Corina 01 - Dämonisch verführt
konnte er ebenso wenig unterbinden wie die instinktive Gegenwehr seines Leibs oder das Keuchen, aber die Schreie hielt er zurück.
Die Demütigung senkte sich mit dem Gewicht eines Felsens auf ihn und verschmolz mit dem heißen Schmerz, als sie einander abwechselten und sich Zeit ließen. Galle brannte in seiner Kehle, doch eine eisige Ruhe überkam ihn.
Er würde einen Weg in die Freiheitfinden, versprach er sich, und wenn er diesen Ort verlassen hatte, würde ihn nie wieder jemand zu einem Opfer machen.
Ich wich zurück, von kaltem Schweiß bedeckt, der mich frösteln ließ, und verfluchte die Magier, die für diese besondere Falle verantwortlich waren. Als ich wieder halbwegs normal atmete, lieh ich mir ein Taschentuch von Olga und wickelte es mir um die Hand. Kein Hautkontakt mehr, nicht hier.
Ich ging in die Hocke und versuchte, einen Blickkontakt herzustellen, konnte sein Gesicht aber erst sehen, als ich ihm eine Haarsträhne aus der Stirn strich. Aus der blassen Perfektion war kalkweiße Leere geworden, und die Augen erschienen mir wie zwei dunkle Wunden. Ich fühlte mich von ungewohntem Mitleid erfasst. Ohne sein überlegenes Gebaren, das er sonst immer so gern Zeigte, wirkte er jung und schutzbedürftig. Er sah jetzt nicht mehr aus wie Louis-Cesare, Senatsmitglied und arroganter Mistkerl, sondern wie Louis-Cesare mit dem kastanienbraunen Haar, den blauen Augen und dem hinreißenden Lächeln. Ich streckte die Hand aus, und meine Finger folgten der feuchten Spur, die eine Träne auf der Wange hinterlassen hatte. Dann schlug ich ihn.
Der erste Schlag zeigte kaum Wirkung, aber beim vierten war ich in Übung gekommen, und sein Kopf stieß jedes Mal gegen die Wand. Eine schmale Hand kam nach oben und hielt meinen Arm fest, bevor ich für Ohrfeige Nummer fünf ausholen konnte. »Hast du dich aus den Bildern befreit, oder soll ich dich weiter schlagen?«, fragte ich. »Es macht mir nichts aus. Wirklich nicht.«
Louis-Cesare verzog den Mund zu etwas, das vielleicht ein Lächeln sein sollte, doch das Flackern in seinen Augen wies noch immer auf Schmerz hin. »Dorina.«
»Das bin ich.«
»Danke.« In seiner Stimme lag eine stille Dankbarkeit, die mich wie eine Irre grinsen ließ, und ein Teil der kalten Trostlosigkeit verschwand aus seinem Gesicht.
»Du könntest mir den Tag versüßen und sagen, dass du ein Gegenmittel dafür hast«, sagte ich und sah zu einem weiteren Feuerschleier, der hinter ihm den Rückweg blockierte.
Louis-Cesare starrte so in die Flammen, als überraschte es ihn, sie zu sehen. »Da muss ich passen.«
»Dann haben wir ein Problem«, sagte ich, was natürlich eine Untertreibung war. Inzwischen wusste ich, warum die Magier niemanden zur Rückendeckung hiergelassen hatten. Wer in diese Falle geriet, saß fest, bis einer von ihnen kam und ihn erledigte, oder bis er verrottete. Keine der beiden Möglichkeiten übte einen besonders großen Reiz auf mich aus, aber ebenso wenig gefiel es mir, von den Flammen gebraten zu werden. Vielleicht hätte ich den Schleier überlebt, aber nach dem Grillfest wäre ich für einen Monat mit völlig verbrannter Haut außer Gefecht gesetzt gewesen. Olga hätte ihn vermutlich ebenfalls überstanden - die dünnste Trollhaut hatte ungefähr die Konsistenz von Rohleder -, aber Louis-Cesare konnte es unmöglich schaffen. Vampire brannten wie Zunder, selbst ohne Magie. Wir brauchten eine Alternative.
Louis-Cesare war inzwischen wieder auf den Beinen, lehnte aber an der Wand und ließ den Kopf hängen.»Merde.«
Er schien eine Auszeit zu brauchen, und deshalb wandte ich mich an Olga, um festzustellen, ob sie irgendeine Idee hatte.
Nachdenklich ließ ich meinen Blick über die Höhlenwände schweifen. »Glaubst du, wir könnten uns da durchhauen, Olga?« Sie hatte keine Spitzhacke, aber vorher bei dem Felssturz war sie auch mit bloßen Händen gut zurechtgekommen.
Sie zuckte mit den Schultern. »Mit Zeit. Aber Lars kommt bald.« Lars war mir nicht als geistiger Riese erschienen, und er hatte Louis-Cesare vorbeigelassen, aber vielleicht entgingen mir verborgene Tiefen. Offenbar sah man mir meine Skepsis an, denn Olga deutete auf die Wand. »Er macht neue Tür.« Na schön, das war durchaus eine Möglichkeit. Magier vergaßen oft, dass man ein Problem nicht nur mit Magie lösen konnte. Man schützte eine Tür mit noch so vielen Zaubern und magischen Fallen - was nützte es, wenn jemand einfach die Wand daneben eintrat?
Ich hoffte nur, dass Lars mit all seinem
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