Corellia 01 - Der Hinterhalt
an Mara geschickt? Möglicherweise wußten Organa Solo oder einer der anderen Adressaten, was der »Kode Gefallener Engel Sieben« bedeutete, und sie konnten den Würfel öffnen, ohne den Inhalt zu zerstören. Aber wenn er nur in ihrer Anwesenheit geöffnet werden sollte, warum hatte man ihn dann an Mara Jade geschickt?
Und warum hatte man den imperialen Kode benutzt? Er diente sicherlich nicht dazu, Informationen zu verbergen. Gewiß konnten die Leute der Neuen Republik ihn in kürzester Zeit entschlüsseln. Diente er dazu, sich Maras imperiale Sympathien zunutze zu machen? Zweifellos war die Formulierung der kodierten Botschaft nicht geeignet, irgend jemand in der Neuen Republik mit Freude zu erfüllen. War es denkbar, daß es irgendwo noch Überreste des Imperiums gab? Nein, absolut unmöglich. Oder war die ganze Affäre nur ein raffinierter Versuch ihrer Konkurrenten, sie als proimperial abzustempeln und sie geschäftlich zu ruinieren?
Aber das war genauso absurd. Das Imperium war so tot wie ein einbalsamierter Leichnam. Es gab keine Überreste mehr. Es war nichts mehr übrig, was eine proimperiale Einstellung lohnte. Außerdem, auch wenn es ihr gelungen war, die Details ihrer imperialen Vergangenheit geheimzuhalten, so wußten dennoch alle in der Branche, daß sie für das Imperium gearbeitet hatte. Manchmal erschwerte es ihre Geschäfte, aber es war nun einmal kein großes Geheimnis. Es hatte nicht viel Sinn, eine Rufmordkampagne mit Informationen zu inszenieren, die längst allgemein bekannt waren.
Worum ging es also? Mara verstand genug von Nachrichtenwürfeln, um zu wissen, daß selbst ein Computerhacker keinen Zugriff auf die Daten bekommen konnte. Die Nachricht an der Außenseite war zwar in einem leicht zu entschlüsselnden Kode verfaßt, aber um den Inhalt zu dechiffrieren, würde sie Jahre brauchen - und selbst dann bestand noch die Gefahr, daß es schiefging und der Inhalt in dem Moment gelöscht wurde, wenn sie den Würfel endlich geöffnet hatte.
Nein. Es gab nur eine Möglichkeit, das Rätsel zu lösen. Und sie würde es tun. Mara hatte eine Menge persönlicher Eigenschaften, die ihr im Lauf der Jahre zugute gekommen waren, aber die gute alte Neugierde war diejenige gewesen, der sie am wenigsten hatte nachgeben können. Schmuggler und imperiale Agenten konnten es sich nicht leisten, ihre Nase in alles hineinzustecken.
Aber angesehene Händler konnten es, wenn sie etwas besaßen, was andere haben wollten. Und Mara hatte den Würfel. Sie konnte den Würfel gegen Informationen über seinen Inhalt tauschen. Und Informationen bedeuteten immer Profit.
»Mr. Tralkpha«, wandte sie sich an ihren Mon-Calamari-Navigator. »Drehen Sie bitte bei. Berechnen Sie für Mr. Nesdin einen direkten Kurs zum corellianischen System und lassen Sie uns ausnahmsweise der Geschwindigkeit den Vorzug vor dem sparsamen Umgang mit den Treibstoffvorräten geben.«
»Sehr wohl, Captain«, sagte der wortkarge Tralkpha.
»Mr. Nesdin«, sagte sie zu dem Piloten. »Während Mr. Tralkpha beschäftigt ist, kontaktieren Sie bitte unseren nächsten Zielhafen und teilen Sie der Raumkontrolle mit, daß wir einen wichtigen Kurierauftrag erledigen müssen und deshalb später als geplant eintreffen werden.« Wer auch immer die Drohne geschickt hatte, würde den Funkverkehr der Jadefeuer höchstwahrscheinlich überwachen und so erfahren, daß sie den Köder geschluckt hatte und den Würfel zu seinem eigentlichen Empfänger brachte. »Anschließend bringen Sie uns nach Corellia.«
»Jawohl, Ma'am«, bestätigte Nesdin. Keine Fragen, keine hochgezogenen Augenbrauen, kein Verweis auf den einzuhaltenden Flugplan. Ihre Befehle wurden einfach ausgeführt. Das war die Art Crew, die ihr gefiel.
Aber etwas anderes, eine Redewendung, an die sie gerade gedacht hatte, schien ihr etwas sagen zu wollen. Wie lautete sie noch gleich? Ah! Natürlich. Den Köder geschluckt. Fallen wurden mit Ködern versehen. War das der Plan? Plante jemand, sie in einen Hinterhalt zu locken?
Mara Jade lächelte unwillkürlich, und sie wußte, daß es kein freundliches Lächeln war. Wenn jemand Mara Jade eine Falle stellen wollte, so sollte er es ruhig versuchen. Sie bezweifelte, daß er das Experiment wiederholen würde.
»Ich bin in meiner Kabine«, erklärte sie und stand auf. Es würde natürlich völlig nutzlos sein. Aber sie mußte sich diesen Würfel noch einmal ansehen.
Lieutenant Belindi Kalenda, langjährige Agentin des Geheimdienstes der Neuen
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