Corkle 1
die Hand, der ihn als Max Voss vorstellte. Wir schüttelten uns die Hände, und er ging in die Ecke zu Marta hinüber, die das Geschirr fortgeräumt hatte, und umarmte sie. »Tut mir leid«, sagte er auf Deutsch. »Tut mir wirklich leid. Er war ein feiner Mensch.«
Sie lächelte flüchtig, nickte und wandte sich wieder dem Geschirr im Ausguß zu. »Du hast es also schon erfahren?«
Er hob die Schultern. »RIAS brachte die Nachricht. Die Polizei sucht nach einem Mr. McCorkle, zuletzt am Übergang Friedrichstraße gesehen. Zusammen mit Mr. Baker. Mehr haben sie nicht gesagt. Weatherby wurde als britischer Geschäftsmann bezeichnet.« Er hob eine Braue und lächelte leicht. »Vermutlich eine durchaus zutreffende Bezeichnung.«
»Was haben Sie herausgefunden?« fragte Padillo.
Max zog ein kleines Notizbuch aus der Tasche. »Sie kommen morgen mittag an. Ein Wagen holt sie ab, ein tschechischer Tatra. Sie werden an einen Beamten des KGB und zwei des Ministeriums für Staatssicherheit übergeben und in das Ministerium in der Normannenstraße gebracht. Ferner ist noch ein Fahrer dabei.«
»Was hat es gekostet?«
»Es war teuer. Fünfhundert D-Mark.«
»Hier.« Padillo griff in die Tasche und zog einen Packen Geldscheine heraus. Er zählte fünf Hunderter in DM-West ab.
Max steckte sie ein. »Ich bringe Marta nach Hause«, sagte er. »Sie hat für heute sicher genug.«
Padillo nickte, und Max half dem Mädchen in ihren grünen Ledermantel. »Ich bin morgen gegen neun wieder da. Mit Marta.« Er nickte uns zu, und sie gingen. Das Mädchen sagte nichts.
»Sprechen wir alles noch einmal durch«, sagte Padillo. Wir gingen den Plan noch einmal durch, und nicht nur das eine Mal, sondern zehnmal. Um zwei Uhr morgens hatten wir genug davon. Ich schlief auf einem der Feldbetten schnell ein und träumte lange von Schlössern, die nicht schlössen, Türen, die sich nicht öffneten, und Wagen, die nicht anzogen, wenn ich aufs Gaspedal trat.
12
Ich wachte durch das Geräusch von Wasser auf, das in einen Topf plätscherte. Padillo stand am Spülbecken. Er setzte den Topf auf die Kochplatte und schaltete sie ein. Ich sah auf meine Uhr. Es war halb sieben. Ich fragte mich, ob die Sonne schien oder ob es wieder zu regnen angefangen hatte. Eigentlich spielte es keine Rolle, deshalb stand ich auf, ging zum Tisch hinüber und setzte mich. Cooky schlief noch auf dem hintersten Feldbett.
»Pulverkaffee zum Frühstück«, sagte Padillo. »Hier gibt’s irgendwo Büchsenfleisch, falls du am Verhungern bist.«
»Bin ich nicht.«
»Erzähl mir noch etwas von deinem Freund Maas und seinem Tunnel.«
»Für fünftausend Dollar will er uns heimlich unter der Mauer hindurchführen. Cooky hat die fünftausend mitgebracht, wie ich dir gestern abend schon gesagt habe. Hier ist der Stadtplan.« Ich griff in meine Jackentasche und warf den Umschlag auf den Tisch.
Padillo nahm ihn, zog den Plan heraus und studierte ihn. »Das kann überall sein«, sagte er. »Hast du seine Telefonnummer?«
Ich nickte.
Padillo ging zu der Kochplatte zurück, löffelte Pulverkaffee in zwei Tassen, füllte mit kochendem Wasser auf, rührte beide Tassen um und stellte sie auf den Tisch. »Zucker?«
»Wenn du welchen hast.«
Er warf mir zwei verpackte Würfel zu. Ich wickelte sie aus, ließ den Zucker in meine Tasse fallen und rührte um.
»Wenn heute mittag alles klappt, versuchen wir abends hinüberzukommen.«
»Heute abend?«
»In der Dämmerung. Das ist die beste Zeit, weil dann ihre Beleuchtung am wenigsten wirkt. Wir befolgen eine Methode, die Weatherby entwickelt hat. Marta arrangiert alles im Westen. Wenn es nicht klappt, wirst du wahrscheinlich Maas anrufen müssen. Sein Preis ist übrigens nicht schlecht.«
»Das hat Cooky auch gesagt. Glaubst du, daß es gutgeht?«
»Ich weiß nicht«, sagte er. »Bei Gott, ich weiß es wirklich nicht. Es kostet eine Menge. Weatherby war einmalig, und es fällt mir schwer, mich damit abzufinden, daß er tot ist, nur weil ich meinen Job sattbekommen habe.«
»Ich habe ihn nicht näher gekannt, aber mir schien er ein erwachsener Mensch gewesen zu sein. Er muß sich irgendwann einmal das Risiko ausgerechnet haben.«
»Du auch?«
»Ich will nicht darüber nachdenken, sonst würde ich mich wieder ins Bett legen und die Decke über den Kopf ziehen. Ich weiß nicht mal, ob ich dir eine große Hilfe sein werde.«
Padillo nahm sich eine meiner Zigaretten. »Du wirst es schon schaffen. Vielleicht nehme ich dich als
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