Corina 01 - Dämonisch verführt
für mich daraus ergaben. Vielleicht hatten die verblichenen rosaroten Tapeten auch dem Haus nicht gefallen.
Ich war gerade mit dem Packen fertig, als ich einen Aufschrei hörte, gefolgt von mehreren Schlägen. Vom Treppenabsatz sah ich Miss Zicke selbstgefällig vor der Kellertür sitzen. Ich ging in die Küche und holte den Schlüssel und eine Lampe, denn Claires Onkel hatte dort unten keine elektrischen Leitungen verlegt. Dann machte ich mich auf, den großen Krieger des Senats zu retten.
Er lag unten am Ende der Kellertreppe. Die letzte Person, die das Haus verärgert hatte, war einer meiner Kunden gewesen - er hatte ohne Eskorte nach oben gehen wollen. Er war nicht nur in den Keller transportiert worden, sondern auch in eine kleine Truhe, die in der Ecke stand. Inzwischen befand sich die Truhe nicht mehr im Keller -
ich benutzte sie als Nachttisch —, und deshalb war es dem französischen Vampir nicht ganz so schlecht ergangen.
Nur sein Haar war in Mitleidenschaft gezogen - es hatte sich aus der Spange gelöst und fiel ihm ins Gesicht.
»Das Haus kann recht .... temperamentvoll sein«, erklärte ich, als er wieder auf die langen Beine kam.
»Was ist das für ein Ort?« Louis-Cesare sah sich um, und Interesse leuchtete in seinen Augen.
Ich ließ meinen Blick durch den dunklen Keller wandern und versuchte zu erkennen, was ihn so attraktiv machte, aber er sah ebenso schlecht aus wie immer. Das einzig Versöhnende an ihm war die allgemeine Düsternis, die verhinderte, dass man weder die abblätternde giftgrüne Tünche an den Wänden sah - man hatte sie etwa zu der Zeit aufgetragen, als Eisenhower Präsident gewesen war - noch den rostigen Metallhaufen in der Ecke. Allerdings verbarg sie kaum die Kisten, die überall herumstanden und hier und dort Stapel bildeten. Claire hatte sie, das Einverständnis des Hauses vorausgesetzt, fortschaffen wollen, aus Sorge, dass sie eine Brandgefahr darstellten.
»Der Keller«, beantwortete ich die Frage des Franzosen. »Das Haus bringt Eindringlinge hierher.«
»Dieser Ort ist mehr als nur das«, sagte Louis-Cesare und trat an den Kisten vorbei zu einem alten Regal, in dem unterschiedlich gefärbte Flaschen ruhten. Claires Onkel hatte sich für einen Alchemisten gehalten, aber nie herausgefunden, wie man Blei in Gold verwandelte. Auch seine übrigen alchemistischen Leistungen ließen eher zu wünschen übrig, meinte Claire. »Hat deine Freundin das gemacht?« Schönling nahm eine Ampulle aus dünnem blauem Glas. Mich hatten diese Dinger immer an etwas zu groß geratene Parfümfläschchen erinnert.
»Sie ist eine Nullerin. Sie kann keine Magie anwenden.«
Louis-Cesare atmete tief durch. »Magie hat hiermit nichts zu tun. Das ist Kunst.«
»Das weiß ich nicht, aber an deiner Stelle würde ich dem Kram nicht zu nahe kommen«, riet ich ihm. Die Außenseite der Ampulle war beschlagen, und Schönlings Finger hinterließen Abdrücke im feuchten Staub. Ich wusste nicht, was in dem Fläschchen schwitzte, aber meine Unwissenheit war mir lieber, als in tausend Stücke gerissen zu werden. Es wäre sicher nicht einfach gewesen, Mircea zu erklären, warum sein hübscher Bubi nicht einmal den ersten Tag überlebt hatte. »Pips Experimente waren manchmal recht…explosiv.« Die bunten Flecken an den Kellerwänden, im Lauf der Jahre von zahlreichen Explosionen geschaffen, boten einen deutlichen Hinweis.
»Das hoffe ich sehr«, erwiderte Louis-Cesare sonderbarerweise. Zu meinem großen Erstaunen öffnete er die Ampulle und strich mit der Fingerkuppe übers nasse Ende des Pfropfens. Bevor ich ihn daran hindern konnte, hob er das Fläschchen an den Mund.
»Pip war Alchemist«, informierte ich ihn und wäre fast einen Schritt zurückgewichen. »Alles könnte da drin sein.«
Der Franzose hob eine dunkle Braue. »Alchemist? So nennt man sie heute? Bei meinem letzten Besuch in diesem Land sprach man von >Schwarzbrennern<.« Er wandte sich wieder dem Regal zu und betrachtete den Inhalt mit Kennerblick. Ich sah zum Metallhaufen in der Ecke, und plötzlich ergaben viele Dinge einen Sinn.
»Soll das heißen, diese Kisten enthalten Alk?«
»Alk.« Er rollte das Wort im Mund; der Klang schien ihm zu gefallen. »Ja, an diesen Ausdruck erinnere ich mich.
Und an >Kicherwasser<, >Rachenputzer<, >Feuerwasser<, >Fusel< und >Ge-hirnklebe<.«
Ich starrte ihn groß an. Diese Worte klangen sehr seltsam aus seinem französischen Mund, und außerdem waren einige der Ausdrücke veraltet. Ich verzog das
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