Corellia 01 - Der Hinterhalt
sich davon, um nachzusehen, was los war. Wenn man ein Kind fortschickte, saß zehn Minuten später kein einziges mehr am Tisch. Normalerweise konnten die Erwachsenen dann in aller Ruhe die Mahlzeit fortsetzen und die friedliche Atmosphäre genießen. Aber nicht an diesem Abend. Han tat unermüdlich so, als wäre alles in Ordnung, während Chewie weit weniger überzeugend war und Luke sein Bestes tat, um die Scharade aufrechtzuerhalten.
»Freut ihr euch schon auf die Reise nach Corellia?« fragte Luke in dem offensichtlichen Versuch, Konversation zu machen.
»Hmm? Oh, ja. Wahnsinnig«, antwortete Han. »Es wird bestimmt toll. Schade, daß du nicht mitkommen kannst.«
»Nichts lieber als das«, sagte Luke. »Aber ich habe Lando versprochen, ihm bei irgendeinem Geheimprojekt zu helfen.«
»Ach ja, er hat irgendwas in dieser Richtung erwähnt«, nickte Han. »Hast du eine Ahnung, worum es geht?«
Luke schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht den leisesten Schimmer. Er sagte nur, es könnte ein paar Wochen dauern.«
»Ich kann es kaum erwarten zu erfahren, was er diesmal ausgeheckt hat.«
»Ich auch«, meinte Luke. »Oh, übrigens, Leia, da wir schon von Geheimnissen reden - ich treffe mich morgen abend mit Mon Mothma. Sie wollte mir auch nicht sagen, worum es dabei geht. Wie's aussieht, bekomme ich nur die streng geheimen Missionen zugeteilt.«
Han warf Luke einen seltsamen Blick zu und rang sich ein Lächeln ab. »Ja, dieser ganze Agentenkram«, sagte er.
Schließlich konnte es Leia nicht mehr ertragen. »Entschuldigt mich«, sagte sie. »Ich habe noch eine Menge Arbeit zu erledigen.« Es war eine lahme Ausrede, aber das kümmerte sie nicht. Sie stand vom Tisch auf und eilte in ihr Arbeitszimmer. Sie schloß die Tür und überbrückte die Lichtkontrolle, bevor die Automatik den Raum zu hell erleuchten konnte. Im Moment zog sie gedämpftes Licht vor.
Deprimiert mußte sie sich eingestehen, daß Arbeit keine überzeugende Entschuldigung war. Es gab immer viel zuviel zu tun, ganz gleich, wieviel sie an andere delegierte. Leia stieß einen Seufzer aus und ging zu ihrem Schreibtisch. Die Schreibtischlampe flammte automatisch auf, schuf einen Kreis aus hellem, klarem Licht, und sie ließ es so, wie es war. Sie setzte sich in die Dunkelheit am Rand des Lichtkreises und stellte fest, daß sie sich nicht einmal auf eins der wichtigen Dokumente auf ihrem Schreibtisch konzentrieren konnte.
Warum hatte diese kleine Auseinandersetzung beim Abendessen sie derart aufgewühlt? Sie wußte, daß es hauptsächlich an der unterschwelligen Spannung am Tisch lag, aber es steckte noch mehr dahinter. Es gab Zeiten - und dieser Tag gehörte dazu -, denen das ganze Konzept der Mutterschaft, die Aufgabe, zivilisierte Menschen aus ihren Kindern zu machen, ihr aus unerklärlichen Gründen Entsetzen einflößte.
Sie erinnerte sich an ihre eigene Kindheit, an die vielen Staatsbankette, an denen sie teilnehmen mußte, ständig ermahnt, still zu sein und nicht herumzuzappeln, an die Kindermädchen und Sicherheitsbeamten, die sich um sie kümmern mußten, während ihr Vater mit wichtigeren Dingen beschäftigt gewesen war. Sie hatte viel häufiger mit den Droiden und Bediensteten gegessen als mit Bail Organa. Und das wenige an Kindheit, das sie gehabt hatte, war früh vorbei gewesen. Schon als Heranwachsende war sie tiefer und tiefer in die Politik hineingezogen worden. Es war eine bemerkenswerte Leistung gewesen, in so jungen Jahren bereits Senatorin zu werden - aber dafür hatte sie den Rest ihrer Kindheit, den Rest ihrer Unschuld opfern müssen. Erst jetzt, wo sie die Welt durch die Augen ihrer Kinder sah, wurde ihr klar, wie hoch dieser Preis gewesen war.
Han sprach nicht sehr oft über seine Kindheit oder über das Leben, das er geführt hatte, bevor er Corellia verlassen hatte. Von ihnen allen hatte Luke als einziger eine halbwegs normale Kindheit gehabt. Er war auf Tatooine aufgewachsen, in dem Glauben, daß ein Farmerehepaar, Owen und Beru Lars, seine Tante und sein Onkel waren. Aber seine ersten Lebensjahre hatte er in gewisser Hinsicht so isoliert wie Leia verbracht. Eine Feuchtfarm muß ein ziemlich einsamer Ort für ein heranwachsendes Kind gewesen sein, selbst unter normalen Umständen - und die Umstände waren weit davon entfernt gewesen, normal zu sein.
Owen und Beru hatten sich als Lukes Onkel und Tante ausgegeben. Soweit Leia wußte, waren sie freundlich zu Luke gewesen, aber auf distanzierte Weise. Er hatte nie die Nähe,
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