sie sah, wusste ich, dass ich das Richtige getan hatte.”
„Sie haben beobachtet, wie die beiden sich anschauten – bevor sie fast aufeinander losgingen.”
„Ja. Sie lieben sich, aber beiden steht ihr Stolz im Weg.”
„Bei Del ist es mehr als Stolz. Er ist seinem Vater schrecklich ähnlich. Wenn Sie ihm ein paar dreitausend Jahre alte Knochen hinwerfen, kann er ihnen jede Einzelheit darüber erzählen, aber bei allem, was mit Frauen zu tun hat, hat er keinen Schimmer. Obwohl er weiß Gott nicht dumm ist, Ma’am.”
„Brie”, sagte Gabriella.
Alice atmete tief durch und setzte sich bequemer hin. Sie kannte die Etikette bei Hofe ebenso wie ihr Sohn – und fand sie ebenso wie er, gelinde gesagt, albern. Sie war froh, dass Ihre Durchlaucht das zumindest bei bestimmten Gelegenheiten genauso sah. „Brie. Er ist nicht dumm. Er ist einfach nur ein Caine. Durch und durch.”
„Ich mische mich nur höchst ungern in das Leben meiner Kinder ein”, begann Gabriella.
„Ich auch. Zumindest praktisch.”
Einen Moment lang schwiegen sie, dann begannen sie beide zu lächeln.
„Wie wär’s mit einem Cognac?” schlug Gabriella vor.
Es hilft, wenn man die Frau sieht, die der eigene Sohn, zumindest nach Meinung von deren Mutter, liebt, dachte Alice. Und wenn man Mutter wie Tochter mochte. „Keine schlechte Idee.”
Erfreut stand Gabriella auf, griff nach der Karaffe und schenkte zwei Cognacschwenker voll. „Ich habe mir etwas überlegt, womit man sich praktisch nicht einmischt, was jedoch helfen könnte, die Dinge ein bisschen in die gewünschte Richtung zu bringen.”
„Ich höre.”
Zehn Minuten später nickte Alice. „Ich mag es, wie Sie an die Dinge herangehen. Und das ist gut so, weil wir bald verwandt sein werden.” Als sie laute Stimmen hörte, schaute sie zum Fenster. „Das ist Del … wenn er wütend ist, brüllt er wie ein wilder Stier.”
Sie standen auf und traten zusammen auf den Balkon hinaus. Dann hakten sie einander unter, während sie auf ihre Kinder hinunterschauten. „Sie haben Krach”, sagte Gabriella mit vor Rührung heiserer Stimme.
„Ist das nicht herrlich?”
„Wir sollten nicht lauschen.”
„Wir stehen doch bloß hier und schnappen frische Luft. Wir können nichts dafür, wenn sie sich gegenseitig anschreien.”
„Vermutlich nicht.”
Als sie noch etwas näher an die Brüstung herantrat, hörte Gabriella, wie ihre Wohnzimmertür aufgerissen und wieder zugeworfen wurde.
„Ist dieser Esel Caine schon da?”
Gabriella schloss für einen Moment peinlich berührt die Augen, dann drehte sie
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