Cordina's Royal Family 1-4
erfahren, privat jedoch …” Was sie durch die Zähne zischte, war eine Beleidigung, die man normalerweise eher in der Gosse in Frankreich hörte als in einem Schlossgarten. Del zog nur die Augenbrauen hoch.
„Das sind ja wirklich reizende Ausdrücke, Hoheit.”
„Und jetzt gibt es zwischen uns nichts mehr zu sagen.”
„Ich habe dir noch eine ganze Menge mehr zu sagen, Schwester.”
Sein Tonfall und die Anrede bewirkten, dass ihr fast die Tränen kamen.
Sie drehte ihm den Rücken zu und gab sich alle Mühe, sich zu beherrschen. „Sie sind entlassen, Sir.”
Jetzt reichte es ihm. Er wirbelte herum. „Ach, halt doch den Mund!” fuhr er sie an. Doch als er die Tränen in ihren Augen glitzern sah, erstarrte er.
„Was soll das denn? Hör sofort auf damit. Wenn du glaubst, du brauchst bloß loszuheulen, damit ich mir wie ein Schuft vorkomme, solltest du es dir lieber nochmal überlegen.”
Er wich einen Schritt zurück und wühlte in seinen Taschen. „Verdammt. Ich habe kein Taschentuch bei mir.”
„Lass mich in Ruhe.” Als ihr eine Träne über die Wange rollte, war sie nicht weniger entsetzt als er. „Geh wieder rein, fahr zurück nach Amerika, oder scher dich zum Teufel. Hauptsache, du verschwindest.”
„Camilla.” Er machte wieder einen Schritt auf sie zu.
„Hoheit.” Marian, die in der Öffentlichkeit ganz die Form wahrte, kam mit vor Neugier leuchtenden Augen den Weg entlang. „Ich bitte um Entschuldigung, aber soeben ist Miss Latimer eingetroffen. Man zeigt ihr gerade ihre Räume.”
„Sarah?” Del sah Camilla überrascht an. „Du hast Sarah in den Palast eingeladen?”
„Ja. Ich komme gleich, Marian, danke. Wenn Sie sich vielleicht um Lord Delaney kümmern könnten? Bitte, entschuldigen Sie mich, My Lord.”
„My Lord?” Marian beäugte ihn eingehend, während Camilla schnell davonging. Sie war hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, ihn fertig zu machen, weil er ihrer besten Freundin so wehgetan hatte, und vor Mitgefühl zu zerfließen, weil er so kreuzunglücklich dreinschaute. „Darf ich Ihnen den Rest des Gartens zeigen?”
„Nein, vielen Dank. Es sei denn, es gibt da irgendwo einen Springbrunnen, unter den ich meinen Kopf halten kann.”
Marian lächelte nur. „Ich bin mir sicher, dass wir Sie zufrieden stellen können.”
Er fragte sich, ob er allen einen Gefallen tat, wenn er abreiste. Seine Mutter würde wütend sein, sein Vater verblüfft. Und es wäre ihnen beiden peinlich, aber Camilla würde mit Sicherheit aufatmen.
Und er müsste sie nicht mehr sehen und sich daran erinnern, wie sie aussah, wenn sie in Jeans und T-Shirt Rühreier machte. Nicht dass sie dieser Frau jetzt auch nur im Entferntesten ähnelte.
Sie war geschliffen und elegant und funkensprühend wie die Brillanten an ihren Ohrläppchen. Und genauso kalt, versuchte er sich einzureden.
Aber nach und nach wurde ihm klar, dass er sich von ihr nicht vergraulen lassen durfte … so wie er sie vergrault hatte. Er würde bleiben, und wenn auch nur, um ihr zu beweisen, dass er Rückgrat hatte.
Es war nicht schwer, ihr aus dem Weg zu gehen. Der Palast war etwas ganz anderes als eine Hütte mit fünf Zimmern in den Wäldern von Vermont.
Und dass er sich langweilte, konnte er wirklich nicht behaupten. Er mochte ihre Brüder und Cousins, die ihn an ein Rudel junger Wölfe erinnerten.
Als Einzelkind war er nie einer großen, lärmenden Familie ausgesetzt gewesen. Was sie trotz Titel und geschliffener Umgangsformen waren, wie er bald entdeckte. Eine Familie, die sich so nahe stand, dass er Probleme hatte, zwischen Bruder und Schwester oder Cousine und Cousin zu unterscheiden.
Man überredete ihn, mit in den Stall zu kommen – der sich als der reinste Pferdepalast entpuppte. Sobald sie entdeckt hatten, dass er reiten konnte, saß er auch schon auf einem Pferd.
Dort lernte er auch Alexander, den Herrscher von Cordina, und seinen Bruder Prinz Bennett kennen. Und Camillas Vater Reeve MacGee.
„Sir.” Einer der jungen Männer – Dorian, falls er sich richtig erinnerte – lächelte jungenhaft und stellte sie förmlich vor.
Del rutschte in seinem Sattel herum. Natürlich hatte man ihm die höfische Etikette beigebracht, aber seitdem waren Jahre vergangen, ohne dass er jemals in die Verlegenheit gekommen wäre, Gebrauch davon machen zu müssen. Und jetzt hatte er wenig Lust, seine Kenntnisse herauszukramen, auch wenn ihn drei kühle Augenpaare sezierten.
„Willkommen in Cordina, Lord Brigston”,
Weitere Kostenlose Bücher