Corellia 01 - Der Hinterhalt
erkennen, daß Ver Seryans Haus eine Festung war, erbaut, um Fremde am Eindringen zu hindern.
Luke blickte an dem Gebäude hinauf, und seine Besorgnis wuchs. Was für eine Sorte Frau brauchte ein Haus, das sie vor dem Mob beschützen konnte? Es war zweifellos der Mob, vor dem sich die Besitzerin dieses Hauses fürchtete. Gräben und Eisenzäune gehörten nicht zu der Sorte Vorsichtsmaßnahmen, die einen entschlossenen Einbrecher oder ein Killerkommando mit modernen Waffen abschrecken konnten. Nein. Sie dienten nur dazu, eine wütende Menge zu verlangsamen und zu entmutigen und einen unorganisierten, tobenden Mob in Schach zu halten.
Luke konnte sich auch nicht einreden daß alles nur der Dekoration diente oder der Pflege irgendeiner architektonischen Tradition. Der Beweis war dort, vor seinen Augen, an der Fassade direkt rechts neben der Tür. Eine Art Kletterpflanze rankte sich dort empor, aber es waren mehr als nur ein paar Blätter und Ranken erforderlich, um derart große Blasterbrandmale zu verbergen.
»Sieht aus, als wäre sie wirklich gutsituiert«, kommentierte Lando.
Luke wollte schon etwas sagen, aber er verkniff es sich. Der Unterschied zwischen seinem und Landos Blickwinkel war einfach zu groß. Wo Luke ein Verteidigungssytem sah, sah Lando den Beweis für viel Geld. Wer konnte schon sagen, wer von ihnen beiden recht hatte? Vielleicht stammte alles, was Luke aufgefallen war, noch von dem früheren Besitzer oder war ein Erbe des Krieges gegen das Imperium.
Aber er konnte sich nicht selbst belügen. Irgend etwas stimmte nicht. Luke griff mit der Macht hinaus und versuchte, ein Gespür für diesen Ort zu bekommen, ein Gefühl für die Stimmung der Bewohner. Jetzt kehrte die düstere Vorahnung zurück, die ihn vorher schon beunruhigt hatte, und sie war deutlicher und intensiver. Luke konnte spüren, daß sie von diesem Ort, diesem Haus ausging.
Jetzt, wo er wußte, wonach er Ausschau halten mußte, durchforschte er das Bewußtsein aller Personen, die seine Machtsinne in der Umgebung von Ver Seryans Haus entdeckten.
Jedes Bewußtsein, das er finden konnte, verströmte zumindest einen Hauch jenes Gefühls. Es beherrschte nicht ihre Gedanken, aber es war da, und es wurde stärker, je mehr man sich dem Haus näherte. Es war kein Haß oder Zorn. Es war eine unterdrückte, subtile Form der Furcht wie sie jemand empfinden mochte, der nach einer Pflanze griff und feststellte, daß sie Dornen hatte, oder jemand, dem bewußt war, daß er etwas zu nah an einem Lagerfeuer saß, jemand, der sich einem potentiell gefährlichen Tier gegenübersah. Im hintersten Winkel eines jeden Bewußtseins gab es die Gewißheit, daß es unklug war, sich zu nah ans Haus von Karia Ver Seryan zu wagen.
Luke verlagerte den Fokus seiner Machtsinne in eine neue Richtung und wurde mit einer weiteren Überraschung konfrontiert. Er konnte in dem Haus nur ein einziges intelligentes Wesen erspüren. Es mußte Ver Seryan sein. Aber schon nach dem ersten Kontakt mit ihrem Bewußtsein stand es einwandfrei fest, daß es in ihr nichts Böses gab. Sie hielt sich nicht für gefährlich, sondern für das genaue Gegenteil. Er konnte in ihr eine fast erstickende Güte erspüren. Sie schien fast besessen von dem Gedanken, allem und jedem nur Gutes zu tun, ob es ihnen nun gefiel oder nicht. Er fand in ihrem Bewußtsein mehr als nur einen Hauch von Gier, aber nichts, das die vorsichtige, wachsame Furcht ihrer Nachbarn erklären konnte.
Wenn schon dieser Hauch von Gier genügte, um Furcht zu erzeugen, dann hätte Lando bei seiner Ankunft auf dem Planeten eine weltweite Panik auslösen müssen.
Dennoch, es war eine Binsenweisheit, daß sich niemand selbst für böse hielt. Sogar der Imperator hatte geglaubt, im Recht zu sein, während er die Alte Republik zerschmettert und in der ganzen Galaxis seine Schreckensherrschaft errichtet hatte. Nur weil sich Ver Seryan für einen guten Menschen hielt, mußte sie nicht auch einer sein. Aber selbst wenn, irgend etwas stimmte hier nicht.
»Komm endlich, Luke«, riß ihn Landos Stimme aus seinen Gedanken. »Willst du den ganzen Tag ihr Haus anstarren? Ich möchte die Dame nicht warten lassen.«
Luke legte seinem Freund die Hand auf den Arm. »Lando«, sagte er. »Sei vorsichtig, okay?«
»Bei einer Verhandlung? Das bin ich immer. Also komm.«
Lando drückte gegen das Tor, und es schwang auf. Er folgte dem Weg, der sich über das Grundstück schlängelte; Luke hielt sich ein oder zwei Schritte hinter ihm und
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