Corellia 01 - Der Hinterhalt
sie alle brauchten Kunden von außerhalb.
In der guten alten Zeit waren die Besucher zu dieser Welt geströmt, um sich zu amüsieren, ihre Waren zu verkaufen und ihre Droiden und Schiffe überholen zu lassen. Sehr oft hatten die Leute mehr für ihr Geld bekommen, als sie erwartet hatten - aber auch das war für Corellia typisch gewesen. Heute, dank dem Krieg, dank einer paranoiden Furcht vor Außenweltlern, dank einer antinichtmenschlichen Regierungspolitik, die zu finanziellem Selbstmord geführt hatte, kam niemand mehr nach Corellia. Es gab keine Käufer und keine Verkäufer mehr, und außerdem hatte niemand die nötigen Kredits, um etwas zu kaufen und wieder zu verkaufen. Während sich Han der Stadtmitte näherte, schien sich die Lage zumindest ein wenig zu verbessern. Mehr Geschäfte hatten geöffnet, und die Leute, die vor ihnen Schlange standen, wirkten gelangweilt und resigniert anstatt vor Wut zu kochen.
Han spazierte durch ein noch immer wohlhabendes Viertel, das er von früher kannte, und betrachtete erleichtert die prächtigen alten Herrenhäuser. Wenigstens etwas hatte sich nicht verändert - doch dann bemerkte er die patrouillierenden Wachdroiden, die diskret installierten Kraftfeldgeneratoren, die Überwachungskameras, die Kontrollposten. Ein Wachdroide schwebte vom Himmel und glitt an seine Seite, während er weiterging. Han verstand den dezenten Hinweis und verließ das Viertel. Einige Leute hatten noch immer Geld, aber sie fürchteten sich vor denen, die keins hatten.
Gegen Mittag erreichte Han das Geschäftsviertel. Er wollte gerade nach einem Restaurant suchen, um etwas zu essen, als er hörte, wie sich ihm Rufe und lauter Gesang näherten.
Han sah sich um, und plötzlich dämmerte ihm, daß sich die Straße leerte. Die Leute verschwanden schnell und leise von der Straße, als der Lärm der Marschkolonne lauter wurde. Han hörte, wie Türen zuschlugen und metallene Fensterrolläden ratternd herunterfielen. Aus dem Laden, vor dem Han stand, stürzte der Geschäftsführer, spähte die Straße hinunter und griff dann nach einer Handkurbel, die in die Fassade eingelassen war. Er drehte die Kurbel, und ein Plastahlfensterladen fiel herunter.
Die Straße war plötzlich bis auf Han und den Lärm marschierender Stiefel und rauh singender Kehlen leer. Irgendwo splitterte Glas, gefolgt von lautem Gelächter.
Han floh in die, wie er annahm, entgegengesetzte Richtung, aber der Lärm hallte von den Gebäuden und in den leeren Straßen wider, so daß es schwerfiel, seinen Ursprung zu bestimmen. Er bog um die nächste Ecke...
Und lief direkt in die vorderste Reihe der Marschierenden hinein. Aber es herrschte ein solches Gedränge, daß er zumindest in den ersten Momenten von der Menge wie von einer Flutwelle mitgetragen wurde.
Sie sangen aus Leibeskräften, so laut, daß sich die Worte nicht verstehen ließen. Sie trugen schwarze, mit Metallspitzen besetzte Stiefel, schwarze Armbänder und an den Armbändern das stilisierte Bild eines grinsenden menschlichen Totenkopfes mit einem Dolch zwischen den Zähnen und dem Wort MENSCHENLIGA darunter.
Bei den Demonstranten handelte es sich ausschließlich um Männer, und sie bemühten sich halbherzig, im Rhythmus ihres Liedes zu marschieren, waren dafür aber zu schlecht organisiert - oder zu betrunken. Der Geruch von billigem Schnaps hing in der Luft und mischte sich mit den Ausdünstungen verschwitzter Körper.
Han schlüpfte durch die vorderen Reihen der Marschierenden und versuchte, sich zum Ende durchzudringen, um der Kolonne zu entkommen. Er hatte es fast geschafft, als ihn eine fleischige Pranke am Kragen packte. Eine weitere Pranke ergriff seine Schulter und riß ihn herum. Han stolperte, fing sich wieder und sah vor sich einen großen, schmierig wirkenden Mann mit blutunterlaufenen Augen, einem schwammigen, schmutzigen Gesicht, schlechten Zähnen und noch schlechterem Atem. Der Mann war einfach mitten auf der Straße stehengeblieben und ignorierte die Knüffe und Stöße, die er abbekam, als sich die Marschierenden an ihm vorbeidrängten. Er musterte Han ausgiebig, wandte sich wieder der Marschkolonne zu und fischte einen der Demonstranten heraus. »He! Flautis!«
»Barnley! Faß mich nicht an.«
»Flautis, wirf mal einen Blick auf diesen Kerl«, sagte Barnley und ignorierte den Protest seines Freundes.
Flautis war eine etwas größere und schmierigere Ausgabe von Barnley. Er betrachtete Han und riß überrascht die Augen auf. »Wen haben wir denn
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